Klaffende Tube und Autophonie
Die klaffende Tube ist ein körperliches und soziales Problem. Aussichten auf dauerhafte Heilung gibt es nicht. Hier sollen Statistiken und Erfahrungen den Betroffenen helfen.Ursachen einer klaffenden Tube - Gewichtsverlust, Geschlecht, Hormone, Blutdruck,... welche Auslöser gibt es?
Eines vorweg: die Medizin sieht eine klaffende Tube nicht wirklich als vorrangiges Problem an. Zusätzlich tritt dieses Phänomen nicht besonders häufig auf. (Oder wird nicht besonders häufig richtig diagnostiziert?). Daher wird auf diesem Gebiet ziemlich wenig geforscht, und das Wissen eines herkömmlichen HNO-Arztes über klaffende Tuben und Autophonie ist eher gering.
Das Wissen der Betroffenen stützt sich daher vielmehr auf den Informationsaustausch mit anderen Betroffenen, als auf ärztliche Beratungsgespräche. Mögliche - medizinisch anerkannte und auch von Patienten vermutete - Ursachen sind:
- Hormone: Schwangerschaft, hormonelle Verhütung, Schilddrüsenunterfunktion sind häufig Auslöser
- Gewicht: ein rascher Gewichtsverlust begünstigt das Auftreten der klaffenden Tube
- Blutdruck: viele Betroffene klagen über offene Tube vor allem bei niedrigem Blutdruck
- Verspannungen im Kiefer, Hals, Nacken, Gaumen
- anatomische Fehlstellungen, etwa eine angeborene Gaumenspalte oder asymmetrische Knochenstrukturen im Schädel
- situative Auslöser: Gähnen, schlechte Luft, Stress, Anspannung, Erschöpfung, Klima-Anlage
Autophonie als Leitsymptom der klaffenden Tube
Symptome der klaffenden Tube - Autophonie und Druckgefühl sind äußerst unangenehm
Die Tube (Tuba auditiva, Eustachische Röhre) hat - vereinfacht dargestellt folgende Funktionen: sie dient dem Druckausgleich zwischen Mittelohr und Rachen, und lässt Flüssigkeiten ablaufen. Normalerweise ist sie zu, und öffnet sich nur manchmal kurz beim Schlucken, beim Gähnen, und beim Niesen. Eine klaffende Tube (auch "offene Tube") bezeichnet das Phänomen einer Eustachischen Röhre, die zeitweise oder dauerhaft offen bleibt.
Symptome:
- Autophonie: der Betroffene hört seine eigene Stimme, und die eigenen Atemgeräusche
- Druckgefühl: teilweise wird dieses Gefühl im Ohr als "Fremdkörpergefühl" beschrieben
Diese Symptome klingen nicht wirklich tragisch.... Aber: durch die laute Wahrnehmung der eigenen Stimme und des eigenen Atems hören die Betroffenen sonst eher wenig. Sie sind oft nicht dazu in der Lage, aktustisch zu verstehen was andere Menschen sagen. Abgesehen davon können sie nicht einschätzen, wie laut die eigene Sprache klingt. Sie werden beim Sprechen sehr unsicher, reden sehr leise, und werden häufig nicht verstanden. Manche beschreiben es wie eine milde Ausprägung von taubstumm-Sein.
Die erschwerte Kommunikation führt nicht selten zu sozialer Isolation und schweren Problemen im Berufsleben.
Therapiemöglichkeiten bei klaffender Tube und Autophonie - Helfen Operationen? Oder Homöopathie? Oder Gewichtszunahme?
Je nach vermuteter Ursache gibt es verschiedene Therapie-Möglichkeiten:
- bei Verspannungen: Stressreduktion, Physiotherapie, Massagen, Akupunktur,...
- bei anatomischen Fehlstellungen: Operationen, Physiotherapie,...
- bei Gewichtsverlust: Gewichtszunahme
- bei niedrigem Blutdruck: Blutdruck steigern mit Medikamenten, Salz, Bewegung,...
- Steigerung des venösen Drucks im Schädel durch Hinlegen, im Sitzen den Kopf zwischen die Beine hängen lassen, Abdrücken der Halsvenen, enge Halstücher tragen,...
- Homöopathie, Craniosacraltherapie, Psychotherapie, Lebensstilmodifikation,...
- viel trinken, regelmäßig essen, mehrmals täglich kurz hinlegen,...
- Aufbiss-Schiene, Luftbefeuchtung
Viele der stark Betroffenen haben bereits einige dieser Vorschläge versucht - mit mehr oder weniger Erfolg.
Die Möglichkeit einer Operation birgt Risiken, und ist bislang nur wenig erfolgversprechend. Es gibt viele Materialien, die in das Gewebe rund um die Tube eingespritzt werden können: Silikon, Knorpel, körpereigenes Fett, tierisches Collagen, Hyaluronsäure, Teflon,... Einige dieser Materialien werden vom Körper schnell wieder abgebaut, und können daher nur kurzzeitig Linderung verschaffen. Andere bleiben dauerhaft, und bergen das Risiko einer dauerhaft geschlossenen Tube. Auf alle Fälle sollten diese Operationen nur von Spezialisten durchgeführt werden, die viel Erfahrung auf diesem Gebiet haben.
Erfahrungsbericht einer Betroffenen - Mein Leben mit der klaffenden Tube
Seit einigen Jahren leide ich unter einer klaffenden Tube. Anfangs wusste ich nicht, was in meinem Ohr passiert, und warum ich mich selbst sprechen höre. Ich versuchte es mit exzessiven Ohren-Reinigungs-Ritualen, und mit einer Spülung beim HNO. Ohne Erfolg. Auch konnte mir der Arzt nicht sagen, was mein Problem ist. Er verschrieb Cortison weil er auf ein Ekzem tippte (warum auch immer).
Im Internet fand ich schließlich meine Diagnose: klaffende Tube mit Autophonie. Und ich fand heraus, dass es gar nicht so einfach ist, diese wieder loszuwerden. Die nächste HNO-Ärztin, die ich aufsuchte (und der ich meine Diagnose gleich selbt mitteilte), machte ein CT von meinem Schädel. Sie sagte in meinem Kopf sei einiges asymmetrisch, auch meine Nasenscheidewand. Und dass ich bereits eine Schleimhautschwellung habe von der einseitigen Nasen-Belastung. Diese sei auch dafür verantwortlich, dass meine ganze Luft-Zirkulation durcheinander sei, und die Tube sich nicht ordentlich schließen könne. Sie meinte ich brauche eine Korrektur der Nasenscheidewand, dann würde alles besser.
Diese OP schiebe ich seit 2 Jahren auf, da ich diese Ansicht erst von einem anderen HNO bestätigt haben möchte. Bisher meinten jedoch alle, dass mir das beim Ohr nicht weiterhelfen würde.
Der nächste HNO meinte, das Problem sei doch eher unwichtig. Und wenn es mich wirklich so störe, dann solle ich doch zur Logopädie gehen. Denn mein Gaumensegel sei etwas weit vorne. Vielleicht versuche ich unbewusst nasal (="nobel") zu sprechen, und verspanne dadurch meinen Rachen, weswegen die Tube offen bleibt. Da ich selbst nicht an den Erfolg dieser Therapie glaube, habe ich sie gar nicht erst probiert. Der Arzt selbst meinte, es sei nur eine Möglichkeit. Er selbst wisse auch nicht genau was man machen könne. Er hätte nur eine andere Patientin mit klaffender Tube, und die sei anorektisch und habe Ticks.
Der nächste HNO sagte, man könne nicht großartig etwas machen. Von Unterspritzung rate er ab, da dabei viel schiefgehen kann. Und ich solle eher schauen, dass ich lerne damit zu leben.
An diesem Punkt bin ich gerade: ich versuche damit zu leben. Aber es wird immer schwieriger. Früher hatte ich das Problem nur am rechten Ohr. Mittlerweile tritt die klaffende Tube oft beidseitig auf. Dann bin ich wirklich nicht dazu in der Lage zu kommunizieren. Offensichtlich flüstere ich dann, da ich mich selbst so enorm laut höre. Und ich bekomme von der Kommunikation rund um mich nichts mit.
Jedem Arzt, der meint "ist doch nicht tragisch", wünsche ich einen Tag mit beidseitiger Autophonie. Es macht traurig und aggressiv gleichzeitig. Und vor allem auch verzweifelt. Man hört sich selbst, aber sonst fast niemanden. Und es gibt keine Aussichten auf Heilung, oder?
Ich habe es schon mit Gewichtszunahme versucht (wobei ich nicht untergewichtig bin, sondern im schlanken Mittelfeld), und mit Nasensprays (nicht die abschwellenden! Sondern ganz normale mit isotonischer Meersalzlösung). Ich habe in der Arbeit am Klo meinen Kopf zwischen die Beine hängen lassen, mir die Halsvenen abgedrückt, Kaffee und Energy-Drinks getrunken, und vor allem viel geflucht.
Was mir geholfen hat:
- Nasenspray (ein bisschen)
- Kopf hängen lassen und hinlegen (wirkt super, aber nur kurz, und nicht berufstauglich)
- Halsvenen abdrücken (neuer Favorit, hilft gut und ist unauffällig)
- bewusste Entspannung von Kiefer und Rachenmuskulatur (eher ein langfristiges Projekt)
Zu meinen körperlichen Daten:
- weiblich, 27 Jahre, BMI etwa 23
- Schilddrüsenunterfunktion, Therapie mit L-Thyroxin Henning 50microgramm
- asymmetrisches Septum (Nasenscheidewand)
- sehr niedriger Blutdruck
- hormonelle Verhütung mit Valette
Das Schlimmste ist für mich die Autophonie. Sie macht Kommunikation (und somit meinen Job) fast unmöglich. Daher bin ich sehr daran interessiert, dieses Problem zu bekämpfen, und bitte um eure Mithilfe! Vielleicht schaffen wir, was die Ärzte nicht hinkriegen...
Über Erfahrungsaustausch im "Kommentar"-Feld würde ich mich sehr freuen!
Infos über die klaffende Tube auf Wikipedia
Bildquelle:
EmbryoScope am Kinderwunschzentrum Ulm
(Schwanger werden! Interview mit dem Leiter des Kinderwunschzentrums...)