Die professionellen Komparsenagenturen sind aufgrund ihrer Menge und Seriosität in Berlin überschaubar: Filmgesichter, Wanted, Iris Müller, 030Casting, filmissimio, Komparsen, Watergate-Casting . Der Rest sind Hunderte Kleinagenturen, Spezialagenturen oder sogenannte "Schwarze Schafe". Auch Contentschaufler sind für Google Werbung im Internet unterwegs, die kostenlos und gegen Bezahlung Online-Sedcards für Komparsen und Kleindarsteller potenziellen Kunden unterjubeln wollen. Finger weg davon!  Schnell haben alle seriösen Agenturen die Termine im Internet erreicht, wann neue Mitglieder aufgenommen werden. In der Regel ist die Aufnahme in die Agentur gestattet. Manche wollen inzwischen auch so um 10 Euro Bearbeitungsgebühr. Erste Professionalität muss man bei der Anmeldung beweisen, dass man seine erforderlichen Daten komplett kennt. 

Zum Aufnahmetermin in die Kartei der Agentur geht man frisch frisiert, rasiert, schwach geschminkt, ausgeruht und zieht helle, unauffällige nicht zu stylische Kleidung an. Oft werden sechs Aufnahmen gemacht. Ganzkörper, Portrait frontal, Seitenprofil links und Seitenprofil rechts. Portraitfoto mit erhobenen Händen mit Innenhandfläche und Handrücken. Dann geht man nach Hause und richtet sich die neue E-Mail-Adresse, die für die Vergleichsagentur angelegt wurde, auf SMS-Benachrichtigung fürs Handy ein. Das hat den Sinn, dass Anfragen zu 50% per E-Mail kommen. Wer aus dem Hinterhalt reagierte, hatte die Rolle in der Hand. Wenn man Glück hat, bekommt man je Woche zwei Versuche, wenn man Glück hat, im Jahr nur zwei. Bei einer Anfrage erhält man einen Optionstag für den Dreh genannt und eventuell die Einsatzart (ZB Straßenpassant). Mit der eigenen Rückbestätigung ist erst einmal nur geklärt, dass man der Filmproduktion vorgeschlagen wird. Nach einigen Tagen erhält man den Zuschlag oder die Ablehnung. Damit ist aber immer noch nicht endgültig geklärt, ob nun wirklich an dem avisierten Optionstag gedreht wird. Denn die sogenannte Disposition kann sich aufgrund der Verschiebung von Drehplan, Wetter und Wetter ändern. Grundsätzlich erst einen Tag vor dem Drehtag erhält man per E-Mail oder SMS die endgültige Bestätigung. Das muss man schnellstmöglich wieder per SMS oder E-Mail bestätigen. 

 

Komparsenbetreuung

Wenn man pünktlich am Drehort ankommt, meldet man sich bei der Komparsenbetreuung und wird auf der Anwesenheitsliste abgehakt und bekommt einen EINTAGESAGAGENVERTRAG oft von MECON MEDIA CONCEPT oder der ADAG. Den Füllvorgang führt er mit den geforderten persönlichen Angaben durch. Danach geht es noch zu den Teamkollegen im Kostüm und dann in die Maske. Das gilt für Komparsen-Fixer als bei den Schauspielern. Es dauert dann aber oft noch zwei/drei Stunden, bis der Dreh für einen selber endgültig los geht. 

 

Warten

Es heißt "WARTEN!" In der Zwischenzeit bekommt man von der Regieassistenz die Information, was man zu tun hat. Laufen von A nach B, Sitzen und Stehen im Restaurant, bei Versammlungen, bei Feiern, Sportveranstaltungen, Aufmärschen, Demonstrationen. Hauptregel: "Nie in die Kamera sehen!" Einige Einstellungen lassen sich nach 2–3 Mal ändern. Manchmal aber auch 4-10 mal. Die Hauptkommandos beim Drehen "Achtung wir drehen!" "Ton!" "Kamera!" "Klappe!" "BITTE!" "Aus!" "Wir drehen nochmal!" "Alles auf Anfang!" Wer dann als Komparator von A nach B gelaufen ist, geht wieder zu A zurück. Am Ende des Drehtages bekommt man seine Vertragskopie.

 

Komparsenverpflegung

In der sogenannten "Mittagspause", die auch mal um zehn Uhr Vormittags oder Abends sein kann, erhält man eine Portion schnell nur Nudeln oder Reis mit Tomatensoße zu essen. Man kann tricksen, indem man sich als Vegetarier outet. Da kann man beim "TEAM" mitessen und bekommt was besseres. Bei vielen Produktionen gibt es zwischendurch oder rund um die Uhr belegte Brötchen. Kaffee, Mineralwasser, Cola sind mal ausreichend da, manchmal nicht ausreichend.

 

 

Komparsenpause

Auch wenn das hier saublöd aussieht. Liegen ist gesünder als Sitzen! Beim aufrechten Sitzen belastet meine Wirbelsäule mit 5,5 bar. Das ist doppelt so viel Druck wie bei einem Autoreifen. Ein cleverer Komparse liegt in den Pausen herum, wo er nur kann. Oft hat man Klamotten der Filmproduktion an und haut sich damit überall hin, auch in die dreckigsten Ecken. Es ist ein Beruf, der oft zu neunzig Prozent aus Drehpausen besteht.

 

Mühsal

Der Ausbeutungsgrad im Filmgeschäft bei den Komparsen bewegt sich im Rahmen des Mindestlohn-Tarifes. Es wird weit oft unter Tarif bezahlt. (Tagessatz momentan 125,00 €)

12,41 € Brutto ist im Schnitt in Berlin der Stundenlohn für einen Komparsen. Für 10,5 Stunden Arbeit! Für einen Nachtdreh ab 22.00 Uhr gibt es 10 Euro Aufschlag. Beträchtlich sind die Abgabenlasten. Davon werden je nach Status Kirchensteuer, Lohnsteuer, Krankenversicherung, Rentenversicherung, Pflegeversicherung, Solidarzuschlag und als Krönung Arbeitslosenversicherung berappt. 

ca. 95 € Netto bleiben übrig. Die Abrechnung wird innerhalb von vierzehn Tagen organisiert. Überstunden ab der 10,5 Stunde werden mit 5 Euro vergütet. Die Verträge, die man auf die Bild- oder Filmrechte abschließt, sind manchmal bis zu 2 DIN A4 Seiten lang. Das alles in 7-Punkt-Schrift. Das sind so locker 3500 - 4500 Buchstaben Vertragstext. 

 

Komparse

Ein ausgebuffter Komparse geht mit folgenden Sachen zum Drehen. 2-3 mal unterschiedliche Oberbekleidung, warme Unterwäsche, warme Jacken/Mäntel, leichter Regenmantel, (Viele Drehorte in Gebäuden sind ungeheizt!), bequeme Schuhe, was zu Lesen, genug MP3-Musik für die Ohren. Manche haben Sitzpolster oder sogar Klappstühle oder Klappliegestühle dabei. Die Klappbänke der Filmproduktionen sind hart! Alle sozialen Schichten sind in der Komparserie vertreten. Vom SGB II bis zum Professor. Manche machen es aus Hobby, aus Spaß und gehen zum Film, andere zum Kegeln oder in den Gesangsverein. Für manche ist die Tagesgage viel Geld und manchmal Rettung in der Not zum Monatsende. Es gibt filmaffine Typen, die jeden Regisseur und Schauspieler kennen. Multijobber, die noch weitere seltsame Berufe ausüben.

 

Komparsen

Alle gehen nett und locker miteinander um. Man quasselt den ganzen Tag in den Drehpausen über Gott und die Welt, knüpft neue Kontakte, Freundschaften und Partnerschaften. Da es ja tausende Komparsen in Berlin gibt, wird immer wieder neu gemischt. Einige "Alte Hasen" tauchen bei verschiedenen Drehs später auf und rücken auch mal die Adressen von seriösen People Agenturen oder von Agenten raus. Da ist pekuniär mehr zu holen. Manchmal das Zehn- bis Hundertfache für sogenannte Buyouts. (Vergütungen für die Verwertungsrechte der im Werbebereich gemachten Fotos und Filmaufnahmen). Sie werden zusätzlich zur Produktionsgage verhandelt. Festgelegt werden dabei die Royalties, die Art der Nutzung. Poster, Anzeigen, Werbevideos usw. können während der Laufzeit und beispielsweise der Fotos nur national oder international veröffentlicht werden. Einige Agenturen haben einen Premium Club, wo man für einen fest gelegten Jahresbeitrag mehr Drehs durch Bevorzugung bekommen soll.

 

Komparsenpolizei

Chancen, mehr Drehs zu bekommen, optimiert man, indem man sich in die Online-An- und Abwesenheitslisten einloggt und seine Verfügbarkeit in die Datenbank der Agentur aktuell einträgt. Ganz drehgeile rufen Sie fast täglich bei den Agenturen an und fragen nach Einsatzmöglichkeiten. Wie in vielen Bereichen unserer Gesellschaft spielt "Vitamin B" auch bei den Komparsenagenturen eine gewichtige Rolle. Wer die Booker der Agentur persönlich kennt, hat bessere Karten, als ein "NONAME" aus der Kartei der Agentur mit tausenden Einträgen. Den Anfängern ist es angeraten, auch mal bei "Nobudget- oder Small-Budget"-Produktionen mitzumachen. Auch in den Theatern und Opern gibt es Komparsenjobs. In Berlin bekommt man die von der Künstlervermittlung des Jobcenters in der Friedrichstraße. Die Hoffnung, über den Komparsenjob als "Schauspieler" entdeckt zu werden, kann man unter "Ulk" verbuchen!

Alles in allem ist ein Komparsenjob eine lustige, interessante Sache. Es erweitert den eigenen Horizont, man kommt viel herum in Berlin, lernt nette Menschen kennen und verbringt seine Zeit hundertprozentig sinnvoller, als vor dem Bildschirm sich den ganzen Schwachsinn an zu sehen, den man mit produzieren hilft!

 

 

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