Kriminal Theater Berlin: Kritik von "Fisch zu viert" – Matti Wien/Wolfgang Rumpf
Premiere. Drei begüterte Schwestern wollen nach 30 Jahren ihren Diener wegräumen. Der hatte mit allen Liebesstunden und wollte vorzeitig sein Erbe ausbezahlt bekommen.Cornelia Lippert, Uta Schorn, Matti Wien, Maria Jany (Bild: © Kriminal Theater)
Die drei unverbümten Schwestern und ihre Alltagssorgen
Der (Drehbuch-)Autor Michael Kohlhaase hat den einst als Hörspiel gedachten Text 1968 geschrieben, zwei Jahre später kam bereits die Verfilmung. Es ist dies eine klassische Komödie, die auf espritreichen Humor setzt, kleine Lachnummern anvisiert und deutschlandweit gern zur Bespaßung eines amüsierwilligen Publikums inszeniert wird. Matti Wiens Inszenierung ist nicht krachledern, bedauerlicherweise kommen die Subtilität, die Andeutungen, die zarte, versteckte Komik etwas zu kurz. Die feinnervigeren Zwischenzonen beherrscht noch am ehesten Maria Jany, die das Nesthäcken Clementine spielt und ihre Verschlagenheit mit gespielter Unschuld verbrämt. Sie reagiert manchmal wie ein aufgeschrecktes Huhn, findet aber die Balance zwischen Aufgescheuchtheit, Empörung, attackierender Befangenheit und Durchtriebenheit – die Übergänge sind fließend. Uta Schorn als Älteste und vorbetagte Schwesternchefin Charlotte führt ein gedämpft rigoroses Regiment – sie ist keine resolute Judy Winter, die die Rolle auch mal in den Kudamm-Bühnen gespielt hat. Zusammen mit Cäcilie (Cornelia Lippert) versucht die fassadenhafte Charlotte eine Atmosphäre von Vornehmheit und Noblesse zu verströmen, ja zu zelebrieren. Wenn da nicht die verbalen Plumpheiten wären.
Die Vergiftung des Abtrünnigen scheitert
Nach der Pause geht es nur noch um die Vergiftung Rudolfs, die Giftvitrine wird geöffnet. Der ist clever genug, um das perfide Vorhaben zu durchschauen. Man sitzt am Tisch, schwadroniert über Belanglosigkeiten und träufelt Arsen in das Glas des Schnapswilligen, der oft mit Hochprozentigem belohnt wurde, aber den vorgefassten Eliminierungsplan durchschaut. Er redet drauflos, redet von ewigen und sinnlosen Dingen, redet sich um Kopf und Kragen, um sich aus der Schlinge zu befreien, und bekocht die arroganten Xanthippen und Schabracken – eben ein Fisch zu viert. Er rührt das ominöse Glas nicht an, egal wie sich die desperaten Schwestern abstrampeln. Das ist ein stiller Triumph, eine verborgene Abrechnung für die vergangenen Demütigungen, die er durch clever arrangierte kapriziöse Genüsse unfühlbar zu machen suchte. Am Ende gibt es im verborgenen Machtkampf, der sich zu einem Verbalgefecht, ja einem Duell ausweitet, nur Verlierer, die sich insgeheim als Sieger fühlen – aus Überlebensgründen. Was man der Inszenierung zum Vorwurf machen kann, ist das teilweise Ausblenden des Feingefühls beim bewusst eingeblendeten Humor, der zu direkt herauskommt. Gut, es ist insgesamt eine leichte Kost, aber man kommt in dieser Unterhaltungsshow auch trotzdem auf seine einkalkulierten Kosten. Und das ist nicht das Schlechteste. Imposant ist die aufwändige Premierenfeier, bei der kein Stadttheater mithalten kann.
Fisch zu viert
Rabenschwarze Kriminalkomödie von Wolfgang Kohlhaase
und Rita Zimmer
Inszenierung: Matti Wien
Mit Uta Schorn, Maria Jany, Cornelia Lippert und Matti Wien.
Kriminal Theater Berlin
Premiere vom 17. November 2016
Dauer: ca. 2 Stunden, 30 Minuten, eine Pause.
Bildquelle:
Ruth Weitz
(Lilli Chapeau und ihr kleinstes Theater der Welt in Miltenberg)