(Bild: Barbroforsberg / Pixabay)

Leberblümchen, Hepatica nobilis, botanischer Steckbrief

Beginnen wir bei der Familienzugehörigkeit.

  • Familie: Hahnenfußgewächse, Ranunculaceae
  • Gattung: Leberblümchen, Hepatica oder von manchen Wissenschaftlern zu den Windröschen, Anemone, gezählt. Dann wird es als Anemone hepatica bezeichnet. Die äußerliche Ähnlichkeit mit etwa den Frühlingsanemonen ist nicht von der Hand zu weisen.
  • Art: Leberblümchen, Hepatica nobilis/Anemone hepatica/Syn. Hepatica triloba
  • Hepatica acutiloba aus Nordamerika
  • Hepatica transsilvanica aus Rumänien

Herkunft: Europa, Ostasien, Nordamerika.

Es wächst in krautreichen Buchen- Eichenwäldern, im Laubmischwald, steigt bis etwa 1.500m. Sein Standort feucht, Halbschatten, nährstoffreicher Boden. Es ist ein Lehm- und Mullbodenzeiger. Das Leberblümchen stellt hohe Ansprüche an den Boden, der kalkhaltig und reich an hochwertigem Humus sein sollte. Deshalb ist es fast nur an Orten zu finden, wo schon lange, meist über 100 Jahre, ungestörter Wald wächst.

Im März, April findet es, noch vor dem Austreiben vom Frühlingslaub, an meist sonnigen Hängen.

Charakteristisch sind die grundständigen, dreilappigen Blätter, Unterseite violett, behaarter Stängel. Blütenfarbe blauviolett, weiß, rosa. Die Einzelblüte wird umfasst von 3 kelchblattartigen Hochblättern. 6-9 Kronblätter bilden die Scheibenblüte mit bis zu 20 Staubblättern, kurz geschnäbelte flaschenförmige behaarte Fruchtblätter mit weißer Narbe stehen dekorativ in der Mitte. Die Früchte sind kurz gestielte Nüsschen. Die Wurzel ist ein Rhizom.

Das Leberblümchen bietet keinen Nektar an, ist aber ein wichtiger Pollenlieferant für Bienen, Käfer und Schwebfliegen. Die Lebensdauer der Blüten beträgt etwa acht Tage.

Die Blüte erscheint noch vor den neuen Blättern (Blattstiel mit Flaum), die vorjährigen etwas ledrigen Blätter (kahl) überdauern den Winter.

Die Stiftung Naturschutz Hamburg kürte das Leberblümchen zur Blume des Jahres 2013.

 

Leberblümchen, Hochblätter violett (Bild: Die2Eyths / Pixabay)

Was ist so besonders am Leberblümchen?

Alles am Leberblümchen ist auf wirkungsvolle Weise aufgebaut.

Cleverer Stängel: Während der Fruchtentwicklung verlängert sich der Stängel bogenförmig, sodass die reifenden Früchte, Nüsschen, sich zum Erdboden neigen.

Clevere Früchte: Sie werden bereits im Frühsommer reif; da schlagen dann die Ameisen zu. Fruchtstiel der Samen fleischig, ölhaltiges Elaisom.

Samen werden durch die Ameisen verbreitet (Myrmekochorie). Sie tragen die Frucht in den Ameisenbau, das Elaiosom wird abgetrennt und die Samen werden wieder hinaus befördert aus dem Bau. Waldameisen sind die echten Forstarbeiter!

Violett auf der Blattunterseite als Frostschutz-Anthozyan wandelt Licht in Wärme um!

Die Blüten schließen sich nachts, durch Wachstumsbewegungen der Hüllblätter, die täglich länger werden. Sie umschließen dann schützend die reifenden Nüsschen.

 

Scheibenblume/Tellerblüten – gedeckter Blütenteller für pollenfressende und sammelnde Insekten wie Käfer, Bienen, Schwebfliegen.

Dem Namen auf der Spur: Leberblümchen/Hepatica nobilis

Nehmen wir erst den deutschen Namen ins Visier: das Leberblümchen

- so deutet das "Leber" im Namen vorerst auf die Ähnlichkeit der dreilappigen Blätter mit dem Umriss der menschlichen Leber hin. Das "Blümchen" hingegen ist eine verniedlichende Form, und bezieht sich auf die geringe Größe.

Erinnert wiederum ein Teil der Pflanze, meistens die Blätter, im Umriss an ein Organ, so nahm man früher an, dass "similia similibis", das heißt "das Ähnliche für Ähnliches" bestimmt sei. Gemäß der Signaturlehre war also dieses Blümchen geeignet Leberleiden zu heilen.

Nun kommen wir zum lateinisch/botanischen Namen: Hepatica nobilis.

lat: hepaticus = Leber, leberähnlich; gr. Hepatikos=Leber; wieder der Hinweis auf seine vermutete Heilwirkung. lat. nobilis=edel, vortrefflich. Ein anderes Synonym für Hepatica nobilis lautet  Hepatica triloba;  gr. Tri=drei, gr. lobos=lappig gr. triloba=dreilappig.

Davon mal abgesehen hat so ein Frühlingsblüher, der auch noch dazu so niedlich aussieht, noch ganz viele Volksnamen/Trivialnamen.

Wegen seiner sternförmigen, blauen Blüten wird sie auch Blaublume genannt, auch Blaue Herzblume, Blaue Windblume, Edel-Leberkraut, Fastenblume, Haselmünichkraut, Hasenwurz, Herzfreude, Herzkraut, Herzleberkraut, Hirschklee, Osterblume, Leberkraut, Leberwindblume und weil es früh erscheint Märzblümchen und die nette Bezeichnung Vorwitzchen.

Vorwitzchen, Märzblümchen

am Buchenwaldrand, Leberblümchen (Bild: a.sansone)

Das Leberblümchen im naturnahen Garten

Nicht wenige Vorkommen in freier Natur haben darunter gelitten, dass übereifrige Blumenliebhaber Leberblümchen ausgegraben haben, um sie in den eigenen Garten zu verpflanzen. Ein absolute "No Go", aus zwei Gründen:

  1. Ist es verboten; das Leberblümchen ist eine geschützte Pflanze.
  2. Sobald der gewohnte, fein ausgewogene Boden fehlt, geht die geraubte Pflanze kümmerlich ein. Samen ernten; okay. Ausgraben-nein!

Noch im Biedermeier war es eine beliebte Gartenpflanze, allerdings auch da immer mit besonderen Standortansprüchen. In Köstern, Bauerngärten und Gärtnereien wurde es gehegt und gepflegt und weiter verbreitet.

In einigen wenigen Raritätengärtnereien findet man heute wieder ein vielfältiges Angebot bis zu echten Raritäten; dazu später.

Das Leberblümchen für den naturnahen Garten

Wer im eigenen Garten einen leicht waldigen Bereich schaffen kann, lockerer humoser Boden, am besten unter Bäumen, Laub, das im Herbst liegen bleiben darf, der kann das Leberblümchen im Baumschatten in Gesellschaft von Buschwindröschen, Farnen, Waldmeister oder Seidelbast pflanzen.

Im Sommer liebt es eher trocken und kühl, ab Herbst eher feucht, schattig. Nur mäßig düngen, Kuh- Pferdemist ab Feb/März und im Aug/Sep. Zur Bodenauflockerung keinen Torf verwenden, besser Rindenhäcksel.

Für Anfänger wird Hepatica transsylvanica, es ist im Gegensatz zu Hepatica nobilis -5lappig, empfohlen.

Tipp: Wer bedenkt, dass vom Samen, Austreiben bis zur verkaufsfertigen Pflanze 5 Jahre Anzucht benötigt werden, der versteht vielleicht auch besser den Wert und Preis so einer Pflanze.

Hepatica als Rarität für Sammler

Spätestens seit dem 15. Jahrhundert wird das Leberblümchen in Europa als Zierpflanze verwendet, mit Farbvarianten und gefüllten Blüten. In Japan sind Züchtungen für dekorative Zwecke seit dem siebzehnten Jahrhundert belegt. Seit den 1980er Jahren erfolgte in Japan, Europa und Nordamerika vermehrt die Züchtung neuer Sorten. Die Leidenschaft geht so weit, dass in Sammlerkreisen für außergewöhnlich schöne oder seltene Sorten durchaus Preise von mehreren tausend Euro gezahlt werden. Ähnlich war es anno dazumal mit den Tulpen.

Besondere Raritäten stammen von Züchtungen aus Japan, wo bereits vor 250 Jahren am kaiserlichen Hof eifrig gesammelt und gezüchtet wurde.

  • Hepatica nobilis var. Japonica "Kiko" Kronblätter Pink u Weiß
  • Hepatica nobilis var japonica "Yaegoromo"
  • Hepatica transsilvanica Easy, blau gestreifte Blütenblätter hepatica/transsilvanica.html

In Europa gibt es seit dem 19. Jhdt. Züchtungen. Federführend ist für das Leberblümchen und andere Raritäten die in Schleswig-Holstein ansässige 

Raritäten Staudengärtnereien Susanne Peters mit bis zu 800 Sorten!

www.alpine-peters.de;

https://shop.alpine-peters.de/hepatica.html

Ps. Wenn Sie mehr über die Vielfallt Hepatica wissen möchten, erkundigen Sie sich bei der Gärtnerei Peters direkt.

 

Das Leberblümchen - eine Heilpflanze oder Giftpflanze?

Beginnen wir mit seinen Inhaltsstoffen, was ist im Leberblümchen drinnen?

  • Inhaltsstoffe: Glykoside, Enzyme, Saponine, *Protoanemonin

Frisch ist Hepatica nobilis schwach giftig, das toxische Protoanemonin wird jedoch beim Trockenen in das heilwirksame *Anemonin umgewandelt. Und schwupp-siehe da- wird aus der Giftpflanze ein Heilpflanze.

Als Heilpflanze wurde es seit dem Mittelalter verwendet für

  • Leber, Husten, Bronchien, harntreibend, Wundmittel. Auch als Entgiftungsmittel (Leber) für eine Frühjahrskur (löst Gallengrieß, stärkt die Leber und spült die Harnwege durch).
  • Homöopathie –Essenz aus frischen Blättern für Bronchien;
  • Volksheilkunde: Leberkrautwein, Tinktur, Kaltauszug für Wunden.

Form der Blätter gemäß mittelalterlichen Signaturlehre gut für Leber. Heilkundige wie Hieronymus Bock, Pietro Andrea Mattioli schwörten auf seine Wirkung.

*Protoanemonin: hautreizend - Hahnenfuß-Dermatitis!

*Anemonin: krampflösend, schmerzlindernd, antibiotisch

Lesetipp: Bitterstoffe für die Gesundheit

Ohne Gewähr - (Die hier vorgestellten Informationen zur Heilwirkung dienen nicht als Rezeptanleitung, auch wenn sie sorgfältig recherchiert und erstellt wurden. Sie können eine professionelle Beratung durch ausgebildete Ärzte, Therapeuten und Apotheker nicht ersetzen. Wer die Pflanzentherapie zu Heilzwecken nutzen möchte, sollte sich in jedem Fall vorab umfassend informieren.)

 

 

Quellen

Neben der eigenen botanischen und gärtnerischen Erfahrung ...

  • Geheimnisse und Heilkräfte der Pflanzen, Verlag das Beste, 1980 Stuttgart
  • Heil-, Gewürz-, Nutz- und Giftpflanzen im Botanischen Garten der Universität Innsbruck, Bortenschlager/Vergörer, 2004 Innsbruck
  • Kräuter, McVicar; Bassermann Verlag, 2013 München
  • Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen, Genaust; Nikol Verlag, 2012 Hamburg
  • Die deutschen Pflanzen- und Tiernamen, Helmut Carl; Quelle & Meyer, Wiesbaden 1995

 

Adele_Sansone, am 14.01.2018
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Bildquelle:
a.sansone (Anemonen - Windröschen, Töchter des Windes)
a.sansone (Kapern - Woher sie kommen, wie sie aussehen und wo sie besonders gu...)

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