Löwenzahn macht dem Gummibaum Konkurrenz

Löwenzahn enthält in der Wurzel KautschukOhne Naturkautschuk geht es nicht. Das besonders elastische Produkt hat Eigenschaften, die seinen Einsatz in vielen Bereichen notwendig macht. Auch Autoreifen enthalten etwa 25 Prozent Naturkautschuk. Dieser stammt gegenwärtig fast ausschließlich vom Kautschukbaum (Hevea brasiliensis). Der wachsende weltweite Bedarf sorgt für steigende Preise. Mit der gegenwärtigen Produktion kann die Nachfrage nicht gedeckt werden. Da kommt die kleine Pflanze Löwenzahn den Reifenherstellern gerade recht. In den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde Russischer Löwenzahn (Taraxacum kok-saghyz) bereits als Rohstofflieferant verwertet. Seine Heimat ist Kasachstan und das westlichste China. Auch Hitler nutzte das Potential der Pflanze als Gummilieferant mit Hilfe von Zwangsarbeitern. Nach dem Zweiten Weltkrieg interessierte sich jedoch niemand mehr für das Unkraut. Das hat sich in den letzten Jahren geändert. Schon im April 2011 schreibt "Die Welt" über entsprechende Forschungsprojekte. Sie berichtet über 2,5 Millionen Euro Zuschüsse, die das Bundesforschungsministerium investiert. Zehn Forschungseinrichtungen sind beteiligt, darunter das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen in Quedlinburg. Löwenzahn macht also nicht nur als gesunde Salatbeilage Karriere. Sein Sprung in die Liga der nachwachsenden Rohstofflieferanten steht kurz bevor.

Butterblume, Löwenzahn, Pusteblume - viele Namen, Arten und Möglichkeiten

Löwenzahn ist nicht gleich Löwenzahn. Am häufigsten wächst in unseren Breiten der Gemeine Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia). Sein Anteil an Kautschuk im weißen Saft der Pflanze ist zu gering für eine industrielle Nutzung. Bei der russischen Variante ist die Ausbeute deutlich höher. Die zuständigen Gene sind ausfindig gemacht und so forschen die Wissenschaftler weiter, um das Korbblütengewächs für seine Rolle als Rohstoffquelle fit zu machen. Neben dem Kautschuk ist ein weiterer Stoff interessant. In der Wurzel steckt zusätzlich Inulin, das als Zuckerersatz in der Süßstoffindustrie gebraucht wird. Da die Pflanze als Unkraut und somit als extrem anspruchslos und widerstandsfähig gilt, ist der Anbau unkompliziert. Lediglich die Wurzel wünschen sich die Forschen noch etwas kompakter.

Pilotprojekt in Münster

Nun berichtet die "Berliner Zeitung" über ein erstes Pilotprojekt in Münster. Hier wird einheimischer Löwenzahn-Kautschuk produziert für erste Continental-Reifen. Rund 350.000 Butterblumen ergeben etwa 1 Tonne Naturkautschuk und zwei Tonnen Inulin. Dafür ist ein Hektar Land notwendig. Die Reifenhersteller sind begeistert, macht sie die anspruchslose Pflanze doch unabhängiger vom internationalen Kautschukmarkt. Ein Gummibaum braucht bis zur Ernte etwa 7 Jahre, unsere Butterblume wächst schnell und beinahe überall. Sie kann auch dort angebaut werden, wo der Boden für eine andere landwirtschaftliche Nutzung nicht geeignet ist. Noch dazu sparen sich Hersteller und Verbraucher des Rohstoffes weite Transportwege. Der Reifenhersteller Continental möchte bei Erfolg des Projektes in der Nähe seiner global verteilten 22 Werke eigenen Kautschuk aus Löwenzahn produzieren. Sollen zunächst 10 Prozent des deutschen Bedarfs an Naturkautschuk gedeckt werden, müssten zukünftig auf 20.000 Hektar Anbaufläche die goldgelb blühenden Pflanzen wachsen. Auch den Imkern dürfte diese Vorstellung außerordenlich gefallen, denn Löwenzahn ist gerade im Frühling eine wertvolle Bienenweidepflanze. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass für den Anbau keine Pflanzenschutzmittel notwendig sind. Gleichzeit sind keine Allergien bei Löwenzahn-Kautschuk bekannt. Gerade für Hersteller von Gummihandschuhen und Kondomen ist dies ein Vorteil. Die Qualität ist der des importierten Kautschuks vom Gummibaum beinahe identisch. So könnte sich die kleine Pflanze zukünftig also vom Unkraut zum gefragten Rohstofflieferanten mausern. Nicht nur Gesundheitsprodukte aus der Apotheke sind die Zukunft des Löwenzahns, sondern auch Industrieriesen wie Continetal und die Südzucker AG werden ihm hofieren.


Quellen:

  • 

Online-Artikel in "Die Welt" vom 30.04.2011
  • 
Hamburger Abendblatt 17.10.2013
  • Berliner Zeitung 18.10.2013
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