Macht populäre Musik kriminell?
Was hat die gestiegene Aggressivität populärer Musik nach dem 2. Weltkrieg und ihre Verbreitung durch die Massenmedien mit dem Werteverfall und dem Anstieg der Kriminalität in den westlichen Gesellschaften zu tun?Bild: Joachim Reisig, www.pixelio.de
Betrachtet man die Entwicklung der westlichen Gesellschaften in den letzten vier bis fünf Jahrzehnten, dann fällt ein Phänomen auf, das gemeinhin als "Wertewandel" bezeichnet wird, oder richtiger: "Werteverfall". Wie Umfragen zeigen, begann dieser Werteverfall bei der Jugend, und sein folgenschwerster Bestandteil war die veränderte Einstellung zur Kriminalität. So stieg von 1959 bis 1971 die Akzeptanz von Diebstahl am Arbeitsplatz bei jungen Männern von 43 Prozent auf 76 Prozent. Während 1960 18 Prozent der Bevölkerung in den vorangegangenen zwei bis drei Jahren Opfer eines Diebstahls geworden waren, so waren es 1971 schon 29 Prozent. Die Zahl der Ladendiebstähle vervierfachte sich sogar von 1965 bis 1975.
In den 80er und 90er Jahren stieg die Akzeptanz von Straftaten weiter und erreichte nun auch die ältere Generation. Steuerhinterziehung wurde 1981 von 24 Prozent der Befragten gebilligt, 1995 bereits von 37 Prozent. Versicherungsbetrug wurde 1985 von 29 Prozent der Befragten akzeptiert; 1992 waren es schon 39 Prozent, und bis 2004 stieg der Anteil auf 59 Prozent.
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Waren es in Deutschland 1955 noch 30 angezeigte Straftaten auf 1000 Einwohner, so zählte man 1992 bereits 79. Tatsächlich aber ist der Anstieg noch größer, da 1963 die Verkehrsdelikte aus der Statistik herausgenommen wurden, was die Steigerung eines ganzen Jahrzehnts scheinbar wieder rückgängig machte. Somit haben wir es in etwa mit einer Verdreifachung der Kriminalität in weniger als drei Jahrzehnten zu tun.
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Wie ist es möglich, daß innerhalb weniger Jahrzehnte solche Persönlichkeitsveränderungen auftreten konnten?
Die Meinungsforscherin Elisabeth Noelle-Neumann hatte bereits in den 1970er Jahren das Fernsehen als Ursache für diesen Werteverfall vorgeschlagen, und damit hatte sie teilweise auch recht. Denn daß das Fernsehen zumindest für die zunehmende Gewalt in unserer Gesellschaft mitverantwortlich ist, kann längst als bewiesen gelten: Von den über 3.500 Studien, die den Zusammenhang zwischen Mediengewalt und Gewalt im Alltag untersucht haben, sagen über 99 Prozent: Ja, Mediengewalt macht Menschen gewalttätig.
Bisher interessierten sich die Forscher jedoch hauptsächlich für visuelle Gewalt, das heißt für Gewalt in Film und Fernsehen; seit einiger Zeit auch für gewalthaltige Videospiele. Doch es bleiben drei ungeklärte Fragen:
Erstens: Das Fernsehen wurde und wird von allen Altersgruppen in ähnlichem Maße genutzt. Warum also begannen der Werteverfall und die Zunahme der Kriminalität bei der Jugend?
Zweitens: Gewalt spielte im Fernsehen der 1950er und 60er Jahre noch keine große Rolle, Videospiele gab es überhaupt noch nicht. Wieso stieg aber schon damals die Gewaltkriminalität an?
Drittens: Was ist mit der anderen Kriminalität, mit illegalen Drogen, mit Diebstahl und Betrug?
Fernsehen und Videospiele können also den allgemeinen Werteverfall und den Anstieg der Kriminalität jenseits der Gewaltkriminalität nicht erklären.
Es muß demnach noch eine andere Ursache geben, die etwa zeitgleich mit der Einführung des Fernsehens in Erscheinung trat, und die zunächst, in den 1950er und 60er Jahren, hauptsächlich auf die Jugend einwirkte. Und sie muß in den USA einige Jahre früher aufgetreten sein als bei uns, denn dort begann auch der Werteverfall einige Jahre früher. Diese Ursache dürfte auch in auffallender Verbindung zu illegalen Drogen stehen; denn Drogendelikte haben die höchsten Steigerungsraten überhaupt erfahren: in Deutschland vervierundneunzigfachten sie sich von 1964 bis 1989. Und idealerweise müßten sich noch weitere Elemente des Wertewandels mit dieser Ursache erklären lassen: Hedonismus und Egoismus, der Rückgang der Werte "Pflichtbewußtsein" und "Bildung", und nicht zuletzt die sexuelle Revolution.
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Das ist viel auf einmal - und doch gibt es einen Umwelteinfluß, der so genau zu all diesen Bedingungen paßt, daß es sich kaum um einen Zufall handeln kann:
In den 1950er Jahren, ausgehend von den USA, wurde die Unterhaltungsmusik, auch populäre Musik genannt, durch die Möglichkeiten der elektrischen Klangverstärkung und Klangverzerrung und durch die zunehmende Dominanz des Schlagzeugs aggressiver als je zuvor; und die wachsende Zahl von Haushalten mit Radiogerät und Plattenspieler sicherte ihr eine Verbreitung, wie sie zuvor nicht möglich gewesen war. Zudem propagierten viele Texte der populären Musik jene Anti-Werte, die in den folgenden Jahren und Jahrzehnten an Bedeutung gewinnen sollten: Hedonismus, lustbetonte Sexualität ohne Verantwortung, Autoritätsfeindlichkeit und Rebellion. Und nicht zuletzt machten viele Interpreten dieser Musik Schlagzeilen wegen Drogenkonsums, Gewalt und sexueller Eskapaden.
Die Folgen waren dramatisch: Von 1960 bis 1970 stieg in den USA die Verbrechensrate um 176 Prozent, und speziell die Anzahl der Morde und Totschläge erhöhte sich um 60 Prozent. Besonders schlimm war die Entwicklung ausgerechnet bei der Zielgruppe dieser Musik, den Kindern und Jugendlichen: Die Zahl der von unter 15jährigen begangenen schweren Verbrechen stieg zwischen 1950 und 1979 um das einhundertzehnfache.
Aber läßt sich wirklich beweisen, daß der Rock'n'Roll und andere Stilrichtungen populärer Musik tatsächlich eine Ursache für diese furchtbare Entwicklung sind?
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Da ist zunächst die Erfahrung, daß Interpreten wie Hörer populärer Musik besonders häufig in Kriminalität verwickelt sind. Beispielsweise ist der Konsum illegaler Drogen, das Delikt mit den höchsten Zuwachsraten, unbestreitbar mit den populären Musikszenen verbunden: Haschisch und Marihuana verbreiteten sich zunächst im frühen 20. Jahrhundert in den Szenen des Jazz und des Blues. Als die Musik in den 1950er und 60er Jahren mit Rock und Beat noch aggressiver wurde, wurden auch die Drogen härter: zu den Cannabisprodukten traten Heroin, Kokain und LSD; noch später, in der Technoszene, kam Ecstasy hinzu.
Nach einer im Jahr 2002 durchgeführten Umfrage bieten Diskotheken und Parties - also von populärer Musik beschallte Orte - die besten Gelegenheiten, um an illegale Drogen zu kommen. Eine 2001 von der TU Berlin vorgenommene Befragung unter Besuchern von Technoveranstaltungen ergab, daß rund 83 Prozent regelmäßig illegale Drogen nehmen.
Aber auch andere Straftaten sind unter populären Musikern und ihren Anhängern verbreitet. In Norwegen erschütterte in den 1990er Jahren eine Serie von über 40 Kirchenbrandstiftungen das Land - in sämtlichen Fällen, die aufgeklärt werden konnten, kamen die Täter aus der Black-Metal-Szene.
Der Rap, nach Umfragen die beliebteste Musik unter Jugendlichen, ist wie kaum eine andere Musikrichtung im Kriminellenmilieu verwurzelt. Der Rapper Ice-T sagt sogar selbst von sich, er sei "kein Musiker, sondern ein Krimineller, der rappen lernte". Sein Kollege Tupac wurde wegen Vergewaltigung verurteilt und mußte für 1,4 Millionen Dollar Kaution aus dem Gefängnis geholt werden, um das Album "All Eyez On Me" aufnehmen zu können. Nach Erkenntnissen der amerikanischen Steuerbehörde wird die Rap-Plattenfirma Murder Inc. vom Drogenhandel finanziert, und sie soll auch in den mißlungenen Mordanschlag auf den Rapper 50 Cent verwickelt sein. Eine andere Rap-Plattenfirma, Ruthless Records, wurde von dem Geld finanziert, das ihr Gründer Eazy-E Wright im Drogenhandel verdient hatte. Der vorläufige traurige Höhepunkt der Rapkultur war der von dem Rapper Big Lurch verübte bestialische Kannibalismusmord, für den er 2003 zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde.
Mindestens 21 bekannten populären Musikern konnten sogar Morde nachgewiesen werden, mindestens sieben weitere haben einen Mordversuch verübt, und mindestens sechs sind wegen Totschlags verurteilt worden. In wohl keiner anderen Berufsgruppe läßt sich eine vergleichbare Häufung von Kriminalität, auch und gerade von Schwerstkriminalität feststellen.
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Doch ist die Musik wirklich Ursache für diese Straftaten, oder werden nicht umgekehrt Kriminelle besonders von populärer Musik angezogen?
Nun, beides ist der Fall. Daß Menschen eine Musik bevorzugen, die ihrer Persönlichkeit und ihrem Charakter entspricht, ist selbstverständlich. Daß diese Musik aber auch die Rolle eines Verstärkers und Auslösers krimineller Energie spielt, belegen beispielsweise die dokumentierten Aussagen von Kriminellen, die ihre Straftaten selbst auf populäre Musik zurückführen.
Auch die seit den 1950er Jahren immer wieder vorkommenden Ausschreitungen im Umfeld von Konzerten mit populärer Musik zeigen deren kriminalitäts- und insbesondere gewaltfördernde Wirkung. Bei einer Befragung in den frühen 1990er Jahren nach Rockkonzerten gaben durchschnittlich sechs Prozent der Besucher an: "Ich könnte alles kaputtschlagen". Das bedeutet, daß nach einem Rockkonzert mit beispielsweise 1.000 Zuhörern 60 mit dieser Gemütsverfassung hinausgehen - ganz zu schweigen von Großveranstaltungen mit zehntausenden von Zuhörern, die über tausend gewaltbereite Musik"fans" wieder in die Umwelt entlassen.
Konzerte und Festivals populärer Musik haben seit den 1950er Jahren bereits über 270 Tote und Zehntausende Verletzte gefordert; nicht eingerechnet sind dabei die Folgen derjenigen Gewalttaten, die nach den Konzerten begangen wurden, und von deren Zusammenhang mit der aufputschenden Wirkung der Musik die Öffentlichkeit gar nichts erfährt.
In den 1990er Jahren gab es in vielen europäischen Ländern einen nochmaligen dramatischen Anstieg der Jugendkriminalität, und insbesondere der Gewaltkriminalität von Kindern und Jugendlichen. - Und genau zu dieser Zeit kam aus den USA die sogenannte HipHop-Kultur mit der Rapmusik in Mode. Der Anteil von Jugendlichen, die in Deutschland eines sogenannten "Roheitsdeliktes" oder einer "Straftat gegen die persönliche Freiheit" verdächtigt wurden, stieg von 1987 bis 2000 um 82 Prozent, bei den Kindern betrug der Anstieg sogar 275 Prozent.
Nun sind dies alles empirische, das heißt erfahrungswissenschaftliche Belege für die kriminalitätsfördernde Wirkung populärer Musik. Aber es gibt auch psychologische und medizinische Untersuchungen, die eine solche Wirkung der Musik bestätigen. Die wichtigsten Ergebnisse aus über 90 Studien der letzten 20 Jahre lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Populäre Musiker sind überdurchschnittlich neurotisch, psychotisch und arrogant.
Rock- und Heavy-Metal-Anhänger zeigen geringe Bereitschaft zu geistiger Anstrengung, neigen zu Machiavellismus, zu frühreifer Sexualität, zu Drogen, zu Okkultismus, zu Satanismus, zu Diebstahl, zu antisozialen Einstellungen und Verhaltensweisen. Speziell die männlichen Anhänger zeigen eine Überbetonung des Sexuellen, verbunden mit Frauenfeindlichkeit.
Punk-Anhänger akzeptieren weniger Autorität und zeigen größere Affinität zu Waffenbesitz und Kriminalität, speziell zu Ladendiebstahl.
Probanden eines psychologischen Experimentes übernahmen unmittelbar nach dem Ansehen und Anhören von Musikvideos das dort gezeigte sexuelle Rollenverhalten; die Videos weckten in ihnen feindselige sexuelle Vorstellungen und negative Gefühle, und die Probanden akzeptierten vermehrt antisoziales Verhalten und Gewalt als Problemlösung.
In Studien an der TU Berlin und in Israel wurde festgestellt, daß beim Hören populärer Musik im Auto mehr Verstöße gegen Verkehrsregeln begangen werden und es zu mehr Unfällen kommt. Die Initiatoren der Berliner Untersuchungen, Helga de la Motte-Haber und Günther Rötter, schreiben, sie hätten "verblüfft und [...] irritiert" festgestellt, "daß Musik wie eine psychoaktive Substanz wirken kann."
Besonders interessant ist die Erfahrung, die man in den USA auf einer klinischen Abteilung im Strafvollzug machte: Nachdem man den Patienten den Fernsehmusiksender MTV entzogen hatte, ging deren aggressives Verhalten deutlich zurück.
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Der Werteverfall, welcher der Zunahme der Kriminalität zugrundeliegt, wurde tatsächlich durch aggressive Musik eingeleitet und aufrechterhalten. Wer solcher Musik ausgesetzt wird, kann sie entweder nicht ertragen, oder er lernt, sich mit ihrer Aggression zu identifizieren: Wer sich von dieser Musik begeistern läßt, der begeistert sich zwangsläufig auch für das, was sie ausdrückt. Die populäre Musik, mit der die letzten Generationen sozialisiert worden sind, und mit der unsere Kinder noch heute sozialisiert werden, diese Musik hat tatsächlich die Gehirne verändert.
Eine langfristige Charakterveränderung durch populäre Musik wird nicht nur durch die vielen kriminellen Musiker nahegelegt: Musik, so formuliert es der Hirnforscher Eckart Altenmüller, ist "der stärkste Reiz für neuronale Umstrukturierung, den wir kennen". Das heißt: Musik verändert Menschen.
Ein jugendlicher Rockmusikhörer verdeutlichte das, indem er sagte: "Ich begann zu beobachten, wie mein Leben von der Musik, die ich hörte, beeinflußt wurde. [...] Ich begann zu bemerken, daß ich tolerantere Einstellungen zu Sex und Drogen bekam. Meine Musik verübte an mir nach und nach eine Gehirnwäsche."
Genau dies geschah und geschieht in Millionen von Köpfen. Die Folge ist eine von populärer Musik beherrschte Gesellschaft, in der Kriminalität zu einem Massenphänomen geworden ist - das Ergebnis eines "psychowirksamen Hörversuchs epochalen Ausmaßes", wie die Allgegenwart populärer Musik einmal genannt wurde.
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Populäre Musik ist zu einem der wichtigsten Umwelteinflüsse geworden; für viele Menschen zum wichtigsten überhaupt. Ein Jugendlicher verbringt im allgemeinen mehr Stunden mit dem Hören populärer Musik als er sich in der Schule aufhält. Dadurch wird diese Musik zum wichtigsten Erziehungsfaktor. Jazzmusiker, Popstars, Rocker, Rapper und Techno-"Diskjockeys", darunter viele Drogensüchtige, Schläger und Diebe: Die sind es, die mittels aggressiver Musik unsere Kinder erziehen, oft auch mit Videoclips, in denen Sex und Gewalt die bevorzugten Themen sind. Gegen diesen Einfluß können Bemühungen, die jungen Menschen zu Ehrlichkeit, Friedfertigkeit und Verantwortung zu erziehen, nicht viel ausrichten. Gegen tausende von Stunden der Gehirnwäsche mit aggressiven "Beats" und verzerrten E-Gitarrenklängen, gegen Musiker als Vorbilder, die Schlagzeilen wegen Straftaten und sexueller Ausschweifungen machen, gegen all das kommt der pädagogische Zeigefinger nicht an.
Populäre Musik appelliert an die niedersten menschlichen Instinkte: an den Aggressions- und an den Sexualtrieb. Insbesondere bei Rockkonzerten und in Diskotheken mit ihrer betäubenden Lautstärke entstehen zudem hypnotische und tranceartige Zustände, welche die Hörer noch empfänglicher für die Botschaft der Musik machen.
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Die meisten jugendlichen Subkulturen nähren und erhalten sich durch ihre Musik. Wer würde sich hierzulande die kriminelle Subkultur amerikanischer Großstädte mit ihren Bandenkriegen, ihren Drogenhändlern und Zuhältern zum Vorbild nehmen, wer würde sich Poster von Verbrechern (nämlich kriminellen Rapmusikern) an die Wand hängen, wer würde mit tiefhängenden Hosen herumlaufen und ‘f[...] dich!' sagen, wenn nicht die Rapmusik wäre? Was wäre der Ecstasy konsumierende Partygänger ohne seine Techno- oder Discomusik? Was wäre der rebellische Autonome, der sich gegen Eltern, Gesellschaft und Gesetz auflehnt, ohne Rockmusik? Nähme man diesen Leuten die Musik weg, was bliebe dann noch? Es ist die Musik, welche diese Subkulturen zusammenschweißt; es ist die Musik, in der sie ihre Vorbilder und Ideologien finden; es ist die Musik, welche die Ideologien immer wieder aufs neue bestätigt und verfestigt.
Wenn wir die ungeheuren Schäden der durch populäre Musik mitverursachten Massenkriminalität bedenken, dann müssen wir feststellen, daß diese Musik mit den großen Problemen der Gegenwart, sogar mit ihren finanziellen Problemen, wesentlich mehr zu tun hat als es bei oberflächlicher Betrachtung erscheint. Denn könnte man die kriminelle Energie durch Minimierung der Mediengewalt auf den Stand der 1950er Jahre zurückführen, das heißt: halbieren, so hätte der Staat jährlich über 200 Milliarden Euro mehr zur Verfügung, die heute noch durch Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung verlorengehen. Ohne Mediengewalt gäbe es alleine in Deutschland jährlich etwa 400 Morde weniger, rund 9.000 Sexualdelikte weniger, ungefähr 360.000 Gewaltdelikte weniger, etwa 800.000 Verkehrsdelikte weniger und rund anderthalb Millionen Diebstähle weniger - gemessen an den angezeigten Delikten! Tatsächlich sind es weit mehr, da das Dunkelfeld um ein Vielfaches größer ist.
Anders ausgedrückt: Die populäre Musik, die wir zur beherrschenden akustischen Kulisse unserer Gesellschaft gemacht haben, kostet uns jedes Jahr viele Milliarden Euro und hunderte von Menschenleben; sie macht Hunderttausende zu Opfern von Gewalttätern, Millionen zu Opfern von Dieben. Jahr für Jahr. Alleine in Deutschland. Das mag zunächst eine befremdliche Vorstellung sein; aber sie ergibt sich logisch aus der Formbarkeit vor allem des jugendlichen Gehirns, aus den Eigenschaften dieser Musik, und aus der Menge, in der sie konsumiert wird.
Musik ist mehr als nur Geschmackssache. Musik übermittelt Emotionen und Werte. Deshalb kann Musik nicht wertfrei sein. Es liegt an uns, welche Emotionen und Werte wir für die millionenfache Beeinflussung über die Massenmedien freigeben.
Bildquelle:
W. Zeckai
(Wie macht man eine Lesung erfolgreich?)