Margret Mitchell - 'Vom Winde verweht' und die Parallelen im echten Leben
Sie hat den Pulitzer Preis gewonnen, ist weltberühmt, war wohlhabend und dies mit nur einem einzigen Buch. So geschehen im Jahr 1936. Der Titel ihres Romans? Gone With The Wind - Vom Winde verweht.Gone with the Wind - Vom Winde verweht
Das Buch ist ein Jahrhundertroman, ein epochales Epos, auch wenn es nicht in Versform verfasst ist, die ein Epos normalerweise ausmacht. Die Geschichte ist schnell zusammengefasst, wenn man sich nicht in Details verstricken möchte - und Verstrickungen, Irrungen und Wirkungen gibt es reichlich.
Scarlett O'Hara lebt auf einer Baumwollplantage namens Tara in den Südstaaten, genauer im Staat Georgia in der Nähe von Atlanta. Sie ist die älteste von drei Töchtern weißer Eltern, die irischer Abstammung sind. Wie 1861 noch üblich, arbeiteten einige Sklaven für ihre Familie. Doch diese werden von Scarletts Familie geschätzt und gut behandelt. Die Geschichte beginnt im Jahr 1861, wenige Tage vor Ausbruch des amerikanischen Bürgerkriegs, auch Sezessionskrieg genannt.
Doch die dramatische politische Lage interessiert die junge Scarlett nur wenig. Sie ist eine junge Dame, die unsterblich verliebt ist in den ältesten Sohn der Nachbarplantage 'Sieben Eichen', Ashley Wilkes. Unglücklicherweise weiß Ashley gar nicht, welche Gefühle Scarlett hegt. Für ihn ist sie die wunderschöne Nachbartochter, die er zwar bewundert und auch attraktiv findet, die für ihn aber unerreichbar ist und vor allem als Ehefrau überhaupt nicht zu ihm passt. Damit hat er recht, denn die beiden sind in den Charakteren viel zu unterschiedlich. Das hält Scarlett nicht davon ab, Ashley anzubeten wann immer sich die Gelegenheit bietet.
Auf einem Sommerfest auf Sieben Eichen erfährt sie, dass Ashley sich mit seiner Cousine Melanie Hamilton verloben will. Sie wird wütend, zieht sich in die Bibliothek zurück und weint und schimpft vor sich hin. Dabei lernt sie Rhett Butler kennen, der sich ebenfalls in den Raum zurückgezogen hatte, ihr Gejammer hört und sie nun auslacht. Klar, dass sie ihn nicht ausstehen kann.
Durch den Kriegsausbruch und den Tod der Eltern muss Scarlett ihre Plantage, Tara, verlassen. Sie heiratet aus Trotz - und um mit Ashley irgendwie verbunden zu sein - den Bruder von Melanie. Sie übersteht und meistert alle Herausforderungen des Lebens und der Kriegswirren mit Bravour, mit geschicktem Taktieren und einem unerschütterlichen Selbstbewusstsein. Sie glaubt nach wie vor, dass Ashley der Mann ihres Lebens ist und eigentlich zu ihr gehört und sucht immer wieder in irgendeiner Form die Nähe oder Kontakt zu ihm. Ihr Überleben verdankt sie allerdings immer öfter der unsichtbaren Hilfe von Rhett Butler.
Sie wird im Laufe der Geschichte noch zwei weitere Male heiraten - zuletzt Rhett Butler, der sich im Laufe der Zeit ernsthaft in sie verliebt. Sie heiratet ihn; vordergründig allerdings, um finanziell abgesichert zu sein, denn der Spieler Rhett hat selbst während des Krieges, der vier Jahre dauerte, mit verschiedenen, teilweise illegalen Geschäften, viel Geld machen können.
Schließlich verliebt sie sich auch in ihn. Doch sie erkennt dies zu spät, nämlich erst als er sie wirklich verlassen hat, weil sie nach wie vor ihrem Ashley hinterher läuft. In der ihr eigenen Art will sie aber im Moment der Erkenntnis nicht länger darüber nachdenken und so endet das Buch mit ihrer Entscheidung, nach Tara zurückzukehren und mit dem Satz 'Morgen ist ein neuer Tag'.
Der berühmteste Satz ist aber (so das Ergebnis meiner Internet-Recherchen): 'Frankly, my dear, I don't give it a damn.' ('Offen gesagt, meine Liebe, das ist mir egal.') Das ist der letzte Satz, den Scarlett von ihrem Ehemann Rhett hört, bevor er das Haus verlässt. Es ist seine Antwort auf die Frage, was sie denn nun tun soll, wie es weitergeht.
Margret Mitchell - ein kurzes, sehr erfolgreiches Leben
Margret Mitchell wurde am 8. November 1900 in Atlanta, Georgia, geboren und ist am 16, August 1949 auch dort verstorben.
Margret Mitchell hat mit ihrem Erstlingswerk 'Vom Winde verweht' einen Weltklassiker der Literaturgeschichte geschrieben und ein Vermögen verdient. Das Buch hat bei der Veröffentlichung am 30. Juni 1936 gute $ 3.00 gekostet, was heute einem Preis von ca. $ 50-60 entspricht. Das war auch damals viel Geld, dennoch wurden allein innerhalb der ersten sechs Monate bis Weihnachten 1936 über eine Million Exemplare verkauft.
Die Filmrechte sicherte sich Hollywood gleich einen Monat nach Erscheinen des Romans. Doch der Stoff war weniger begehrt als man meinen sollte - im Gegenteil. Die Geschichte erschien den meisten Produzenten zu lang, zu kompliziert und zu schwierig für eine Umsetzung im Film zu sein. So musste auch der Produzent David O. Selznick erst überredet werden, die Rechte zu erwerben. Er erhielt sie für damalige $ 50.000, was einem heutigen Preis von $ 1.000.000 entsprechen müsste - ein 'Schnäppchen' für die Filmrechte an einem Bestseller-Roman.
Der Film erschien erst 3 Jahre später in Farbe in den Kinos und soll bis heute (inflationsbereinigt) über 400 Millionen US-Dollar eingespielt haben. Damit liegt er weltweit an der Spitze aller Kinofilme und lässt nach wie vor selbst Filme wie 'Avatar' und 'Titanic' weit hinter sich.
Margret Mitchell hat einen weisen Rat, den alle Schriftsteller irgendwann einmal erhalten, befolgt. Sie verwendete Dinge aus ihrem eigenen Leben, aus ihren persönlichen Erlebnissen. Sie schrieb über Dinge, die sie kannte, die ihr vertraut waren. Nur so wird eine Geschichte authentisch und glaubwürdig - selbst, wenn man nur einzelne Kleinigkeiten einfließen lässt. Margret Mitchell hat ihr ganzes Leben lang im Zentrum von Atlanta gelebt und kannte ihre Stadt und die Mentalität ihrer Bewohner genau. Auch die im Buch genannten Straßen gab es wirklich. Sie konnte sich komplett in die Charaktere und an die Schauplätze ihrer Geschichte hineinversetzen.
Von ihren Einnahmen hat sie viel Geld für gute Zwecke gespendet, was in den U.S.A. seit jeher selbstverständlich ist. Dennoch war sie nach wie vor wohlhabend, was diverse Menschen dazu veranlasste, sie zu verklagen, um auch einen Stück des Kuchens abzubekommen. Die einen meinten ihre eigenen Ideen im Buch wiederzufinden, andere verklagten sie, weil sie angeblich Formulierungen gestohlen und damit das Urheberrecht verletzt hätte. Für all dies musste Margret Mitchell viel Zeit aufwenden und eine Menge Geld für Rechtsanwälte ausgeben.
Dennoch hat sie sich ihren Kindheitstraum erfüllt, wohlhabend und berühmt zu werden. Leider konnte sie ihr Leben nicht bis zum natürlichen Tod leben, denn im Sommer 1949 wurde sie mitten in Atlanta von einem betrunkenen Autofahrer angefahren. Sie starb fünf Tage nach dem Unfall im Alter von nur 48 Jahren.
Margret, Scarlett und Rhett - die Parallelen ihrer Lebensläufe
Wie ein Schriftsteller ein solch erfolgreiches Buch schreibt, ist immer wieder interessant und spannend zu erfahren. Es gibt kein Geheimrezept dafür, da bei jedem Schreiberling die Fantasie andere Kreise zieht und jede Geschichte ihre eigenen Dynamik hat. Zudem sind die Arbeitsabläufe bei jedem Schriftsteller, aber auch bei jedem Text anders. Manche Dinge sprudeln nur so aus den Fingern in die Tasten und aufs Papier, andere müssen vielleicht mühsam erst zusammengetragen, analysiert und dann konstruiert werden, damit die Geschichte stimmig bleibt.
Es ist überliefert, dass Margret durch eine Verletzung nach einem Reitunfall ans Bett gebunden war oder aber sich zumindest nur im Haus fortbewegen konnte. Sie nutzte die Zeit der Genesung zum Schreiben. Dafür hatte sie eine der alten schwarzen Remington Schreibmaschinen, auf der sie mit nur zwei Fingern tippte. Entsprechend aufwendig (und anstrengend) war die Entstehung dieses Buches.
Dennoch: Wer denkt, das Buch war ein Projekt zur Beschäftigung einer gelangweilten Südstaatenschönheit, der irrt. Margret Mitchell schrieb bereits als Kind und war als ausgebildete Journalistin für 'The Atlanta Journal' in ihrer Heimatstadt tätig. Ungewöhnlich für eine Frau in den Südstaaten, doch passend zum Zeitgeist der damaligen Zeit.
Margret hat einige der Charakterzüge, die auch Scarlett ausmachen. Beide träumen früh von großen Zielen. Scarlett legt eine Menge Egoismus an den Tag, um ihr Ziel, den wohlhabenden Nachbarsohn Ashley Wilkes zu heiraten, zu erreichen. Margret träumt früh davon, eines Tages ganz berühmt und erfolgreich zu sein. Beide sind in den Südstaaten verwurzelt und hängen an ihrem Heimatort Atlanta bzw. Tara.
Wie Scarlett liebte auch Margret zwei Männer. Margret war zwei Mal verheiratet, doch wohl nicht mit dem Mann, den sie wirklich liebte und wollte. Weiterhin beugt sich Scarlett überhaupt keinen Konventionen und bricht so manches Tabu der Gesellschaft ihrer Zeit, um ihre Ziele zu erreichen. Gleiches gilt für Margret.
Selbst beim Verfassen des Romans hatte Margret eine eigene Methode, die nicht jeder Schriftsteller empfehlen würde, die aber hervorragend funktioniert. Sie kannte das Ende ihrer Geschichte und schrieb daher das letzte Kapitel zuerst. Dadurch wusste sie, worauf das Ganze hinausläuft und hatte das Ziel vor Augen. Alle anderen Kapitel fielen ihr anschließend in unterschiedlicher Reihenfolge ein. Es wird behauptet, sie hätte die Seiten ihres Manuskripts kapitelweise in ihrem Haus in Atlanta versteckt. Dies ist durchaus denkbar, da es zu ihrer Zeit für Frauen nach wie vor verpönt war, zu arbeiten und dann auch noch über Liebe und Erotik zu schreiben - mal abgesehen von all den Tabus, die Scarlett in dem Roman bricht.
Scarlett läuft beispielsweise einem verheirateten Mann hinterher und hofft, dass er seine Ehe aufgibt, um mit ihr zusammen zu sein. Sie heiratet nur aus Berechnung zwei Männer, die sie nicht liebt. Scarlett und Melanie helfen bei Geburten und töten feindliche Soldaten, um zu überleben. Sie lügen, betrügen, intrigieren und manipulieren andere, um sich selbst zu retten. Kurz gesagt: Sie stehen mit beiden Beinen im Leben und meistern alle Herausforderungen allein und meistens ohne männliche Hilfe.
All dies hätte einen Skandal hervorrufen können. Vielleicht war es aber auch Margrets Ehemann, der ihr das Schreiben verboten hätte oder die Geschichte einfach nicht lesen sollte.
Vom Buch zum Drehbuch (Screenplay) zum Film
Das Screenplay (Drehbuch) für einen Spielfilm sollte 100 bis maximal 120 Seiten haben. Mit diesen Seiten werden anschließend der Regisseur und der Produzent ihre Ideen für die filmische Umsetzung ausarbeiten. Eine fleißige Drehbuchautorin muss während dieser Arbeitsprozesse ihr Drehbuch mehrfach umschreiben.
Sobald das Screenplay auch die Anmerkungen und Regieanweisungen (Kameraeinstellung, Lichtposition und viele andere Details) aufgenommen hat, wird es zum Script. Dieses Script hat naturgemäß deutlich mehr Seiten als das Drehbuch.
Spielfilme haben meistens eine Länge von ungefähr 1 ½ Stunden bzw. 90 Minuten. Eine Seite des Drehbuchs beansprucht ca. 1 Minute im Film. Nun ist Vom Winde verweht ca. 4 ½ Stunden lang, genau sind es 238 Minuten (inklusive der Ouvertüren). Das Drehbuch zum Film hat also ca. 250 Seiten, vielleicht sogar 300 wegen der Szenenbeschreibungen.
Vom Beginn der Dreharbeiten bis zur Filmpremiere im Dezember 1939 dauerte es genau ein Jahr. Nicht lange, möchte man meinen, wenn man die Länge des Films, die wechselnden Schauplätze und all die Szenen bedenkt. Doch es ging im Entstehungsprozess sehr dramatisch zu, was die Drehzeiten sogar verlängerte. Intrigen, Depressionen, Hass, ein Herzinfarkt mit Re-animation und diverse andere Dramen zeugen von Hochspannung hinter den Kulissen der Dreharbeiten. Das allein klingt unglaublich, doch dabei blieb es nicht, denn das gedrehte Filmmaterial war 150 km lang und musste gesichtet werden. Die Cutterinnen mussten dabei teilweise Schichten von 50 Stunden absolvieren und brachen reihenweise zusammen.
Ebenso beeindruckend ist der Soundtrack zum Film, der aus 99 verschiedenen Songs und Musikstücken zusammengestellt und entsprechend lange geschnitten wurde.
Alles in allem hat Margret Mitchells Roman nicht nur seine Leser in den Bann geschlagen, beeinflusst und beeindruckt. Es sieht so aus, als wäre die Dramatik der Liebesgeschichte zwischen Scarlett und Rhett aus den Seiten herausgesprungen und hätte alle, die die Geschichte jemals in irgendeiner Form 'berührt' haben, emotional und körperlich an ihre Grenzen gebracht. Dies gilt für die Leser des schweren Buchs ebenso wie für die Kino- und Fernsehzuschauer, die 4 ½ Stunden still sitzen, als auch für alle, die beides produziert haben.
Margret Mitchell wäre heute (Ende 2014) 114 Jahre alt. Ihr 'Vom Winde verweht' ist 78 Jahre alt. Wie kann eine junge Frau es schaffen, mit einem einzigen Buch ganze Generationen in den Bann zu ziehen? Sie muss eine unglaubliche Persönlichkeit gewesen sein.
Bildquelle:
© Elisabeth R. Meier (photographer)
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