Merida in Venezuela
Merida in Venezuela ist eine Reise wert - Anden und AbenteuerEinzigartiges Mérida
Langsam lichtet sich der Nebel in den Tälern der höchsten Anden-Berge Venezuelas und die klaren Strahlen der Morgensonne bahnen sich ihren Weg durch die verschneite Gebirgskette der Sierra Nevada. In der 1640 Meter über dem Meeresspiegel, auf einem schmalen Plateau gelegenen Stadt Mérida beginnt wieder ein Tag geschäftigen und regen Treibens. Fensterläden der zumeist im spanischen Baustil errichteten Häuser schwingen auf, Studenten eilen zu ihren Vorlesungen an der Universidad de los Andes, der zweitältesten Universität des Landes, und Gemüsehändler sortieren die frisch geernteten Kartoffeln, die sie in klapprigen Lieferwagen zu den sehenswerten Markthallen der Stadt transportieren. Auch die Souvenirverkäufer machen sich dorthin auf, um in dem dreistöckigen Gebäude mit seinen schmalen Gängen wollene Ponchos und Decken sowie handgewebte Wandteppiche in den verschiedensten Farben und Mustern Touristen zum Kauf anzubieten.
Doch es ist nicht nur die harmonische Mischung aus Moderne und folkloristischem Anden-Flair sowie die atemberaubende Gebirgsszenerie, die jedes Jahr unzählige Besucher in die rund 220.000 Einwohner zählende Hauptstadt des Bundesstaates Mérida lockt. Nein, es ist auch nicht die kuriose Eisdiele Coromoto, die es mit seinen über 600 verschiedenen Eissorten, darunter Geschmacksrichtungen wie Knoblauch, ins Guiness-Buch der Rekorde geschafft hat. Die Sensation Méridas ist die mit 12,5 Kilometer längste und höchste Seilbahn der Welt, die in einer Stunde in die Region des "ewigen Eises" führt, nämlich auf den 4765 Meter hohen Pico Espejo.
Sehenswürdigkeiten
Mérida liegt eingezwängt auf einer 15 Kilometer langen und bis zu drei Kilometer breiten Schotterebene zwischen den Flüssen Chama und Mukujún. Trotz der Enge wuchs die Stadt stetig und hat sich bis in die Seitentäler hinein ausgebreitet. Dennoch hat sich Mérida nicht zu einem Großstadtungetüm entwickelt, sondern bietet mit seinen über 30 Parkanlagen hinreichend Möglichkeiten, um bei einer angenehmen Jahresdurchschnittstemperatur von 19 Grad zwischen Orchideen und Springbrunnen in der "Stadt des ewigen Frühlings" zu flanieren.
Während die Außenbezirke der Universitätsstadt unstrukturiert gebaut wurden, ist ihr pulsierendes Zentrum, die Altstadt, nach einem Schachbrettmuster angelegt. Beliebter Treffpunkt der Spanisch sprechenden "gente correcta", also höflich rechtschaffenen Leute, wie die Méridenos sich selbst bezeichnen, ist die Plaza Bolívar. Auf einem bulligen Marmorsockel thront hier die Reiterstatue des Unabhängigkeitskämpfers Bolívar, der gegenüber eine Kathedrale aus dem 18. Jahrhundert im exotischen Barock zu bewundern ist. An dem Platz befinden sich auch das bischöfliche Palais und der Gouverneurspalast. Insbesondere an den Wochenenden unterhalten Straßenkünstler tagsüber die in netten Cafés weilenden Passanten mit Musik oder Schauspiel, während sich abends vor allem die Jugend an diesem belebten Ort trifft.
Neben Museen und Themenparks sind ebenfalls die Feste in Mérida einen Besuch wert, wenn etwa im Januar das eher zurückhaltende Bergvolk die Fiesta de la Paradura del Nino zu Ehren des Jesuskindes zelebriert und kostümierte Indianer, Engel und Hirten durch die Gassen tanzen.
Touren für Wanderfreunde und Bergsteiger
Undurchdringliche Wolkenteppiche umhüllen die Gipfel des 5007 Meter hohen Pico Bolívar und des 4942 Meter hohen Pico Humboldt. Noch ist der Aufstieg zu den schroffen Bergmassiven in dem Gebiet der Paramos oberhalb des subtropischen Nebelwaldes auch für weniger geübte Wanderer zu bewältigen. Die Luft ist frisch und wird mit zunehmender Höhe dünner, die Vegetation ist rau und karg. Einige Moose und Flechten bedecken die Steine, dazwischen leuchtet das gelbe Farbenmeer der reizvollen Frailejones, der Nationalpflanze Venezuelas.
Auf einer Höhe von 2711 Metern lädt das malerische Bergdorf Los Nevados mit seiner schönen Kirche zum Rasten ein. Viele Ausflügler, oft auch Reiter, die die Gegend hoch zu Ross oder Esel erkunden, können hier landestypische Gaumenfreuden wie kleine, in Knoblauch und Öl marinierte Forellen genießen und sogar ein Glas Bier erhalten.
Für erfahrene Bergsteiger geht es anschließend weiter hinauf in die eisige Zone. Alsbald gleicht die Strecke einer riesigen Steinwüste, die Wege werden schmaler und die Rucksäcke schwerer. Nach dem Kraxeln über tiefe Schluchten, umgeben von der Geräuschkulisse tosender Gebirgsflüsse und pfeifendem Wind, schlägt der Bergführer eine Verschnaufpause an einem wildromantischen Gletschersee vor, wo er vom Mythos der "Fünf weißen Adler" erzählt. Der Sage nach sind diese untrennbar mit den fünf höchsten Anden-Gipfeln verkrallt und lassen bei Sturm ihre weißen Federn fallen, die sich in Schneegestöber verwandeln. Mit letzter Kraft heißt es schließlich, den majestätischen Berggipfel zu erklimmen. Und endlich oben angekommen, belohnt der grandiose Ausblick auf die naturgewaltige Schönheit der venezolanischen Anden die Strapazen der Kletterpartie – so sich denn die Wolken verzogen haben.
Bildquelle:
a.sansone
(Die Kuh am Wanderweg - ein Problem?)