Als Michael Crichton am 4. November 2008 in Los Angeles starb, verlor die Thrillerwelt mehr als einen ihrer populärsten Autoren. Denn Crichton schrieb nicht nur einige der größten Bestseller der jüngeren Vergangenheit, sondern er sorgte auch abseits der literarischen Bühne für Aufsehen. Mutig vertrat er umstrittene Positionen und polarisierte wie kein ein anderer Schriftsteller.

Dabei wies kaum etwas für den am 23. Oktober 1942 in Chicago geborenen John Michael Crichton auf eine dermaßen ungeheuer erfolgreiche Karriere hin. Zwar schrieb er zur Finanzierung seines Studiums an der Harvard Universität unter den Pseudonymen John Lange und Jeffery Hudson Abenteuerromane und Thriller. 

 

Durchbruch mit Andromeda

Den literarischen Durchbruch schaffte er aber unter seinem eigenen Namen mit dem 1969 veröffentlichten Roman "Andromeda", der bereits fast alle für die späteren Bestseller wesentlichen Elemente enthielt: Spannende Rahmenhandlung, akribische Recherche, eine plausibel klingende Plotprämisse. 1971 verfilmte Regie-Veteran Robert Wise den Roman mit großen Erfolg.

Beim 1972 in den Kinos angelaufenen "Westworld" führte er nicht nur Regie, sondern verfasste zudem das Drehbuch. Der Science-Fiction-Thriller gilt längst als Genreklassiker und etablierte Michael Crichtons Warnungen vor technologischem Übermut. "Westworld" sollte eine Blaupause für "Jurassic Park" bilden. Doch bis es soweit war und er zum Mister Jurassic Park avancieren sollte, folgten noch etliche Regiearbeiten sowie Romane. Dennoch stagnierte die Karriere des über zwei Meter großen Autors, was sich 1990 mit dem seinem Dinosaurier-Thriller ändern sollte.

Der Roman "Jurassic Park" stürmte die Bestsellerlisten, begeisterte Millionen meist junge Leser und mündete unweigerlich in einer Verfilmung, die 1993 kein Geringerer als Steven Spielberg vornahm. Obwohl der Film zum damals erfolgreichsten Leinwandwerk aller Zeiten geriet, hatte er mit der fesselnden Vorlage kaum noch was gemeinsam.

Der schweißtreibende Technikthriller wurde von Spielberg in eine jugendgerechte Achterbahnfahrt mit zahlreichen Ungereimtheiten und mit dem Holzhammer verabreichter Kritik an Gentechnologie verwandelt. Auf Grund des überwältigenden Erfolges verfasste Crichton nach seinen Romanen "Nippon Connection" und "Enthüllung" - beide gleichfalls verfilmt - die Fortsetzung "Vergessene Welt" (in Anspielung auf den gleichnamigen Roman von Sir Arthur Conan Doyle).

Allmählich wurde so gut wie jedes Crichton-Werk für die Leinwand adaptiert, selbst das kurios anmutende Wikinger-Epos "Der 13. Krieger", das jedoch zu einem der teuersten Hollywood-Flops der 1990er Jahre geriet.

 

Warner in der Medienwüste: Michael Crichton

In weiterer Folge verdüsterte sich Crichtons Schreibstil. Nach dem eher wie eine Fingerübung wirkenden "Airframe" wurde 1999 der Zeitreisethriller "Timeline" veröffentlicht, wie schon "Der 13. Krieger" erfolglos verfilmt. 2002 markierte "Beute" einen Wendepunkt in Crichtons Schaffen. Weitaus unverhohlener als seinerzeit in "Jurassic Park" warnte er vor dem unkontrollierten Einsatz neuester Technologie. Dabei ging es ihm nicht ums Schüren von Panik, als vielmehr dem literarischen Aufzeigen von Gefahren, die jede noch "unbeherrschte" Technik mit sich bringt.

2004 schließlich sorgte er mit seinem Katastrophen-Thriller "Welt in Angst" auch abseits der Bestsellerlisten für Aufsehen - und Empörung! Denn Crichton zeichnete in seinem Roman ein ungewöhnlich negatives Bild von (radikalen) Umweltschützern. Mehr noch: Er schaltete sich öffentlich in die Debatten rund um Global Warming (das interessanterweise später zum "Klimawandel" umgedeutet wurde) ein und nahm umstrittene Gegenpositionen ein, die in diesen kurzen Reden angerissen wurden.

Kaum einem anderen Autor schlugen daraufhin dermaßen offene Bewunderung, aber auch Empörung entgegen, wobei Crichton seine Hauptaufgabe darin sah, kritisches Denken zu schulen. Leider vergebens, wie sich tagtäglich erweist...

Sein letztes reguläres Werk stellte 2007 "Next" dar, ein durchwachsener Gentechnik-Thriller.2009 erschien posthum der Piratenroman "Gold" (Originaltitel: "Pirate Latitudes").

 

Erbe eines kritischen Geistes

Der Autor dieses Artikels möchte kein Gehemnis daraus machen, sowohl Crichtons Bücher, als auch seinen scharfzüngigen Geist geschätzt zu haben. Mit dem 2008 an Krebs verstorbenen Thrillerspezialisten verlor nicht nur die Literaturwelt einen ganz Großen (nur Stephen King und John Grisham verkauften mehr Thriller). Crichtons mutiges Aufbegehren gegen scheinbar gesichertes Wissen wäre gerade angesichts grotesk verzerrter Debatten rund um politische und gesellschaftliche Themen wichtiger denn je. Schließlich hörte man ihm, dem Bestsellerautor, zu, selbst wenn man seine Meinungen als falsch erachtete.

Sein geistiges Erbe besteht weniger in den spannenden literarischen Hinterlassenschaften, als vielmehr seinem Ansinnen, Leser zum kritischen Hinterfragen anzuspornen, nicht jegliche von den Massenmedien und den Regierungen ausgespuckte Meldung zu akzeptieren, sondern mit wachem Geiste die Faktenlage zu überprüfen. Crichton gestand selbst, jahrelang kritiklos den Horrorszenarien diverser Umweltschutzorganisationen aufgesessen zu sein. Ein freimütiges Eingeständnis, das uns Mut machen sollte im Streben nach Freiheit und Wissen.

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