Mittagspause!
Geht auch im Freien...War schon ungewohnt...
Geschafft, ist es so weit. Mittagspause!
Ich kann mal kurz von meiner Arbeit beim Sozialdienst abschalten.
Endlich es sind zwei von vier Haushalten versorgt; einer mit total überfüllten Katzenklo... Nicht das dieses in meinen Tätigkeitsbereich fällt, der Geruch ist halt unangenehm gewesen.
Im Zweiten Haushalt war es recht lustig. Eine alte Dame erzählte mir, dass sie auf das Amt muss. Der Schwerbehindertenausweis soll verlängert werden. Dadurch kann sie im gesamten Netz der öffentlichen Verkehrsmittel kostenfrei fahren. Und nicht nur das, sie kann noch eine Begleitperson umsonst mitnehmen.
Wir kamen darauf weil ich Zeugin wurde, wie ein Schwarzfahrer "verhaftet" wurde. Die U-Bahnkontrolleure tragen teilweise richtige Uniformen. Dieses Outfit soll Respekt einflößen. Ich kann das nicht ganz nachvollziehen, bin eben kein Uniformtyp. Sah ich doch wie sie einen Schwarzfahrer dingfest gemacht hatten. Sie stellten ihn zu zweit, bauten sich furchterregend vor ihm auf. An der nächsten Haltestelle stiegen sie mit ihm aus. Der schmächtige Fahrgast musste zwischen zwei Muskelpaketen gehen... Es ging ganz schnell, ich konnte nur mit offenem Mund staunen.
Es war nicht zu übersehen, dass der Fahrgast ganz offensichtlich den Fahrschein verloren hatte und sehr ängstlich war. Ein gefundenes Fressen für die beiden. Wie im wilden Westen, dachte ich. Diesmal war es ganz bestimmt kein Fahrgast, der dieses Verhalten gerechtfertigt hätte...
Jedenfalls ärgerte ich mich so, dass ich es während der Arbeit erzählte. Die alte Dame meinte dann verschmitzt: " Ach Mädel, das kenne ich doch auch. Wenn ich sehe, dass jemand schwarzfährt und unruhig ist, erkläre ich ihn zu meiner Begleitperson." Wir haben uns fast ausgeschüttet vor Lachen.
Springbrungen
Jetzt komme ich wieder zu Ruhe und entspanne mich an der frischen, katzenklofreien Luft.
Ich bin doch sehr erstaunt, wieviele grüne Oasen es in Frankfurt gibt. Heute ist mal nicht das Mainufer dran. Nein, ich fahre mit der S-Bahn zur Taunusanlage. Sie liegt im Bankenviertel und ist von Hochhäusern umsäumt.
Dieser Park gehört zum Frankfurter Anlagenring und die Straßen darum enden oft mit...allee oder...anlage.
Die Taunusanlage ist neben sieben weiteren Parkanlagen ein Teil des ehemaligen Verteidigungswalls. Dieser umschloss die frühere Frankfurter Altstadt. Neugierig habe recherchiert und bin auf etwas Spannendes gestoßen.
Jakob Guiollett hat am Anfang des 19. Jahrhunderts den Auftrag bekommen, dieses militärische Bauwerk zu entfernen.
Aha, ich sehe gerade eine Straße, die nach ihm benannt ist.
Der Wall war nutzlos geworden, nachdem sich die Stadt sich darüber hinaus ausgebreitet hatte.
Guiollett schlug vor, die gesamte Wallanlage mit Bäumen zu bepflanzen. Er beauftragte den Gartenarchitekten Sebastian Rinz mit den umfangreichen Arbeiten.
Dieser Idee Guiolletts ist es zu verdanken, dass Frankfurt so eine außergewöhnliche Grünanlage zu bieten hat. Sie verläuft ringförmig um den ehemaligen Stadtkern. Unweit der Konstablerwache ist noch ein Stück der alten Stadtmauer erhalten geblieben. Das steinerne Überbleibsel heißt Staufenmauer.
Leider ist die Pause zu kurz, sonst würde ich ausprobieren, wie viel Zeit ich für ein Runde durch die sieben Parkanlagen brauche...
Die Staufenmauer, ein Stück der ehemaligen Wallanlage
Dennoch schön für mich. Ich kann jetzt hier gemütlich auf einer der zahlreichen Bänke sitzen. Genüsslich verspeise ich meine mitgebrachten Stullen. Es wirkt bestimmt etwas kurios, ich habe ein Polster unter meinen Sitzhöckern liegen. Mein großer Rucksack steht vor mir, meine schmerzenden Füße liegen darauf. Neben mir steht noch ein großer, knallbunter Regenschirm. Der mußte mit, es liegt ein Gewitter in der Luft.
Manche der Passanten schauen mich an als würde ich "Platte putzen", na ja, sehr fein sehe ich gerade nicht aus, aber so ist das eben wenn man in für einen Sozialdienst arbeitet. Teilweise ist echte Knochenarbeit gefragt, und da ist saloppe Kleidung passender.
Ich lese in meinem Buch von Ken Follet. Es heißt "Die Kinder von Eden". Dabei geht es um "Blumenkinder". Ihr Hippieparadies ist bedroht und sie mutieren zu Terrorristen. Es geht soweit, dass die Regierung erpresst wird. Es droht ein künstlich erzeugtes Erdbeben...
Mein Blick geht ein wenig an dem Buchrand vorbei und fällt auf einige Kaninchen. Sie sollen hier eine Plage sein, ich finde sie jedenfalls sehr putzig.
Von der schwülen Luft werde ich ganz dösig und schaue den Kaninchen zu, wie sie genüsslich Rosenknospen knabbern oder in ihren Bauten verschwinden. Ich nehme an, dass es schon gewaltige Kavernen unter dem Rasen gibt. Haben die Terroristen die Kanickel eventuell abgerichtet?
O weia, was bin ich doch müde. Was denke ich nur für ein Zeug...und das mitten im Bankenviertel. Das riesengroße € Zeichen ist auch nicht weit entfernt. Ich nenne es insgeheim "Das goldene Kalb" der Banker.
Brauche doch bald einen Kaffee, sonst wird es heute nichts mehr mit mir.
Ich werde in meiner Pause jäh gestört, die Banker machen auch Mittag. Sie kommen in Scharen und schwitzen in ihren Anzügen. Das Sonnenlicht scheint einige sehr zu quälen. Einen glücklichen Eindruck machen sie jedenfalls nicht, einige wirken aschfahl im Gesicht. Kommen sie nur so wenig an die frische Luft, frage ich mich. Ich habe nichts gegen sie, freue mich aber, dass ich mich in meiner Jugend dagegen gewehrt habe, diesen Beruf zu ergreifen.
Sie können in ihrer Pause anscheinend gar nicht abschalten. Dauernd höre ich die Worte Projekt, Daxx, Dow Jones Index oder Inflation.
Jedenfalls freue ich mich sehr, dass ich bei dieser Hitze nicht dieser Kleiderordnung unterliege und eher im Freizeitlook arbeiten kann und bekomme Mitleid.
Einige sehen mich gleichfalls mitleidig an, aber das hatten wir ja schon...
Der Gegensatz ist schon sehr groß, mitten im Bankenviertel, wenn man nichts mit der Hochfinanz zu tun hat.
Mit hauswirtschaftlichen Blick nehme ich noch die Hemdsärmel in Augenschein, sofern das Jackett abgelegt wurde.
Ich versuche zu erspähen, ob die Hemden "handgebügelt" oder "gestärkt" sind, vielleicht sogar beides.
Ich habe mir sagen lassen, dass die Banker im Moment von Hand gebügelte Hemden favorisieren. Man erkennt das an der Falte, die auf der Rückseite des Ärmels läuft. Hemden ohne diese Falte werden durch eine Bügelstrasse gefahren und auf einem Kleiderbügel geglättet. Das heißt dann "rund gebügelt"
Jedenfalls erfreulich, dass Handarbeit wieder gefragt ist.
Dann trifft mich die Erkenntnis, dass ich eigentlich genau so wenig abschalten kann...
Jetzt fängt es an zu regnen. Schnell packe ich meine Sachen ein und bin sehr froh, den knallbunten Regenschirm dabei zu haben. Ich beende die Pause und gehe wieder an meine Arbeit, nicht ohne mir bei "Togo" noch einen Kaffee zu holen.
Das "goldene Kalb"
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Bildquelle:
Ruth Weitz
(Die 7 wichtigsten Dinge im Leben)