"Wer mehr Geschmack als Geld besitzt, muss vorsichtig sein!"

Der sogenannte Diderot-Effekt ist ein Begriff, der sich in der Konsumforschung eingebürgert hat.
  • Woher kommt er?
  • Was besagt er?

Denis Diderot, ein französischer Schriftsteller und materialistischer Philosoph (1713-1784) aus dem 18. Jahrhundert, schrieb aus einem bestimmten Anlass folgendes Essay: "Regrets sur ma vieille robe de chambre ou Avis à ceux qui ont plus de goût que de fortune" 1772. (Gründe, meinem alten Hausrock nachzutrauern oder Ratschlag an solche, die mehr Geschmack als Glück/Reichtum besitzen.)

  • Was war Schreckliches geschehen?

Ein Gönner hatte Diderot, der nicht gerade auf Rosen gebettet lebte, einen wunderbaren neuen Hausrock geschenkt. Toll, oder? Nein, beileibe nicht. Denn so "peu à peu" kam Diderot darauf, dass in seiner schäbigen Einrichtung so gar nichts zu diesem Rock passte. Nicht der Sessel, nicht der Tisch, das gesamte Mobiliar, ja er selber passte eigentlich nicht mehr dazu. Die Harmonie war zerstört. "Mein alter Hausrock und der ganze Plunder, mit dem ich mich eingerichtet hatte – wie gut passte eins zum anderen!"

 

Diderots Fazit - enttäuschte Hoffnung auf Zufriedenheit

"Wer ein neues Produkt kaufe, kaufe gleich ein unaufhörliches Verlangen nach weiteren dazupassenden Produkten mit." Das demonstrierte Diderot mit der Geschichte seines neuen Hausrocks, der ihn instinktiv dazu zwang, Stück für Stück sein gesamtes Mobiliar auszutauschen.

Diderot, der Philosoph, begründet den Impuls des Kaufrausches mit der Hoffnung auf Zufriedenheit, die aber so unerreichbar bleibt wie die Erfüllung des Wunsches, durch materiellen Wohlstand freier zu werden: "Die Armut hat ihre Freiheiten, der Reichtum seine Zwänge", klagte Diderot. Er zeichnete damit, vor fast 300 Jahren, das Bild einer unglücklichen Gesellschaft, die gefangen ist in der Konsumschleife und blind Waren auf Waren häuft.

Aber Diderot sah nicht nur pessimistisch auf seine Gesellschaft, sondern schuf auch als einer der Ersten gemeinsam mit J. d'Alembert 1751 eine der ersten Enzyklopädien (ein umfassendes Nachschlagewerk der Zeit, alphabetisch geordnet).

Diderot und die Konsumpsychologie

Den Begriff Diderot-Effekt wiederum prägte der amerikanische Sozialwissenschaftler und Konsumforscher Grant McCracken in seinem Buch Culture and Consumption (deutsche Übersetzung Kultur und Konsum 1988).

Dabei zeigt er auf, wie Menschen, nachdem sie einen Gegenstand oder ein Kleidungsstück gekauft haben, in den Zwang geraten können, weitere Käufe zu tätigen, um ein passendes Gesamtbild zu schaffen. Eine Konsum-Kettenreaktion wird ausgelöst.

Unbekannt? Sie Glückliche!

Ich muss gestehen, mich erwischt dieser Diderot-Effekt doch so manches Mal.

Eine Cardigan-Kauf und seine ungeplanten Folgen

Aus eigener Erfahrung, in diesem Fall allerdings mit Schmunzeln und Heiterkeit versehen, kann ich mitreden. Mein persönlicher Diderot-Effekt!

  • Einen tollen Cardigan in der Modefarbe Radiant Orchid (im Urlaub! auch noch dazu), entdeckt. Hineingeschlüpft, wohl gefühlt, gekauft.

Was passt dazu? Den Kleiderschrank durchforstet, Jeans, Shirts, ja sogar eine roséfarbene Bluse dazu entdeckt. Zufrieden. Fast.

Bis zu einem Bummel durch die Shoppingmeile meiner Stadt.

  • In Fuchsia passende Schuhe entdeckt. Zack, gekauft. Ultrahappy.

(Bild: a.sansone)

(Bild: a.sansone)

Nun war aber keine einzige Handtasche mehr tauglich, alles störte die neue Farbharmonie. Seufzend machte ich mich auf die Suche nach einer passenden Tasche und musste dabei wirklich tief in die Geldtasche greifen, denn diese neue Trendfarbe war nicht leicht zu finden.

  • Tasche geshoppt. Ende der Fahnenstange!


    Oder doch nicht? Fashionistas wissen, wie es weiter geht. Es fehlen noch die passenden Accessoires. Genau.

Tasche Metallicoptik (Bild: a.sansone)

Ein passendes Tuch muss noch her. Alles perfekt. Was fehlt noch?

  • Ein bisschen Bling-Bling; sprich ein Armband, ein Ring.

Im Nu wurde aus dem eher einfachen Kauf eines Cardigans ein Rattenschwanz an zusätzlichen Käufen, um eben wieder eine Harmonie herzustellen.
Fazit: Es ist immer gut, wenn man seine Basics im Kopf hat, bevor man sich ein besonderes Teil zulegt. Gerade bei neuen Trendfarben kann das fürchterlich ins Auge-Pardon-ins Geldbörsel gehen. Aber welche Frau, ob Fashionista oder nicht, kennt dieses Problem nicht?

(Bild: a.sansone)

(Bild: a.sansone)

Diderot-Effekt ohne Bauchweh

Wer am hoffentlich glücklichen Ende als modebewusste Frau dann mit neuen Teilen dasteht, die sich vielfach kombinieren lassen, hat die ganze Jagd nicht vergebens gemacht. Am wichtigsten scheint jedenfalls mir persönlich, die Balance zwischen "Spaß" an der Mode und dem "Zwang" alles passend zu machen, nie aus den Augen zu verlieren.

 

Passt!

(Bild: a.sansone)

Wer Spaß an neuen Trends hat, gerne immer wieder neue Lieblingsfarben entdeckt, der kann hier bei der Trendfarbe Ultra Violet weiterlesen.

Man darf die Mode samt den eigenen Verrücktheiten nur nicht allzu ernst nehmen.

Die letzte Rettung: Die 3-7-14-Regel

Die sogenannte 3-7-14-Regel klingt einfach, ist einfach und funktioniert auch garantiert! Denn so wird man sogar mit Fehlkäufen fertig.

Ausgangslage: Sie haben sich ein neues Stück gekauft - Freude ist groß. Und dann? Tipp:Verkaufsschild vorerst dran lassen.

  • Frage 1: Sie haben ein Kleidungsstück - nehmen wir ein paar Destroyed Jeans als Beispiel; siehe Abb. - vor 3 Tagen gekauft und noch nie getragen? Hier kann es sein, dass sie beim Anprobieren zuhause festgestellt haben:"Sch...t, an mir sieht das gute Stück halb so toll aus." Oder "Es passt nichts dazu!" oder "Das Teil ist mir doch zu gewagt!... siehe Diderot.
  • Frage 2: Es sind bereits 7 Tage vergangen und die neue Jeans wurde immer noch nicht getragen. Sie haben auch kein passendes Teil dazu gesucht oder gefunden? Wenn Sie das Kleidungsstück sehen, plagt Sie höchstens das schlechte Gewissen. Hier handelt es sich eindeutig um einen Fehlkauf. Was tun? Kopf in den Sand? Nein.
Adele_Sansone, am 09.02.2014
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Bildquelle:
https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone (Wie stylt man die Trendfarbe Radiant Orchid?)
Colourblocking (Colourblocking - ein immer aktueller Trend)
a.sansone (Green Fashion, Eco Label, nachhaltige Mode mit gutem Gewissen)

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