Morbus Crohn - eine Krankheit mit vielen Gesichtern
Viele kennen die Krankheit Morbus Crohn gar nicht oder nur vom Hörensagen. Und doch tritt dieses Leiden immer häufiger auf und lässt die Betroffenen ratlos zurück...Das war die Situation als ich nach vielen quälenden Monaten meine Diagnose bekam. Nach Bauchkrämpfen, unzähligen Durchfällen, Erbrechen bis hin zu keiner möglichen Nahrungsaufnahme, weil der Körper nicht mehr konnte, schlimmen Gewichtsverlusten und den Arztbesuchen, die nicht halfen. All das hatte mich unsäglich geschwächt, ausgelaugt und jeden Kampfgeist ausgelöscht. Meine Hausärztin war ratlos, behandelte mit Antibiotika und tat damit genau das Falsche, den Rest meiner Darmflora zerstören.
Ich sah aus wie der Tod, die Blutwerte waren eine Katastrophe und doch war keine Lösung in Sicht. Mein Schlüsselerlebnis, um mich selbst ins Krankenhaus einzuweisen, war eine Alltagssituation. Ich war zu Fuß einkaufen gewesen und versuchte nun meine Einkaufstasche nach Hause zu bekommen. Sie war nicht schwer, essen konnte ich sowieso nichts mehr, schon seit Wochen. Doch das Gewicht der Tüte war zu viel. Für den Nachhauseweg von 400 Metern fehlte mir die Kraft. Ich stand da, verzweifelt, die Tränen brachen aus mir heraus und ich stand mit meinen 20 Jahren auf der Straße und die Verzweiflung raubte mir die letzten Kräfte. Mein Retter war ein Mann, mindestens 70 Jahre alt, der neben mir anhielt, mich ansah und den ich noch nie gesehen hatte. Er nahm meine Tüte in die eine Hand und mich an die andere und führte mich nach Hause. Einfach so und ohne Worte. Als Abschied drückte er mir die Hand, nahm meinen Dank nur nickend an und sagte: "Lassen Sie sich helfen."
Er rührte mich und ich verstand, dass es Zeit wurde etwas zu unternehmen. Ich ging ein letztes Mal zu meiner Hausärztin, erzwang die Einweisung ins Krankenhaus und wurde auf den Kopf gestellt – bis man die erlösende Diagnose fand.
Was ist Morbus Crohn?
In dieser Geschichte werden sich viele Betroffene wiedererkennen. Teilweise dauert es Jahre bis man eine CED diagnostiziert und bis dahin ist es eine Quälerei. Doch was ist eine CED? Was passiert da? Und was sind die Folgen für das eigene Leben?
CED steht für chronisch entzündliche Darmerkrankung. Die beiden häufigsten Arten dieser Erkrankung sind Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa.
Morbus Crohn wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts erstmalig beschrieben. Der Name der Erkrankung kommt nicht von der Tatsache, dass die Krankheit chronisch ist, sondern von dem "Entdecker" Burril B. Crohn.
Die häufigsten Symptome sind Bauchschmerzen, Durchfälle (auch blutige), Fieber, Gewichtsverlust und Appetitlosigkeit. Auch Fisteln, Abszesse und Stenosen können Hinweis auf MC sein. Diese Symptome treten auf, da der komplette Verdauungstrakt entzündet sein kann. Vom Mund, über die Speiseröhre bis hin zum Magen und zum Darm. Die Beschwerden treten in Schüben auf und können über Wochen anhalten.
Hauptsächlich erkranken Menschen im Alter von 15 bis 35 Jahren, aber auch ältere Menschen können betroffen sein.
Und von Patient zu Patient sind die Auswirkungen und die Symptome unterschiedlich.
Den einen trifft es schlimmer, den anderen nicht. Einige können bedingt durch diese Krankheit nicht mehr arbeiten, bekommen künstliche Darmausgänge, sind in ihrem Alltag massiv eingeschränkt. Unzählige Operationen, Krankenhausaufenthalte sind die Folge. Aber es gibt auch Menschen, die zwar betroffen, aber nicht sonderlich eingeschränkt sind. Morbus Crohn ist eben eine Krankheit mit vielen Gesichtern.
Mich hat es glücklicherweise nicht so schwer getroffen. Ich habe einen leichten Verlauf und immer wieder muss ich mir das ins Gedächtnis rufen, wenn ich mitten in einem Schub zum 15. Mal auf der Toilette sitze, unfähig zurück zur Arbeit zu gehen, um da weiterzumachen, wo ich vor meinen Bauchkrämpfen aufgehört habe. Unfähig meinen Kollegen zu erklären, wie schlecht es mir gerade geht, denn sehen kann man nichts. Ich habe eine gesunde Hautfarbe, bin nicht zu dünn (dank des Cortisons) und auch sonst immer gut gelaunt. Mir ist meine Krankheit nicht anzusehen und doch geht es mir oft einfach schlecht.
Aber es ist meine eigene Schuld. Nicht die Krankheit, nein. Das liegt und lag nicht in meiner Macht. Menschen werden nun einmal krank und warum das so ist, darüber muss ich mir nicht den Kopf zerbrechen.
Aber wie soll ich Verständnis von meinem Umfeld erfahren, wenn ich mich nicht mitteile? Man redet nicht über Durchfall und den Darm an sich, das ist ein unangenehmes Thema. Man will stark sein, man muss durchhalten und das macht meistens das Ganze nur Schlimmer. Denn zumindest bei mir ist oft Stress der Auslöser des nächsten Schubes. Ich will das bis heute manchmal nicht wahrhaben. Aber deswegen ist es wichtig Menschen an seiner Seite zu haben, die einen wieder zurück auf die richtige Bahn stupsen. Diese Art von Fürsorge ist oft tausendmal besser als ein Besuch beim Arzt. Es tut gut zu wissen, dass da jemand ist, der einen versteht, der nicht denkt, dass man ein Simulant ist, weil er schon gesehen hat, wie man zum 10. Mal am Morgen zur Toilette gerannt ist, der an die Badezimmertür klopft und hereinkommt, einem über den Kopf streicht und sagt, dass alles wieder gut wird.
Man sollte diese Hilfe und Unterstützung nicht wegschieben, auch wenn einem manchmal danach ist. Was auch die Gründe dafür sind, nehmt die Hilfe an. Wir sind krank und man kann es meistens nicht von außen erkennen.
Wer kann helfen?
Was ebenfalls nicht unterschätzt werden darf, ist ein guter Arzt. Am Besten eignet sich dafür ein Gastroenterologe.
Ich bin jetzt seit 11 Jahren bei dem gleichen Arzt und das ist Gold wert. Er kennt mich genau, er kennt meine Krankengeschichte und weiß mittlerweile wie ich ticke. Wenn ich anrufe, weiß er, dass es dringend ist und dann bekomme ich innerhalb von 3 Tagen einen Termin auf den Andere 2 Monate warten müssen. Ich schlage selbst Behandlungsstrategien vor und wir diskutieren gemeinsam auf Augenhöhe darüber. Er weiß, dass ich gut informiert bin und traut mir zu meine Medikamente selbst ein- und auszuleiten. Er ruft mich samstags an, weil er es freitags nicht mehr geschafft hat, um mir meine Blutergebnisse mitzuteilen und er hat immer ein offenes Ohr. Er weiß wo ich arbeite, wie dort die Situation ist und auf welchem Stresslevel ich mich gerade befinde. Besser kann es nicht laufen und ich bin ihm immer wieder dankbar.
Diese kurzen Einblicke können nicht annähernd beschreiben, was diese Krankheit anrichtet, aber vielleicht kann ich den ein oder anderen dazu anregen sich zu informieren und Betroffene und Kranke zu unterstützen bzw. mehr Verständnis für chronisch Kranke aufzubringen. Eine tolle Adresse, um sich über CED zu informieren, ist die Seite des DCCV: https://www.dccv.de/
Und zu guter Letzt, liebe CED Kollegen: Lasst euch nicht unter kriegen, kämpft, seid stark und nehmt euch Zeit für euch selbst!
Tolle Geschichten von Betroffenen für Betroffene und Interessierte dieser Krankheit.
Leckere Rezepte, die unterteilt sind in die jeweiligen Krankheitsphasen.