Nachhaltige Fischerei oder welchen Fisch darf man guten Gewissens essen?
Was bedeutet nachhaltiger Fischfang und was kann man als Verbraucher zur Unterstützung nachhaltiger Fischerei beitragen? Mit Verweis auf einen Fischratgeber.Nachhaltige Fischerei vs. Überfischung
Nachhaltigkeit bedeutet, mit vorhandenen Ressourcen so umzugehen, dass diese in ihrem Bestand erhalten und auch für zukünftige Generationen nutzbar bleiben. Nachhaltige Fischerei setzt voraus, dass der Bestand der Zielfischart erhalten bleibt, das umliegende Ökosystem nicht geschädigt wird (z.B. Schäden an Pflanzen und Korallen durch Schleppnetzfischerei) und auch der Beifang minimiert ist.
Von Überfischung ist dagegen zu sprechen, wenn in einem Gebiet mehr Fische gefangen werden als durch natürliche Vermehrung nachwachsen oder zuwandern können. Dabei werden häufig nicht nur die Speisefische gefangen, sondern als Beifang auch Wale, Delfine, Schildkröten und andere Meerestiere ungewollt getötet.
Überfischung gilt als die wichtigste Ursache für den massiven Rückgang der Bestände vieler Arten von Meeresorganismen, noch vor weiteren Ursachen wie Schadstoffeintrag, Überdüngung, Abbau von Bodenschätzen und Klimawandel.
Hochseefischerei – eine Gefahr für die weltweiten Fischbestände
Überfischung betrifft vor allem Arten, die sich außerhalb nationaler Hoheitsgewässer bewegen, in denen entsprechend auch kaum Kontrolle von Fischereiaktivitäten stattfindet. Überspitzt formuliert: Große Flotten von riesigen Fischtrawlern, auf denen gleichzeitig auch die Verarbeitung des Fangs stattfindet, ziehen von Region zu Region – bis letztlich jede Region leer gefischt ist und auch die kleinen ortsansässigen Fischer in küstennahen Regionen nichts mehr finden, um sich und ihre Familien ernähren zu können.
Nach einer Studie der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO der UNO aus dem Jahr 2007 befindet sich ein Viertel aller Fischbestände in einem bedenklichen Zustand. Überfischt sind vor allem der Südost-Atlantik, der Südost-Pazifik, der Nordost-Atlantik inkl. Nordsee und Lebensräume des Thunfischs im Atlantik und Indischen Ozean. In diesen Regionen gelten bereits 46 bis 66 Prozent der Bestände als überfischt. Greenpeace verweist darauf, dass die Restbestände von Thunfisch nur noch 10 Prozent betragen (Quelle: Wikipedia).
Besonders dramatisch ist die Situation im Bereich des Nordostatlantiks einschließlich der Nordsee. Der für die Fischerei zuständige EU-Kommissar stellte 2009 fest, dass 88 Prozent der europäischen Fischbestände überfischt sind und sich 30 Prozent möglicherweise nicht mehr erholen können. 93 Prozent des Kabeljaus in der Nordsee würden gefangen, bevor der Fisch sich vermehren kann (Quelle: Greenpeace).
Effektive Maßnahmen gegen Überfischung
Als Maßnahmen gegen Überfischung kommen in Frage:
- Internationale Abkommen zu Fischerei und Handel mit Fischprodukten,
- Einrichtung von Schutzgebieten, in denen nicht gefischt werden darf,
- Begrenzung der Fischerei auf bestimmte Zeitabschnitte im Jahr,
- Festlegung von Mindestmaßen von Maschenbreiten,
- Begrenzung der Fischerei durch Fangquoten.
Internationale Abkommen setzen allerdings voraus, dass alle relevanten Staaten sich zur Umsetzung verpflichten. Mindestmaße von Maschenbreiten bewirken nur, dass kleinere und jüngere Fische hindurchschlüpfen können. Große Fische und Meeressäuger können der Fischerei weiterhin zum Opfer fallen.
Die EU legt zwar Fangquoten fest, allerdings liegen diese deutlich über den wissenschaftlichen Empfehlungen. Die EU subventioniert (mit Hilfe unserer Steuergelder) eine überdimensionierte Fangflotte, die nicht nur in Europa die Meere leer fischt.
Letztlich wird man die Überfischung nur durch Schutzzonen, konsequente Kontrollen und drastische Strafen effektiv in den Griff bekommen können. Greenpeace fordert beispielsweise, 40 Prozent der Meere unter Schutz zu stellen.
Was man als Verbraucher beitragen kann
Allerdings kann auch der einzelne Verbraucher etwas tun. Z.B. indem er nur Fisch aus kontrolliert nachhaltigem Fischfang kauft und bestimmte als überfischt bekannte Fischarten besser gar nicht kauft. Auf Fischereiprodukten findet man heute auch Angaben z.B. zum Fanggebiet, Fangtag, Fangschiff und Anlandehafen.
Greenpeace bietet dazu einen Fischratgeber, der aufzeigt, welche Fische besser nicht gekauft werden sollten. Bedenkenlos essen dürfen wir demnach Karpfen sowie Bachforellen und Regenbogenforellen, die meist in Aquakulturen in Binnenseen oder speziellen Becken gezüchtet werden. Ebenfalls noch gekauft werden dürfen Lachs, Hering oder Thunfisch in Abhängigkeit von Fanggebiet und Fangmethode bzw. vorzugsweise dann, wenn es sich um Fisch aus Aquakulturen handelt. Allerdings sollte man Alaska-Seelachs und Seehecht und auch Aal meiden! (Angaben aktualisiert für 2016.)
Die Aufzucht von Fischen in Aquakulturen ist übrigens nicht automatisch nachhaltig. Beispielsweise werden in Aquakulturen in der Meeresfischerei häufig nur Wildfänge junger Fische bis zur Schlachtreife gemästet. Für Raubfische in solchen Kulturen müssen Futterfische bereitgestellt werden, die wiederum auch aus Wildfang resultieren.
Fischerei-Produkte mit Umweltsiegel
Es gibt verschiedene Umweltsiegel auf Fischereiprodukten, die auf nachhaltige und tierschonende Fischerei hinweisen sollen, darunter MSC, Friend of the See (FOS), fair-fish und SAFE.
Relativ weit verbreitet sind mittlerweile Produkte mit dem MSC-Logo. MSC steht für Marine Stewardship Council (deutsche Internetseite). Die Organisation vergibt ein Umweltsiegel für Fisch, der im Rahmen nachhaltiger Fischerei gefangen wurde. MSC wurde 1997 von Unilever und dem WWF gegründet, ist allerdings seit 1999 davon unabhängig und finanziert sich durch Spenden und Lizenzverträge.
Das MSC-Siegel wird an Fischereiunternehmen vergeben, wenn diese Unternehmen folgende Standards einhalten:
- Nachhaltigkeit, d.h. es wird nur so viel Fisch gefangen wie auch wieder nachwächst.
- Minimierung auch der sonstigen Auswirkungen der Fischerei auf die maritime Umwelt.
- Vorhandensein eines effektiven Fischerei-Managementsystems, das auf eine nachhaltige Nutzung von Ressourcen ausgerichtet ist und schnell auf Bestandsschwankungen reagiert.
Die Zertifizierung erfolgt unter Einbeziehung der Öffentlichkeit, wobei die Einhaltung der Standards durch unabhängige Zertifizierungsstellen gemeinsam mit wissenschaftlichen Experten überprüft wird. Greenpeace kritisiert allerdings, dass MSC das Umweltsiegel auch für Fisch aus überfischten Regionen und für Schleppnetzfischerei vergibt.