Vor kurzem viel mir zufällig ihr Buch in die Hände - 3096 Tage, und ich musste es sofort kaufen und verschlingen. Sie schreibt erst über Ihre recht unglückliche Kindheit, Ihre Probleme damals mit Ihren Eltern und der recht unsicheren Gegend, in der sie aufwuchs. Sie war ein Kind mit wenig Selbstvertrauen.

Gerade an dem Tag, an dem Natascha Kampusch entführt wurde, wollte Sie sich selbst etwas beweisen, und selbstbewusst allein zur Schule gehen. Man kann sich so richtig reinversetzen, wie Sie schreibt, dass Sie eigentlich das Gefühl hatte, sie sollte lieber die Straßenseite wechseln, weil Ihr der Mann seltsam vorkam. Aber da sie ja ab heute stark sein will, unterdrückt sie diesen Impuls, und will an dem Mann vorbeilaufen. Was soll denn schon passieren... Da wird sie auch schon gepackt, und in den Wagen gezerrt.

Eine furchtbare Vorstellung. Wie oft denkt man denn selber, wird schon gutgehen, was soll denn passieren...?

Sie beschreibt im weiteren autentisch Ihre Gefühle und Gedanken, die Ihr durch den Kopf gehen. Oft ist einem unbegreiflich, wie nüchtern das kleine Mädchen darüber nachdenken kann, was Ihr wohl nun passieren wird. Aus Fernsehen und Radio weiß sie von anderen vermissten und auch getöteten Mädchen, und stellt sich auch darauf ein, dass Sie wohl sterben wird.

Natascha Kampusch - 3096 Tage

Doch sie wird nicht an einen Pornoring weitergereicht und misshandelt und getötet, sondern in ein Kellerverließ eingesperrt, aus dem es erst mal kein Entkommen gibt. Das Mädchen arrangiert sich mit der Situation, so gut es geht, und anfangs ist der Täter auch noch einigermassen nett zu Ihr. Sie hat auch immer noch die Hoffnung, dass sie gesucht und gefunden wird.

Im Laufe der Zeit verschwindet diese Hoffnung aber zunehmend, und der junge Mann entwickelt sich immer mehr zu einem absoluten Psychopathen. Auch hier beschreibt Natascha Kampusch recht nüchtern, was sie alles durchlitten hat: Demütigungen, körperliche Gewalt, Essensentzug, Degradierung zum Hilfsarbeiter und später zur Haussklavin. So was sieht man sonst eigentlich nur im Film. Was für kranke Menschen es doch auf dieser Welt gibt.

Da sie alles sehr nüchtern erzählt und auch immer wieder psychologische Aspekte erklärt werden, kommt auch keine Spannung auf, was ich gut finde. Das ganze soll ja schließlich kein spannender Horrorroman werden, bei dem die Nerven blank liegen. Hier geht es um die Realität, und darum, dass diese junge Frau einmal klarstellen will, was sich wirklich zugetragen hat. (Es kamen wohl etliche Gerüchte auf, und die Medien haben das ganze tagelang ausgeschlachtet.)

Herzklopfen bekommt man dann, als sie langsam beschließt, dass das ganze ein Ende haben muss, und sie versucht, selbstbewusster zu werden. Da ist sie plötzlich, die Chance zu fliehen, und sie nutzt sie. Doch die ersten Menschen, die sie auf ihrer Flucht trifft, wollen Ihr gar nicht helfen. Wie furchtbar ist denn das, man schafft es endlich zu fliehen, und Passanten, die man um Hilfe bittet, wechseln die Straßenseite?

Sie flieht weiter in einen Garten und klingelt an einem Haus, und die Frau ist besorgt um Ihren Rasen und frägt, "Warum kommen Sie damit ausgerechnet zu mir?", als Sie darum bittet, dass man die Polizeit ruft.

Ich glaube, dass war für mich das erschütterndste an dem ganzen Buch, dass Ihre Flucht womöglich an der Ignoranz der Menschen noch scheitern könnte. 

Die Verfilmung von 3096 Tage - Trailer

Diese Buch ging mir wirklich sehr nah und ich war emotional total aufgewühlt, aber auch dermaßen erstaunt über diese starke Persönlichkeit. Ich bewundere wirklich, wie Sie das alles gepackt hat.

Ich habe mir danach die Reportage noch rausgesucht, welche mich noch weiter erschütterte. Hier auch noch die Bilder des Verlieses in Natura zu sehen...Gänsehaut!

Ich hoffe wirklich, dass Sie das alles ohne weiteren Schaden überstanden hat, und in Zukunft trotz allem ein glückliches Leben führen kann.

SusanneEdele, am 27.01.2011
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Bildquelle:
Droemer-Verlag ("Wunder muss man selber machen" von Sina Trinkwalder - mehr als ein...)

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