Neue Wege zum Erhalt und zur Nutzung alter Obstsorten
Was Politiker, Wissenschaftler, Fachleute und Gärtner unternehmen, damit die Artenvielfalt von Äpfeln, Birnen, Kirschen und Pflaumen erhalten bleibt.2023 Verringerung der Kirschenernte
Die deutschen Obstbaubetriebe erwarten, so teilt das Statistische Bundesamt (DESTATIS) mit, in Sommer 2023 eine geringere Kirschenernte als im Erntejahr 2022.
Die Betriebe gehen für das Jahr 2023 von einer Gesamterntemenge für Süß- und Sauerkirschen von 45 400 Tonnen aus. Dies entspricht einem Rückgang um 7 Prozent, gegenüber der Vorjahresernte von 48 700 Tonnen und einem Minus von 4 Prozent, gegenüber dem zehnjährigen Durchschnitt von 2013 bis 2022 (47 100Tonnen).
Demnach sind die Ernteeinbußen mit einer früheren Blütezeit und regionalen Spätfrösten zu erklären.
Dass die Ernteeinbußen bei Sauerkirchen geringer ausfielen, wird von den Experten durch stark rückläufige Anbauflächen erklärt.
Bislang werden viele alte Obstsorten, aus unterschiedlichen Gründen, von deutschen Gärtnern und/oder Landwirten nicht mehr angebaut. Ältere Gärtner sind oft entmutigt, weil ihre Kräfte schwinden, der Bedarf nach gutem Obst in der eigenen Familie nicht mehr da ist. Wenn der Name, zum Beispiel der Apfelsorte Agathe von Klanxbüll, der Birne Gute Graue, Dönnissens Gelbe Knorpelkirsche oder der Pflaumenart Anna Späth, in Vergessenheit gerät, verschwindet er ebenfalls aus dem Bewusstsein der Verbraucher. Streuobstwiesen verschwinden aus unserer Kulturlandschaft, so die Experten, sehr schnell. Mit dem Alter ihrer Gärtner erhalten sie immer weniger Pflege und die Bäume verkümmern oft. Manchmal besteht wenig Nachfrage nach ihrem Obst, weil es nicht griffbereit im Supermarkt liegt, sondern vor dem Verzehr gepflückt werden will. Die Wissenschaftler errechnen, dass das Zeitfenster zur Sortensichtung der Obstarten nur wenige Jahre beträgt.
Agathe von Klanxbüll (Bild: Obstmuseum Pomarium Anglicum)
Wie können Obstarten besser überleben?
Wenn in einem Garten ein Obstbaum gefällt wird, ist er heutzutage oft ein Einzelexemplar seiner Sorte. Mit ihm verschwindet manchmal eine ganze Art. Dem entgegen wirken Landwirte und Gärtner oft durch das Anlegen von Streuobstwiesen. Wenn diese plötzlich aus dem Blickfeld verschwindet ist das augenscheinlicher.
Erwiesenermaßen überleben Obstsorten in Gemeinschaft länger. Darum ist es für das Überleben möglichst vieler Obstsorten sinnvoll, Obstplantagen anzulegen.
Für sozial denkende Menschen ist es wiedernatürlich Obstbäume deren Früchte reichlich wachsen und gut schmecken abzuholzen. Besonders in Kleingartenanlagen ist zu beobachten, dass dem durch einem Früchteaustausch und/oder Hilfe bei der Baumpflege, entgegengewirkt wird.
Deutschland hat sich mit einem internationalen Vertrag, der die pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft regelt, zum Erhalt seiner Obstsortenvielfalt verpflichtet.
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Landwirte und Gärtner werden nicht alleine gelassen
Zu den historisch Gewachsenen, als harmonisch empfundenen Kulturlandschaften Deutschlands gehören als besondere Schätze die in die Landschaft eingestreuten Streuobstwiesen, beispielsweise in Ostfriesland und am Bodensee. Besonders in Mecklenburg Vorpommern, dem Alte Land bei Hamburg und der Region am Bodensee, liegen traditionelle Obst-Anbaugebiete.
Viele Naturschützer und Gärtner setzen sich heute für den Erhalt und Neuanpflanzung von Streuobstwiesen ein. Für sie als Praktiker ist es wichtig, von Wissenschaftlern in ihrem Bestreben unterstützt zu werden. Mit diesen und Politikern gemeinsam, können wirksame Rahmenbedingungen zum Erhalt der Obstsortenvielfalt geschaffen werden .
Damit dem Sortensterben Einhalt geboten wird, findet im September 2015, in Dresden, ein Kongress statt. Dort werden, vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und dem Julius-Kühn-Institut (JKI), von Wissenschaftlern, Strategien zum Erhalt der Sortenvielfalt im deutschsprachigen Raum vorgestellt. Es wird zum Diskutieren eingeladen. In drei Workshops zur Sortenechtheitserhebung, der Vertriebsfähigkeit und der Vernetzung werden praktische Erfahrungen vermittelt. Es wird eine Informationsfahrt zur Deutschen Genbank Obst, am JKI in Dresden-Pillnitz, unternommen.
Anna Späth (Bild: Obstmuseum Pomarium Anglicum)
Was durch die Tagung in Dresden erreicht werden soll
Mit dieser Tagung möchten das BMEL und das JKI neue Wege für die Erhaltung und die Nutzung alter Obstsorten aufzeigen. In drei Workshops sollen zusätzlich die Themen Sortenechtheit, Vertriebsfähigkeit und Vernetzung vertieft behandelt werden. Zukunftsfähige Konzepte sind notwendig, damit die extensive Obsterzeugung, zum Beispiel mit hochstämmigen Obstbäumen und alten Sorten, als traditionelle Wirtschaftsweise erhalten bleibt.
Gute Graue (Bild: Obstmuseum Pomarium Anglicum)
Warum der Aufbau einer Gendatenbank für Obst wichtig ist
Die Speicherung von Daten über Obst und Gemüse im Genbanknetzwerk Deutsche Genbank Obst soll dem Verlust alter Obstsorten entgegenwirken. Dort wird die Vielfalt des deutschen Obstes festgestellt und konserviert. Vorrang bei der umfassenden wissenschaftlichen Arbeit haben der Fund und die Sichtung. Dieser Prozess ist lange noch nicht abgeschlossen. Zusätzlich wird betont, dass die Vernetzung der Fachleute und die Dokumentation der Sortenvielfalt, verbessert werden müssen. Neben der Grundsicherung der Daten in einer Datenbank ist die Nutzung der Obstsorten, im Anbau, bei der Zucht, die Forschung und Ausbildung von Fachkräften ein weiterer dauerhafter Schritt zum Erhalt möglichst vieler Obstsorten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass jede Sorte, neben dem genetischen, auch einen kulturellen Fingerabdruck hat. Dieses traditionelle Wissen über die besonderen Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten von Obst, über welches zum Beispiel Gärtner, Köche und Hausfrauen verfügen, ist im regionalen Kulturgut niedergelegt.
Hier der Zugang zu einer Datenbank alter Obstsorten.Obstmuseum Pomarium Anglicum. Das Pomarium Anglicum, ist ein "lebendes" Obstmuseum in Sörup in Schleswig-Holstein, in dem zum Beispiel mehr als 700 verschiedene Apfelsorten, in einer Genbank, gespeichert sind.
Meinungen und Initiativen der verantwortlichen Politiker
Der Minister für Ernährung und Landwirtschaft, Christian Schmidt startete 2015 in der Oberpfalz einen Bürger-Dialog. Er wollte von den dort lebenden Bürgerinnen und Bürgern erfahren, was für sie zu einem gutes Leben auf dem Land gehört. Gemeinsam mit der Bundesumweltministerin Barbara Hendricks eröffnete er in Berlin einen Kongress, bei dem die Wichtigkeit von Grün in der Stadt Berlin erörtert wurde. Bei der Diskussion mit Fachleuten aus Politik, Wissenschaft, Verwaltung und Praktikern aus Bund, Land und Kommunen, erörterten sie die Bedeutung des Grüns in der integrierten Stadtentwicklung. Auch für Barbara Hendricks sind urbane Grünflächen und Schutzräume in der Stadt wichtig. Sie seien für eine zwanglose Begegnung und Kommunikation ebenso wertvoll, wie für eine geistige und körperliche Erholung. Sie seinen zunehmend als Frischluftschneisen, zur Luftreinhaltung und Temperaturregulierung wichtig.Sie betont, dass diese grünen Schutzzonen die Artenvielfalt von Tier und Pflanzen unterstützen. Christian Schmidt betont, dass neue Konzepte für urbane Grünflächen in der Zukunft gebraucht werden. Er zeigt auf, dass die wachsenden Städte der Zukunft Grünanlagen, als ökologische Lunge der Stadt und soziales Herz der Bewohner, dringend benötigen.
Bildquelle:
Apfelbaum, Monika Hermeling
(Obstbäume, Laubbäume, Gehölze selber schneiden)
©Monika Hermeling
(Sind Bärlauch, Salat und Äpfel Lebewesen?)