Nichtraucher werden - Über Nikotin und das Suchtgedächtnis

Nichtraucher werdenDas, was viele von uns aus Neugier, Coolheit oder aus Trotz angefangen haben, wächst irgendwann zu einem akzeptierten Teil unseres Alltags heran, und erst nachdem wir vollständig davon abhängig sind, bemerken wir, dass es sich eigentlich um eine sehr lästige Angewohnheit handelt, die wir nur zu gerne wieder loswerden möchten. Die Rede ist vom Rauchen.

 

Nikotin ist die Wurzel allen Übels

Zigaretten enthalten alle möglichen schädlichen Substanzen, der für die Sucht verantwortliche Inhaltsstoff ist aber einzig und allein das Nikotin.

Es handelt sich dabei um ein stark wirkendes Nervengift, dass ein natürlicher Bestandteil der Tabakblätter ist, vermutlich aus dem Grund, die Tabakpflanze vor Schädlingen zu schützen – also ein natürliches Pestizid – und wir nehmen es freiwillig zu uns. Herzlichen Glückwunsch!

Im Gegensatz zu anderen "Drogen" wie Alkohol ruft der Nikotinkonsum keine Bewusstseinsveränderung hervor. Seine Wirkung ist hauptsächlich physiologischer Natur: der Herzschlag beschleunigt sich, die Blutgefäße verengen sich, darüber hinaus werden vermehrt die Neurotransmitter Dopamin und Serotonin ausgeschüttet, die im Volksmund zwar als "Glückshormone" bezeichnet werden, aber nicht in direkter Beziehung zu einer euphorischen Bewusstseinsveränderung stehen.

Selbst einem Raucher fällt es oftmals schwer zu sagen, warum er reicht. Es ist kein Rausch, es ist kein Glücksgefühl damit verbunden. Die häufigste Aussage ist "Weil es mir schmeckt", "Weil es mir Spaß macht", aber die Wahrheit, nämlich den Satz "Weil ich nikotinabhängig bin" hört man nur von den Rauchern, die eigentlich am liebsten von dem Glimmstengel loskommen würden – es aber trotz mehrerer Versuche noch nicht geschafft haben.

Warum aufhören?

Warum und ob es sinnvoll ist, mit dem Rauchen aufzuhören, muss jeder für sich selbst wissen. Dieses Essay ist kein Gesundheitsratgeber. Jeder Raucher weiß, dass Zigaretten auf Dauer schädlich sind. Vielmehr versteht sich dieses Essay als Wegweiser, um erfolgreich vom Nikotin loszukommen.

Dieses Kapitel ist gleich der erste Ansatzpunkt: ein Raucher, der aufhören möchte, muss für sich selbst einen guten und vor allen Dingen überzeugenden Grund finden, warum er aufhören möchte. Das alleinige Wissen, dass Rauchen schädlich ist, hilft dabei offenbar recht wenig.

Vor Deiner Karriere als Nichtraucher solltest Du Dich also in Ruhe hinsetzen und mindestens einen guten Grund finden, warum Du aufhören möchtest zu rauchen.

Es gibt tausend gute Gründe, dennoch kann es sein, dass keiner dieser Gründe Dich wirklich überzeugt. Nimm zum Beispiel die Kosten für das Rauchen. Zigaretten sind teuer, und dass die Preise in Zukunft sinken werden, ist ziemlich unwahrscheinlich. Ein guter Grund ist also das Geld, dass Du durch das Nichtrauchen sparst. Doch ist es das tatsächlich? Wenn Du genügend Geld hast, weil Du zu den besser Verdienenden gehörst, dann wird Dich dieser Grund kaum derart überzeugen, dass Du eine gesunde Basis für Deinen Nikotinentzug hast.

Wie bereits geschrieben: jeder muss seinen eigenen Grund finden, warum er mit dem Rauchen aufhören möchte.

Bevor Du also weiterliest oder gar Deine letzte Zigarette ausdrückst, finde einen wirklich triftigen Grund! Es gibt ihn! Für jeden von uns! Du musst ihn lediglich suchen.

Kontrollierter oder kalter Entzug?

Du hast also einen Grund gefunden, der Dich motiviert, ernsthaft mit dem Rauchen aufzuhören? Gut! Nun stehen Dir im wesentlichen zwei Methoden zur Verfügung: Der kontrollierte und der kalte Entzug.

Der Begriff "kalter Entzug" bedeutet, dass Du sofort aufhörst, die letzte Zigarette ausdrückst, lächelst und nie wieder eine Kippe zwischen die Lippen nimmst. Klingt einfach. Viele Raucher haben es auf diese Weise auch tatsächlich geschafft, mit dem Rauchen aufzuhören, aber diese Methode ist auch hart, denn die fehlenden Zigaretten kommen daher mit Entzugserscheinungen. Im Gegensatz zu Alkohol oder vielen harten Drogen sind die körperlichen Symptome wie Zittern, Schwitzen und dergleichen, vernachlässigbar. Viel schlimmer für uns Raucher ist das "Craving": der scheinbar unbesiegbare Wille, eine rauchen zu wollen.

Jeder Raucher kennt das. Man sitzt in einem Meeting, im Flugzeug oder im Kino und auf einmal überkommt einen die Lust auf eine Zigarette. Ziehend, stechend, quälend. Dieses Gefühl ist kaum auszuhalten und wird scheinbar(!) erst dann besser, wenn wir tatsächlich eine Zigarette rauchen.

Aus diesem Grund versuchen viele Raucher das, was Mediziner mit Medikamenten hohen Abhängigkeitspotentials machen: sie versuchen ihren Konsum nach und nach zu reduzieren, die Zigaretten sozusagen "auszuschleichen".

Theoretisch gesehen macht es durchaus Sinn, den Konsum nach einem vorher aufgestellten Plan in regelmäßigen Intervallen zu reduzieren. Merkwürdigerweise funktioniert dieses Ausschleichen bei Medikamenten sehr gut, in Bezug auf Zigaretten scheint es aber eher zweifelhaft.

Das mag damit zu tun haben, dass das Rauchen nicht allein eine stoffgebundene Sucht (Nikotin) ist, sondern ebenso verhaltenorientiert. Das zeigt sich unter anderem daran, dass Raucher durchaus eine Zigarette rauchen, wenn sie von einem Freund / Kollegen eine angeboten bekommen, obwohl sie erst kurze Zeit zuvor geraucht haben und ihr Nikotinspiegel noch dementsprechend weit oben ist.

Für den Raucher lässt sich offenbar sehr schwer unterscheiden, warum er zu einer Zigarette greifen möchte: weil sein Nikotinspiegel abgesunken ist, oder weil eine bestimmte Situation vorliegt. Diese Unsicherheit ist es, die das Ausschleichen so schwer macht.

Der bessere Weg scheint also der kalte Entzug zu sein.

Entzugslinderung

Wie im letzten Abschnitt erklärt, sind es eigentlich zwei Süchte, die den Raucher während des Entzugs quälen: einmal die rein stoffgebundene Nikotinabhängigkeit und auf der anderen Seite die psychische Abhängigkeit.

Die körperliche Abhängigkeit ist meiner Meinung nach bei weitem nicht so wild wie die psychische. Dennoch ist es quälend, wenn man versucht, seinen Geist unter Kontrolle zu halten, das Unterbewusstsein davon zu überzeugen, dass man ja eigentlich nicht mehr rauchen möchte, und sich im gleichen Augenblick der Körper meldet und nach Nikotin schreit.

So etwas ähnliches dachte sich wohl auch die Pharmaindustrie und hat diverse Medikamente auf den Markt gebracht. Zu denen, die man in der Apotheke rezeptfrei kaufen kann, gehören

  • Nikotinpflaster

  • Nikotinzigaretten

  • Nikotinhaler

Alle Medikamente haben nur einen Zweck: Die Dämpfung der körperlichen Symptome nach Nikotin, so dass sich der entziehende Raucher ganz auf seine Psyche konzentrieren kann.

Ich habe viele Raucher sagen hören: "Das geht nicht. Bei mir wirkt das nicht!" Dem möchte ich widersprechen. Alle Nikotinsubtitutionspräparate wirken durchaus. Das, was sich meldet, ist lediglich das Unterbewusstsein, dass nach Nikotin schreit.

Ich persönlich habe es mit Nikotinkaugummis versucht und sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Zu Beginn habe ich mir einen Plan aufgestellt. Mein Ziel war es jede Woche die Kaugummis zu reduzieren. Immer wenn der Reduktionstag war, fiel mir das Nichtrauchen schwerer als sonst, aber im Laufe der Woche hatte ich mich dann soweit an die reduzierte Nikotinmenge gewöhnt, dass ich den Kaugummi weiter ausschleichen konnte. Mein Plan sah wie folgt aus:

  • 1. Woche: Stündlich 1 Kaugummi (4 mg)

  • 2. Woche: Alle 90 Minuten 1 Kaugummi (4 mg)

  • 3. Woche: Alle 2 Stunden 1 Kaugummi (4 mg)

  • 4. Woche: Alle 2 Stunden 1 Kaugummi (2 mg)

  • 5. Woche: Alle 3 Stunden 1 Kaugummi (2 mg)

  • 6. Woche: Alle 4 Stunden 1 Kaugummi (2 mg)

  • 7. Woche: Alle 6 Stunden 1 Kaugummi (2 mg)

  • 8. Woche: Alle 12 Stunden 1 Kaugummi (2 mg)

Das Suchtgedächtnis

Wie schon gesagt: Nikotinsubstitution funkioniert, und Kaugummis lassen sich – im Gegensatz zu Zigaretten – tatsächlich herunterdosieren.

Das, was bleibt, ist das Suchtgedächtnis. In regelmäßigen Abständen schlägt es zu und flüstert Dinge wie "Komm schon, eine einzige Zigarette kannst du doch rauchen."

Es ist extrem wichtig, dieser inneren Stimme zu widerstehen. Ich denke, jeder macht das auf seine eigene Ar und Weise. Während sich die einen versuchen abzulenken, diskutieren andere Leute mit der Stimme und halten sich selbst die positiven Aspekte des Nichtrauchens vor Augen.

Wie auch immer man mit dem Suchtgedächtnis umgeht, eines ist extrem wichtig: Man muss sich darüber im Klaren sein, dass es irgendwann zuschlägt, und dass es lügt und betrügt. Gedanken wie "Mist, wenn ich niemals mehr im Leben rauchen kann, dann habe ich keinen Spaß mehr" sind Lügen. Millionen anderer Menschen haben sehr wohl Spaß, auch ohne Zigaretten. Es ist wichtig, ganz extrem wichtig, dem Suchtgedächtnis und seinen Lügen entweder zu widersprechen oder es komplett zu ignorieren.

 

Autor seit 13 Jahren
7 Seiten
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