Dabei sollte für attraktive Single-Frauen im besten Heiratsalter doch nichts einfacher sein, als den perfekten Partner zu finden: Emanzipiert, erfolgreich im Job, selbstbewusst. Moderne Medien wie Internet-Partnerbörsen oder Flirt-Apps unterstützen dabei, die Auswahl potenzieller Partner zu erweitern und die Spreu vom Weizen zu trennen. Wieso, zum Amor, ist es dann für viele junge Frauen so verdammt schwierig, den Traumpartner zu finden? Oder mehr noch: Überhaupt einen Partner zu finden?

Dieses Dilemma bringt vielleicht ein oft zu lesender Spruch auf den Punkt: "Wann kommt denn nun endlich der blöde Prinz auf seinem dämlichen Gaul?"

Darauf weiß die amerikanische Journalistin Lori Gottlieb eine wenig romantische Antwort: Niemals. Denn: Eben jene Traumprinzen existieren lediglich in der Vorstellung einer von TV-Serien wie "Sex and the City" und zahlreichen einschlägigen Romanen und Magazinartikeln zu Pseudo-Prinzessinnen verzogenen Gesellschaft. Als Gottlieb 2008 ihren Artikel "Marry Him: The Case for Settling for Mr. Good Enough" im Magazin "Atlantic Monhly" veröffentlichte, war sie wohl selbst erstaunt von dem hervorgerufenen Echo. Sowohl begeisterte Zustimmung, als auch empörte Ablehnung schlugen ihr entgegen. Konsequenterweise erweiterte sie ihren Artikel zu einem auf Deutsch als "Nimm ihn! Einen Richtigeren findest du nicht" erschienen Buch, dessen Fazit bereits im Titel steckt.

Und trotzdem, auch wenn man ihren Thesen nicht zustimmen sollte, lohnt sich die Lektüre. Gegen den Zeitgeist getrimmt, unternimmt Gottlieb den Versuch, ein ihr anfangs unverständliches Paradoxon zu lösen: Wieso bleiben immer mehr attraktive, erfolgreiche Frauen Single und gelangen über das Stadium wechselnder Kurzzeitpartner nicht hinaus? Hierbei könnte einen Mitteleuropäer natürlich die Annahme befremden, dass Frauen geheiratet werden wollen. Tatsächlich ist der Stellenwert einer Hochzeit in den USA allerdings ungleich höher als in Mitteleuropa, wo es mittlerweile völlig normal geworden ist, jahrzehntelang ohne Trauschein, ja, sogar ohne Nachwuchs zusammenzuleben.

Gesucht, gefunden!

Gesucht, gefunden! (Bild: https://pixabay.com)

Diesen kulturellen Unterschied im Hinterkopf, liest sich Gottliebs "Nimm ihn! Einen Richtigeren findest du nicht" wunderbar leicht. Ihr Bestseller gewinnt auch dadurch an Authentizität, indem sie ihre eigene (zumindest bei Drucklegung des Buches) vergebliche Jagd auf Mr. Perfect als Aufhänger nützt. Obwohl sie mit 38 Mutter eines Sohnes geworden war und sich regelmäßig verliebte, hatte kein Mann ihren Ansprüchen genügt. Kein Wunder, angesichts einer ellenlangen Wunschliste ans Universum, wie ihr Traumprinz sein müsse.

Genau das, so Gottlieb, sei das größte Problem von Frauen bei der Partnersuche: Männer müssten in jeglicher Hinsicht perfekt sein, gleichzeitig jedoch die Frauen selbst mit all ihren kleinen Schwächen und Eigenheiten bedingungslos akzeptieren.

Ein Mann, der kleiner als die Frau ist? Geht gar nicht! Sie will ja auch mal Stöckelschuhe tragen, und wenn sie dabei ihren Partner weit überrage, wie sähe das denn aus?

Er liest Comics und mag Science-Fiction-Filme? Danke, ich will doch keinen im Teenager-Alter steckengebliebenen Partner!

Unrealistische Ansprüche: Frauen bei der Partnersuche

Natürlich liest sich die These, Frauen seien viel zu anspruchsvoll bei der Partnersuche und sollten sich durchaus mit einem "Durchschnittsmann" zufriedengeben, provokant und lädt zu Missverständnissen ein. Gottlieb hält es keinesfalls für falsch, hohe Ansprüche zu stellen, und schon gar nicht legt sie Frauen nahe, sich dem erstbesten Heiratskandidaten an den Hals zu werfen. Vielmehr möchte sie ein Bewusstsein für eine realistische Partnersuche schaffen, sprich: Nicht Mr. Perfect, sondern Mr. gut genug entspricht der Realität. Auf den Punkt bringt sie dies mit einer Analogie: Beim Kauf eines Kleidungsstücks entscheidet man sich nach Abwägung mehrerer Faktoren – Preis, Schnitt, Farbe, etc. – für das passende Stück, anstatt erfolglos nach der perfekten Hose zu suchen, die nicht nur die günstigste, sondern auch die modischste und qualitativ beste ist.

Dem Vorwurf, sie würde gegen die mühsam erworbene Emanzipation anschreiben und Frauen darauf reduzieren, sich dem Erstbesten hinzugeben, begegnet sie mit der Gegenfrage, was denn besser sei: Frustriert alleine zu bleiben, oder mit dem nicht ganz perfekten, aber passenden Ehemann eine Familie zu gründen. Gerade bei diesem Punkt rührt sie in einer Wunde, bleibt doch die Zeit für niemanden stehen, auch nicht für attraktive Frauen, die oft partout nicht einsehen wollen, mit weitaus jüngeren Frauen nicht mehr konkurrieren zu können, sobald die 40 naht oder bereits überschritten wurde. Dann ist es oftmals zu spät und die Reue – hätte ich doch den netten Typen vor zehn Jahren genommen, der inzwischen verheiratet und Familienvater ist – folgt dem Versäumnis auf den Fuß.

Kompromisslos? Partnerlos!

Auch mit dem Mythos der ewigen Liebe, dem steten Herumflattern von Schmetterlingen im Bauch, räumt Lori Gottliebs "Nimm ihn! Einen Richtigeren findest du nicht" auf. Jedes Verliebtsein weicht irgendwann dem Alltag. Dies bedeute ja nicht zwangsläufig das Ende romantischer Gesten oder Liebesbeweise. Die Hollywood-Illusion ewiger Romantik hat hingegen nichts mit der Realität zu tun. Erst hier erweise sich, wie fest die Partnerschaft verankert sei: Hält sie dem Alltag mit all seinen Problemen stand? Diskutabel ist natürlich, ob man beispielsweise arrangierten Hochzeiten wie in Indien auch positive Aspekte abgewinnen kann, nämlich jene, dass die Partnersuche entfalle und sich das Ehepaar mangels Alternativen aneinander gewöhne.

Unrealistisch: Jeden Tag Romantik pur!

Unrealistisch: Jeden Tag Romantik pur! (Bild: https://pixabay.com/)

Übrigens will Gottlieb ihren Bestseller ausdrücklich nicht als Anleitung zur Partnersuche verstanden wissen. Dennoch bringt sie viele Beispiele befreundeter Frauen oder anonym befragter Single-Frauen dafür, wie man bei der Partnerauswahl stets scheitern kann, was im Umkehrschluss wertvolle Tipps für eine erfolgreiche Suche liefern könnte. Das Zauberwort lautet hierbei allerdings nicht "Schmetterlingsschwärme im Bauch" oder "er muss perfekt sein", sondern: Kompromisse eingehen. Wenn Frau sich an seiner beginnenden Glatze und seiner übergroßen Nase stößt, warum erwähnt er ihr Hüftgold und die grauen Strähnen mit keinem Wort? Weil Männern oftmals kompromissbereiter sind.

Man muss (und sollte) Lori Gottliebs Ansichten und Schlussfolgerungen nicht unbedingt zustimmen. Andererseits sollte es auch nicht als literarische Gegenbewegung zur Selbstbestimmung der Frau missinterpretiert werden, sondern als Plädoyer für mehr Kompromissbereitschaft bei der Partnersuche. Gerade als Denkanstoß dafür, die eigene Sichtweise ein Stückchen weit zu verändern und somit neue Horizonte zu erblieben, eignet sich "Nimm ihn! Einen Richtigeren findest du nicht" vorzüglich. Jedenfalls so lange, bis endlich der Prinz auf seinem blöden Gaul eintrifft.

Ich bin ein Prinz! Ganz, ganz ehrlich!

Ich bin ein Prinz! Ganz, ganz ehrlich! (Bild: https://pixabay.com)

Hat Lori Gottlieb recht? Sind Frauen zu anspruchsvoll?
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