Unterschied zwischen "echtem" Waffenschein und kleinem Waffenschein

Welche Waffe werdet Ihr Euch holen, wenn Ihr den kleinen Waffenschein in der Hand haltet? Eine präzise M4A1, die vielfältig bekannte AK47, eine handliche Walter PPK oder einen dieser Taser, von dem die Opfer so schön zucken?

Das Gesetz sagt: Weder noch!

Der kleine Waffenschein dient lediglich zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen. Darunter fallen alle Waffen mit einer Kennzeichnung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB). Diese sind geprüft und somit garantiert nicht lebensgefährlich für Menschen.

Für den Erwerb des kleinen Waffenscheins müsst Ihr volljährig, straffrei und "clean" sein.

 

Dann stellt sich jetzt sicher Einigen die Frage: Wie bekomme ich einen großen Waffenschein zum Erwerb vollwertiger Schusswaffen?

Die Antwort ist: Glücklicherweise gar nicht. In Deutschland kann laut Waffengesetz nicht jeder eine Schusswaffe erwerben, sondern nur Personen, die ein Bedürfnis dafür nachweisen können. Das gilt beispielsweise für Jäger oder Sportschützen sowie besonders gefährdete Personen. Und nein, es gilt niemand als besonders gefärdet, weil sich in seinem Stadtteil auch andere Menschen aufhalten.

 

Welche Alternativen zum Waffenschein existieren und welche zur Selbstverteidigung geeigneten Gegenstände jeder von Euch mitführen darf, davon soll dieser Artikel handeln. Umfangreichere Informationen findet Ihr auf Defport.

Die rechtliche Lage der Schreckschusswaffen

Die Notwehrregelung §32 StGB besagt: "Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden."

Außerdem heißt es: "Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig."

Das sagt uns jetzt, dass die Verwendung einer Reizstoffwaffe oder Schreckschusspistole durch das Vorhandensein eines rechtswidrigen Angriffs erlaubt wird, wenn diese hilft, den Angreifer abzuwehren.

 

Für das Mitführen allerdings braucht Ihr dringend einen kleinen Waffenschein, weil Ihr ansonsten gegen §42a WaffG verstößt. Wiederum gilt ein Angriff mit einer Waffe, auch bei Reizstoffwaffen, in fast allen Fällen als "gefährliche Körperverletzung". Sollte das Gericht Eure Situation also nicht als Notwehr anerkennen, könnt Ihr mit einer empfindlichen Strafe rechnen.

 

Noch nebenbei: Das Führen von sämtlichen Waffen als auch anderen gefährlichen Gegenständen, wie Messer, Schlagstöcke und Tränengas, ist bei öffentlichen Veranstaltungen laut §42 des Waffengesetztes generell verboten.

Ergibt sich das Problem: Wie also bekommt Ihr Eure geladene und entsicherte Schreckschusswaffe in das Kaufhaus, zur Konzerthalle oder auf das Volksfest, ohne im Voraus bereits eine Straftat begangen zu haben?

Gefährliches St. Pauli (Bild: Gerrit van Aaken / Flickr)

Muss alles, was mit Waffen in Verbindung steht, so kompliziert sein?

Diese Antwort ist einfach: Ja, weil es funktioniert.

Das deutsche Waffengesetz wurde nach dem Amoklauf am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt sorgfältig überarbeitet, besonders im Bereich des Erwerbs und der Lagerung von Schusswaffen. So ist der Kauf einer Schusswaffe nicht mehr vor dem 21. Lebensjahr möglich, vor dem 25. Lebensjahr wird eine medizinisch-psychologische Untersuchung fällig und Vorderschaftrepetierflinten (Pumpguns) wurden komplett verboten.

 

Jetzt werden einige mit dem Argument kommen, dass das System nicht funktioniert, weil der Schütze in München ja auch an eine scharfe Waffe gekommen ist. Das ist richtig, aber dieser junge Mann war besonders kreativ und benutzte eine entschärfte Theaterpistole, die er in mühseliger Kleinstarbeit wiederherstellte.

Wenn wir also danach gehen, was passieren könnte, müsste man alles verbieten, was im entferntesten in der Lage ist, ein Geschoss abzufeuern. Bastler und Psychopaten sind sehr kreativ, wenn es um das Erreichen ihrer Ziele geht.

 

Wir in Deutschland verschärfen das Waffenrecht, wenn Schüler mit scharfen Schusswaffen umherlaufen, damit nicht noch mehr von ihnen in den Besitz gelangen. In den US-Amerikanischen Staaten werden einfach die Lehrer bewaffnet.

Jedes Volk hat seinen eigenen Ansatz.

Welche Alternativen zum Waffenschein gibt es?

Da die Gaspistolen ja nun offensichtlich nicht das perfekte Mittel sind, sich auf der Straße zu verteidigen und der Erwerb eines Waffenscheins Jahre dauern kann, müssen die Deutschen wohl zu anderen Mitteln greifen.

 

Eine wirkungsvolle Alternative ist das Tränengas (seltener, da uneffektiver) oder Pfefferspray. Zwar muss es laut Hersteller zur Verteidigung gegen Tiere verkauft werden (da es sonst als Waffe gilt und der Käufer einen kleinen Waffenschein benötigt), aber durch das Notwehrrecht legalisiert sich die Benutzung gegen einen Menschen, wenn dieser den sogenannten "rechtswidrigen Angriff" startet.

Bei der Nutzung eines Reizstoffes allerdings könntet Ihr wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt werden, wenn Ihr nicht eindeutig beweisen könnt, dass Ihr zuerst angegriffen wurdet. Also vorsicht!

 

Die Benutzung von Schlagstock, Tacticalpen (siehe Bild unten) oder Selbstverteidigungsschirm ist zwar in erster Linie zur Selbstverteidigung erlaubt, jedoch ist mit allen Schlagwaffen Vorsicht geboten. Es besteht die Gefahr, den Angreifer deutlich mehr zu verletzen, als es nötig wäre, um den Angriff abzuwenden, womit Ihr Euch ebenfalls strafbar macht. Das Gleiche gilt für die Benutzung von Alltagsgegenständen wie beispielsweise Glasflaschen.

 

Zur Nutzung von Elektroschockern kann ich nur sehr begrenzt raten. Erstens sind die legal erhältlichen Varianten auf Kontakt angewiesen, um einen Elektroschock auszuteilen und müssen damit an den Körper des Angreifers angelegt werden. Zweitens besteht bei schlechter Handhabung die Gefahr der Entwaffnung oder der Selbstverletzung. Außerdem entladen sich die Batterien, wenn der Schocker über Jahre nicht benutzt wird und geben dann möglicherweise im Ernstfall auf.

 

Das Erlernen einer Kampfsportart dauert zwar deutlich länger als die Bestellung einer Waffe, bietet dafür aber ausschließlich Vorteile. Ihr lernt nicht nur, Euch effektiv zu verteidigen, sondern auch, entstehende Gewaltsituationen zu entschärfen und, falls nötig, Eure Gegner mit wenig Gewalteinwirkung unschädlich zu machen. Kampfsportunterricht gibt Euch die nötige Sicherheit, nicht vor allem und jedem Angst haben zu müssen und lässt Euch so ruhiger durch den Alltag gehen.

Tacticalpen (Bild: 64MM / Flickr)

Fazit

Wie man's macht, macht man's verkehrt.

Der Notwehrparagraph erlaubt alle Gegenstände, die zur Verteidigung nötig sind und das Waffengesetz verbietet es, die meisten davon überhaupt erst mitzuführen. Im Zweifelsfall solltet Ihr Eure Waffe dann doch lieber zuhause lassen, da Verstöße gegen das Waffengesetz keine kleinen Ordnungswidrigkeiten, sondern echte Straftaten sind.

Besonders bei der Verwendung von Waffen zur Selbstverteidigung ist Vorsicht geboten. Kamerahandys sind überall, besonders im Zeitalter der Pokemon-Trainer und ein Auslöser ist sehr schnell gedrückt. Lasst Ihr Euch im falschen Moment bei Eurer Notwehr fotografieren, steht Ihr schnell auf der anderen Seite des Gerichtssaals.

 

Wer von Euch nun genau wissen will, wie weit der Weg zum Waffenschein ist, kann sich zum Beispiel der Bücher von André Busche bedienen. Ihr werdet aber feststellen müssen, dass diese Option eigentlich keine wirkliche Alternative ist.

Erstens dauert es eine lange Zeit, bis Ihr die Erlaubnis zum Erwerb einer Schusswaffe bekommt. Zweitens ist der Einsatz zur Selbstverteidigung in fast keinem Fall gerechtfertigt. Die einzige Ausnahme wäre, wenn Ihr diese Schusswaffe gegen einen bewaffneten Amokläufer einsetzt, um diesen zu stoppen, aber das sollten wir vielleicht lieber den Leuten von der Polizei und den Spezialkräften überlassen, oder?

Die schießen am Ende besser, wenn es darauf ankommt.

RufusRavenheart, am 26.08.2016
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Bildquelle:
Xste35 (Asiatische Kampfsportarten - Überblick und Unterschiede)

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