Keine Verschwörungstheorie, sondern Verschwörungspraxis

Perfekter hätte der Zeitpunkt des neuen Smartphones nicht gewählt sein können. Nur wenige Wochen nach der eher unspektakulären Präsentation des iPhone 6, bestätigte der US-Geheimdienst NSA die monatelang als "absurde Verschwörungstheorien" kommentierten Gerüchte und stellt sein erstes eigenes Handy vor: Das SpyPhone! Wer annimmt, es handle sich um einen billigen Apple-Klon, irrt doppelt: Zum einen kann der Preis von $ 400 bzw. umgerechnet € 800 locker mit dem – noch? – berühmteren Smartphone mithalten. Für Lifestyle-Fetischisten wichtiger: In Punkto Ausstattung lässt das SpyPhone die Konkurrenz alt aussehen!

Begeisterter SpyPhone-User: "Man kann damit sogar telefonieren!" (Bild: http://pixabay.com/)

James Bond inspirierte zum außergewöhnlichen Design

Bereits das außergewöhnliche Design lässt ahnen, wie viel Schweiß, Gedankenkraft und Steuergeld in das SpyPhone geflossen sind. Stolz erklärt NSA-Direktor Dick Cock auf Anfrage, wie das Entwicklerteam des Geheimdienstes das rechteckige Design neu erfunden hat: "Die ersten spiegelglatt abgerundeten Exemplare flutschten den Probanden stets aus den Händen. Wir standen vor dem kniffligen Problem, wie man das SpyPhone über einen längeren Zeitpunkt halten und gleichzeitig nutzen konnte."

Die zündende Idee kam, wie so oft, von unvermuteter Seite: "Es mag wie ein Witz klingen, ist aber tatsächlich wahr. Einem unserer Ingenieure fiel beim Anschauen eines Filmes aus unserer Dokumentarreihe ‚James Bond‘ auf, dass der Geheimagent in einer bestimmten Szene in ein rechteckiges Funkgerät sprach, was offenbar mit keinerlei haptischen Problemen verbunden war."

Anfangs lachten ihn seine Kollegen aus, doch als sich die rechteckige Form als überlegen herausstellte, verstummten die Unkenrufe rasch, erinnert sich Cock schmunzelnd: "Unsere Leute kamen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. In ihrer Begeisterung und in ihrem Feuereifer tauschten sie deshalb die kreisrunden Räder an unseren Armeefahrzeugen mit rechteckigen, was sich als suboptimal herausstellte. Aber mir ist lieber, Fehler zu begehen und daraus zu lernen, als stur einen vor Jahrtausenden eingeschlagenen Weg zu verfolgen."

Auch der Startschuss zur Entwicklung des SpyPhones erfolgte auf ungewöhnlichem Wege, wie Cock erklärt: "Als bürgernahes Serviceunternehmen sind uns die Anliegen unserer Mitmenschen Verpflichtung, unser Angebot im Sinne des Dienstleistungsgedankens zu erweitern. Vor ein paar Monaten sagte ein US-Bürger, der anonym bleiben möchte, dessen Name uns aber natürlich bekannt ist: 'Wenn ihr mich schon rund um die Uhr abhört, könnt ihr doch gleich ein Handy herstellen und euch den Umweg über andere Produzenten ersparen'."

Der Gedanke gefiel Cock und gab wenig später die Entwicklung des SpyPhones in Auftrag. Eine Entscheidung, die er trotz Kritik keine Sekunde lang bereute. "Natürlich hagelt es erst einmal Kritik, wenn man die konventionellen Wege verlässt. Aber wenn nur jeder dritte Weltbürger ein SpyPhone nutzt, ersparen wir uns so viele Überwachungsressourcen, dass die Entwicklungskosten binnen weniger Jahrzehnte eingespielt werden könnten."

Wie hoch diese gelägen haben, will uns Cock nicht verraten, aber: "Die kolportierte Summe von 10 Milliarden Dollar ist weniger akkurat, als die von der NY Times angegebenen 7 Milliarden, sofern man die potenzierte Quadratwurzel der von Verschwörungstheoretikern ins Spiel gebrachten fünf Milliarden in Korrelation zum Mondscheinfaktor bringt", drückt sich der NSA-Direktor etwas kryptisch aus.

Dichter als Goethe

Natürlich erschöpft sich damit nicht die technologische Raffinesse des SpyPhones. Viele Handy-Benutzer haben schon unliebsame Bekanntschaft mit der Inkompatibilität von empfindlicher Elektronik und Wasser geschlossen. So manches Smartphone wird beim Telefonieren unter der Dusche nass, was schnell zu elektronischen Defekten führt. Bei einem mehrere hundert Euro teuren Handy ein herber Verlust, wie NSA-Produktentwickler Jason Voorhaud weiß: "Die meisten Geräte gehen bereits dann kaputt, wenn sie in ein Aquarium fallen. Darum war es uns wichtig, ein Produkt zu erschaffen, das der Angst der Benutzer, ihr Handy mit einem Stück Kuchen zu verwechseln und in den heißen Kakao zu tunken, Rechnung trägt."

Das SpyPhone ist deshalb wasserdicht und kann auch von Tauchern bis zu einer Meerestiefe von 800 Metern zum Telefonieren oder SMS versenden genutzt werden. "Das sind keine leeren Versprechen", betont Voorhaud, während er auf seinem Privathandy Nachrichten an seine heimliche Geliebte sendet, von deren Existenz seine Frau Linda angeblich nichts wisse, wie er uns vier Biere später gesteht. " Wir haben den Prototyp so lange ausgiebig getestet, bis unsere hohen Qualitätsansprüche erfüllt werden konnten."

Als Probanden standen, wie er stolz erklärt, Mitarbeiter aus zumeist islamischen Ländern zur Verfügung. "Bei uns stehen Menschen im Mittelpunkt, nicht die Technik! Deshalb war es für uns ein klares Bekenntnis zur Globalität und ein Zeichen gegen Rassismus und Ausgrenzung, muslimische Mitbürger in unsere Forschungen einzubeziehen."

Vorwürfe, wonach es sich bei den Versuchsreihen um Waterboarding und bei den Probanden um Strafgefangene auf Guantanamo gehandelt habe, weist Voorhaud mit nonchalanter Handbewegung zurück. "Das sind typisch anti-amerikanische Reaktionen von Mitbewerbern, die uns als ernsthafte Konkurrenz fürchten. Sämtliche Probanden gaben ihr schriftliches Einverständnis zu den Testreihen. Ich kann Ihnen Dankesbriefe von Probanden zeigen, die sich ganz begeistert von der Technologie zeigen, und ihr Interesse bekundeten, die Versuchsreihen zu wiederholen."

Unsere Praktikantin Jacqueline-Riccarda testet das SpyPhone (links unten) beim Duschen (Bild: http://pixabay.com)

Gerne wollen wir Voorhaud glauben, wenn wir in seine treuen, blauen Augen blicken. Trotzdem unterzogen wir unser SpyPhone-Exemplar vor eben diesen himmelblauen Augen einem Härtetest, indem wir es mit Sodawasser bespritzten. Der Produktentwickler stand uns dabei mit Rat und Tat zur Seite. "Bitte achten Sie darauf, dass es auf der Rückseite nicht nass wird. Der Akku könnte explodieren und eine nukleare Kettenreaktion auslösen", gibt er uns einen wertvollen Tipp, und tatsächlich: Das Display erweist sich als wasserdicht! Wir sind begeistert und freuen uns für Redakteur Philipp, der auf Grund einer Gebissfehlstellung beim Sprechen spuckt: Das SpyPhone ist das ideale Handy für evolutionär herausgeforderte Mitmenschen wie ihn!

Kostenloser Speicher auf Lebenszeit!

Besonders stolz ist man seitens der NSA auf ein revolutionäres Feature: Jeder Nutzer eines SpyPhones erwirbt das Recht der Speicherung sämtlicher Daten in einer Cloud – und das auf Lebenszeit! Ein allzu kühnes Versprechen? Cock meint dazu: "Wie wir wissen, währen nur das Universum und weibliche Rachegelüste ewig. Dennoch kann ich jedem Käufer garantieren, dass seine Daten bei uns ein Leben lang in vertrauensvollen Händen sind. Das Szenario einer Unternehmenspleite ist nahezu ausgeschlossen. Bereits die Finanzierung über black budgets würde unseren Fortbestand sichern."

Auch hierbei wollen kritische Stimmen nicht verstummen, die vor einem Missbrauch der gespeicherten Daten warnen. "Das ist populistischer Unfug!", zeigt sich Cock ungewöhnlich aufgebracht. "Sämtliche Daten werden in gesicherten Speichersystemen abgelegt, auf die nur autorisiertes Personal oder Hacker Zugriff haben. Die Vorstellung, dass ein Mitarbeiter aus reiner Neugierde beispielsweise ein abgespeichertes Telefonat seines Nachbarn anhört, ist absurd. Jeder Mitarbeiter verpflichtet sich bei seiner Ehre, keinerlei Datenmissbrauch zu betreiben. Wir nehmen Datenschutz, wie Sie sehen, sehr, sehr ernst!"

Die zu verarbeitenden Datenmengen klingen imposant. Täglich speichert die NSA etwa 3 Terabyte an Daten. "Das entspricht rund einer Million Floppy-Disks", rechnet Cock uns vor. "Sie können sich also vorstellen, weshalb wir 40.000 Mitarbeiter beschäftigen, die rund um die Uhr damit beschäftigt sind, Floppy-Disks in 3,5-Zoll-Laufwerke zu schieben."

Eine unglaubliche technische Höchstleistung, die eindeutig für das SpyPhone spricht. Genauso wie eine weitere Sicherheitsmaßnahme: Der Fingerscanner!

Fingern für Anfänger

Apple machte es vor – die NSA zieht nach und legt noch ein Schäuflein oben drauf. Doch lassen wir NSA-Direktor Cock selbst ein weiteres Feature des SpyPhones beschreiben: "Natürlich wollen Sie nicht, dass jeder Ihr Handy nehmen und Nachrichten lesen oder den peinlichen Browserverlauf mit unzähligen Links zu Porno-Seiten sehen kann. Deshalb haben wir den Fingerscanner entwickelt."

Erst der Fingerabdruck des Besitzers entsperrt das Handy. Austricksen lässt sich diese Schutzmaßnahme nicht mehr. "Kein Fingerabdruck gleicht dem eines anderen Menschen. Wir besitzen Fingerabdrücke sämtlicher Menschen, wodurch ein Aushebeln des Schutzes unmöglich ist."

Wir probieren es aus – und tatsächlich: Als meine Kollegin ihren Daumen aufs Display drückt, wird das Handy entsperrt! Selbst ihren Namen kennt das wahrhaft smarte Phone und begrüßt sie mit einer persönlichen Botschaft: "Hallo, Lisa-Luzia Schlampowski! Sie haben zwei neue Nachrichten und schöne, saftige Brüste, die jeder heterosexuelle Mann gerne lecken würde!"

Verblüfft fragen wir nach, woher das Handy diese Information hat. Auch hierauf weiß Cock eine Antwort zu geben: "Das SpyPhone nimmt automatisch alle fünf Sekunden ein Foto auf und leitet dieses an die Zentrale weiter. Dort werden die Daten verarbeitet und in einer Bilderdatenbank mit jenen Personendaten, auf die der Daumenabdruck passt, verknüpft."

Als ich an der Reihe bin, weiß das Handy auf Englisch zu berichten, dass die Farbe meines Pullovers mit jener meiner Schuhe so gut wie ein Lachsfllet auf einer Sahnetorte harmoniere.

Katzensicher: Unsere Probandin konnte das SpyPhone nicht aktivieren! (Bild: http://pixabay.com)

Cock lacht: "Unsere Kunden schätzen Humor, weshalb wir darauf speziell Rücksicht genommen und vierhundert Comedy-Autoren, gegen die wir etwas in der Hand haben, verpflichteten." 

Der Wermutstropfen: Auf eine deutschsprachige Version werden wir vergeblich warten müssen, denn: "Trotz monatelanger Recherchen fand sich kein einziger witziger Deutscher."

Auf meine Nachfrage, warum das SpyPhone sowohl meinen, als auch den Fingerabdruck meiner Kollegin akzeptierte, gibt der NSA-Direktor unumwunden Schwachstellen zu. "Wir arbeiten mit Hochdruck daran, das SpyPhone zu personalisieren und bitten dafür um Geduld. Keine Hard- oder Software ist auf Anhieb völlig ausgereift!"

Kritik, wonach ein Fingerscanner, der Jedermann Zugang gewähre, sinnlos sei, will Cock nicht gelten lassen: Dadurch, dass nur ein Fingerabdruck akzeptiert wird, schließt unser Handy den Missbrauch durch 99,9% sämtlicher Spezies auf diesem Planeten aus. Das ist eine atemberaubende Präzision, von der die Konkurrenz nur träumen kann!"

Leider noch nicht geblockte eBooks mit männchenverachtendem Inhalt
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Appsolut sicher: Der Cockblocker

Auch wenn das SpyPhone mit seinem Gewicht von rund acht Kilogramm ein bisschen schwer in der Hand liegt, überzeugen die zahlreichen kostenlosen Features, zu denen auch Gratis-Apps wie die Bildbearbeitungssoftware Proloshop zählen. Damit lassen sich in Windeseile lustige Urlaubsfotos erstellen. Einfach ein Foto abspeichern, den gewünschten Hintergrund wählen und schon winkt man aus einer verblüffend echt wirkenden Urlaubsumgebung wie dem Ballermann auf Mallorca oder dem Moulin Rouge in Bielefeld.

Praktisch ist auch die Heimfinde-App "NSA Maps": Mittels automatischer Ortung wissen der Nutzer und die NSA jederzeit, wo man sich befindet.

Der integrierte Browser NSA-Fox verfügt über Kinder- und Erwachsenensicherung. Websites mit potenziell gefährlichem Inhalt werden automatisch geblockt, wie Cock erklärt. "Meine Mitarbeiter haben diese ausgeklügelte Software nach mir benannt, also Cockblocker. Dadurch ist sicheres Surfen im Web gewährleistet, weil Seiten mit gefährlichem oder menschenverachtendem Inhalt nicht geöffnet werden können."

Dazu zählen laut Cock Regierungsseiten sämtlicher nicht-US-amerikanischer Staaten, Websites radikaler Organisationen wie Al-Kaida, Alka Seltzer, AfD oder Al Jazeera, sowie Seiten mit verstörenden Inhalten wie jener der Grünen Jugend. Pornoseiten sind vom Cockblocker nicht betroffen. "Das würden vor allem unsere männlichen Kunden niemals akzeptieren!", weiß Cock und lächelt verschmitzt. "Wir Amerikaner haben ein altes Sprichwort: Gott gab uns den Verstand, das Internet nahm ihn uns weg und gab uns stattdessen Pornos."

Nicht im Bild: Ein Grünen-Politiker ...

Nicht im Bild: Ein Grünen-Politiker, der vor Ort überprüfte, ob die Windmühle auch tatsächlich die vorgeschriebene Energieleistung erbringt (Bild: http://pixabay.com)

Fazit: Wir wollen den Artikel zu Ende bringen und endlich nach Hause

Fazit: Das SpyPhone von der NSA vermag uns abgesehen vom Gewicht und dem noch nicht gänzlich ausgereiften Fingerscanner zu überzeugen. Wir vergeben 9 von 10 Punkten. Für die Höchstwertung reichte der Bestechungsobolus leider nicht ganz.

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