Organspenden seit 1967

Der südafrikanische Herzchirurg Dr. Christiaan Barnard nahm am 3.12.1967 am Groote Schuur Hospital in Kapstadt die weltweit erste Herztransplantation vor. Sein Patient Louis Washkansky überlebte den Eingriff um 18 Tage. Schon am 2.1.1968 erhielt Philip Blaiberg von Dr. Barnard ein neues Herz, mit dem er 19 Monate weiterlebte. Diese Herzverpflanzungen waren der Auftakt zu einer inzwischen alltäglichen Organtransplantationsmedizin. 

1984 entstand neues Aufsehen um "Baby Fae". Die kleine US-Amerikanerin namens Stephanie Fae Beauclair wurde nur einen Monat und einen Tag alt. Sie kam am 14.10.1984 schwer herzkrank ohne Überlebenschancen zur Welt. Der Chirurg Dr. Leonard Bailey, tätig an der Loma Linda Universität nahe Los Angeles, transplantierte "Baby Fae" am 26.10.1984 das Herz eines Pavians, obwohl ebenfalls ein Säuglingsherz für die Verpflanzung zur Verfügung stand. Aufgrund extrem starker Abstoßungsreaktionen verstarb das Mädchen 20 Tage später. Bis heute ist diese auch als Xenotransplantation bezeichnete Operation des Pavianherzens in das kleine Mädchen umstritten. Sie gilt als ethisch verwerflich, da der in Kürze absehbare Tod des Kindes als Menschenexperiment nur unter fortgesetztem körperlichen Leiden einige Tage hinausgeschoben wurde. 

Jüngstes prominentes Beispiel einer Organtransplantation ist der Barde Roland Kaiser, der sich freut, mit frisch verpflanzter Lunge endlich wieder auf Tournee vor Publikum singen zu können.

Gesetzesänderung zur Organspende

In Deutschland war es bislang erforderlich, zur Entnahme von Spenderorganen die Erlaubnis vom Spender aus dessen Lebzeiten einsehen zu können – am einfachsten via ausgefülltem Organspendeausweis – oder bei Nichtvorhandensein einer entsprechenden Zustimmung bzw. Widerspruch das Einverständnis der Angehörigen einzuholen, wobei dieses im mutmaßlichen Sinne des für eine Organspende geeigneten Patienten getroffen werden sollte. Im letzten Fall fühlten sich die Angehörigen des angefragten Organspenders häufig überfordert. Emotional aufgewühlt wurden sie mit einer Frage konfrontiert, die nicht nur aufgrund der Situation des wahrscheinlich in Kürze eintretenden Todes eines Nahestehenden schwer zu ertragen war. Dem mit solchen Anfragen oft ausgeübten Entscheidungsdruck wegen der dahinter stehenden Dringlichkeit einer Transplantation konnten viele Befragte in ihrer Ausnahmesituation nichts entgegensetzen. Es kam vor, dass Angehörige im Nachhinein ihre übereilte Zustimmung bereuten. Aus Sicht der Ärzte wiederum ging auf diese Weise kostbare Zeit verloren.

Künftig soll es umgekehrt laufen: Jeder Bürger gilt als potenzieller Organspender, solange er nicht explizit widerspricht. Derzeit ist geplant, dass Krankenkassen ihre Versicherten alle paar Jahre anschreiben, um direkte Auskünfte zur persönlichen Spendenbereitschaft einzuholen. Einen Zwang zur Beantwortung soll es nicht geben. Eine Zustimmung zur Organentnahme kann jederzeit widerrufen werden. Es ist auch möglich, nur bestimmte Organe zur Entnahme freizugeben. Wer gar nicht spenden möchte, muss sich hierzu ausdrücklich erklären.

Human Heart, c.1979 (red with veins) (Bild: Andy Warhol)

Die Spendenbereitschaft in Deutschland soll groß sein, dennoch besitzen nur wenige Menschen einen Organspendeausweis. Vielleicht stecken Bequemlichkeit, Alltagshektik oder Verdrängung hinter der relativ geringen Verbreitung ausgefüllter Organspendeausweise. Vielleicht wollen aber auch weniger Menschen als gedacht ihre Organe spenden. Die neue Regelung zur Festlegung der Spendenbereitschaft ist zu begrüßen, allein schon, um in Zukunft erschütterte und trauernde Familien nicht mit ungeklärten Organspende-Anfragen zusätzlich zu belasten. 

Trotzdem existieren Sachverhalte zu den Themen "Organspende" und "Transplantation", die jeder kennen sollte, wenn er demnächst seine Entscheidung treffen soll.

Knappe Formulierung im Organspendeausweis

Im Organspendeausweis stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung: Von der Spendenbereitschaft aller Organe und Gewebe bis zur strikten Verneinung einer Organ-/Gewebespende können außerdem bestimmte Organe/Gewebe zur Verfügung gestellt oder ausgeschlossen werden. Das erscheint ausreichend und unterschiedliche persönliche Einstellungen berücksichtigend. Was jedoch nicht näher erläutert ist, sind die dabei stets verwendeten Begriffe "Organe" und "Gewebe". Während sich bei Organen tatsächlich eine nähere Beschreibung erübrigt, sieht dies bei Geweben nur so aus. Bei Geweben kommt rasch der Gedanke an Hautgewebe auf, ferner an Augenhornhaut, welche ebenfalls als Spendermaterial bekannt ist. Medizinischen Laien ist hingegen nicht mehr unbedingt bekannt, dass auch Knochen oder Knorpel Gewebe sind. In den Informationen zum Organspendeausweis ist zwar von "Knochengewebe" die Rede, doch was darunter genau zu verstehen ist, bleibt offen. So denkt mancher bei Knochengewebe an eine zarte Hautschicht über dem Knochen, obwohl auch die harte Knochenmasse selbst als Gewebe gilt. Liegt für Gewebe die Spendenzusage vor, kann daraufhin ein Verstorbener regelrecht entbeint werden. Es ist kein makabrer Scherz, dass später im Sarg bei ehemaligen Organ- und Gewebespendern entnommene Arm- oder Beinknochen durch Holzstöcke oder Besenstiele zur Stabilisierung ersetzt werden. Bei Spenden von Hautgewebe können so große Flächen abgetragen werden, dass dies einer Häutung des Verstorbenen gleichkommt. Hierüber sollte sich jeder im Klaren sein, bevor er seine Entscheidung trifft. Einige werden sich an solchen Fakten nicht stören, anderen hingegen wird eine solche Vorstellung nicht gefallen. Eine deutlichere Aufklärung hierüber sollte schon erfolgen, wenn um etwas so Persönliches gebeten wird wie die Herausgabe eigener Organe oder Gewebe nach dem Tod.

Wie tot ist hirntot?

In Diskussionen um das Für und Wider von Organspenden tauchen gelegentlich Bedenken auf, dass Komapatienten eventuell nicht ernsthaft genug reanimiert werden, wenn ihre Organe zu einer Person auf der Transplantationswarteliste passen. Diese regelmäßig geäußerte Frage soll hier nicht näher erörtert werden. Jeder Arzt ist neben seinem Gewissen dem abgelegten Hippokratischen Eid verpflichtet. Es ist hoffentlich anzunehmen, dass sich Ärzte an ihre tief reichende Verantwortung in dieser Frage halten. Eine 100 %-ige Gewähr für wirklich verantwortliches Handeln im Einzelfall kann allerdings niemand geben. Zur Feststellung des Hirntodes ist einer ausführlichen Kriterienauflistung zu folgen und unabhängig voneinander stellen zwei Ärzte den Hirntod fest. Die Kriterien zur Definition des Hirntods sind willkürlich durch die Ärztekammer festgesetzt und passen zu einer umgehenden Entnahme noch transplantationsfähiger Organe.

Unabhängig von obigen Gedankengängen soll dieser Artikel andere Sachverhalte beleuchten, die in Fragen zur Organspende kaum zur Sprache kommen.

So lässt sich der Moment des eingetretenen Hirntods nicht eindeutig bestimmen, sondern nur eingrenzen. Ein Mensch im tiefen Koma, der nicht mehr selbstständig atmet, keine Reflexe zeigt und dessen EEG keine Hirnströme anzeigt, gilt als hirntot. Dabei misst das EEG am Kopf des Patienten die Hirnströme von der Gehirnrinde. Selbst wenn dort nichts mehr messbar ist, können in anderen Hirnregionen durchaus noch Hirnströme existieren.

Die Annahme, dass ein Mensch in tiefem Koma oder einem todesnahen Stadium ausnahmslos "wie Gemüse" sei, ist längst als Irrtum widerlegt. Einige Personen, die aus einem "hirntoten" Zustand doch wieder "ins Leben zurückgekehrt" sind, haben berichtet, wie sie dennoch Gespräche mitbekommen haben, die entsprechend bestätigt werden konnten. Einst komatöse Patienten, an deren Erwachen kaum noch jemand geglaubt hatte, erklärten, sie hätten die Geschehnisse um sich herum deutlich wahrgenommen, sich nur nicht bemerkbar machen können

Zu denken geben muss auch Folgendes: Sollen von einem als hirntot erklärten Menschen Organe zur Spende entnommen werden, so muss dieser weiter künstlich beatmet und sein Herz am Schlagen gehalten werden. Auch ein Stoffwechsel existiert noch. Diese Hirntoten mit ihrem weiter durchbluteten und warmen Gewebe sehen nicht tot aus, sondern schlafend. Darüber hinaus können einige dieser Hirntoten weiterhin schwitzen, verdauen, ausscheiden oder Fieber bekommen. Tut das jemand, der in Wahrheit tot ist?

Die Organe eines Menschen, der sozusagen "mausetot" ist, sind wegen sofort nach dem Tod eintretender Zersetzungsprozesse für eine Organspende nicht mehr geeignet. Nur bei Geweben kann die Entnahme noch nach dem Tod erfolgen.

Es ist eine nicht offen ausgesprochene Tatsache, dass Spenderorgane nicht einem Toten, sondern einem Sterbenden entnommen werden!

Narkose zur Organentnahme

Bei der Organentnahme eines hirntoten Spenders muss ein Anästhesist zugegen sein. Nichteingeweihte wird es verwundern, dass ein angeblich Verstorbener für die Operation zur Entnahme seiner Organe eine Narkose erhält. Hier sei an die im vorangegangenen Kapitel erörterten Umstände des Hirntods erinnert. Es stellt sich wiederum die Frage: Wie tot ist hirntot? Wie bei Operationen an Lebenden ist auch bei Operationen an "praktisch Toten" bei der Organentnahme ein gravierender Blutdruckanstieg zu verzeichnen, gegen den blutdrucksenkende Medikamente verabreicht werden. Ein weiteres Phänomen in diesem Zusammenhang ist, dass die angeblich Toten, die scheinbar sowieso nichts mitbekommen, sich ohne Narkose gegen den Eingriff "wehren" können, indem sie zappeln oder sich zur Seite winden! 

Im Moment der Organentnahme ist der Spender nicht tot, sondern in einem Sterbeprozess. Ein normaler Sterbeprozess außerhalb eines Operationssaales kann nicht nur Minuten, sondern Stunden dauern. Niemand kann wirklich sagen, was ein Sterbender in dieser Phase noch mitbekommt. Bei der persönlichen Entscheidung für oder gegen die Organspende sollte dies mit bedacht werden.

Die Seite der Organempfänger

Viele schwer kranke Menschen warten sehnlichst auf ein Spenderorgan. Es sind nicht wenige, die vergebens warten. Andere, die mit einem neuen Organ weiterleben dürfen, erfahren neue Lebensqualität. Zwar müssen sie lebenslang Medikamente einnehmen, unter anderem gegen Abstoßungsreaktionen gegen das fremde Organ, doch nehmen sie das für ein längeres und unbeschwerteres Leben gern in Kauf. Häufig feiern sie künftig zweimal im Jahr Geburtstag, denn der Transplantationstag ist für sie wie ein zweiter Geburtstag. Verschiedene Medien berichten gern über geglückte Transplantationsschicksale. Dass gar nicht immer nach einer Transplantation alles gut verläuft, ist seltener zu erfahren. Es kann zu Problemen mit dem neuen Organ kommen und eine weitere Transplantation erforderlich werden. Ein transplantierter Patient kann außerdem nicht automatisch mit einer nun "normalen" Lebensdauer rechnen, er erhält zunächst ein verlängertes und wieder aktiveres Leben. Wer jedoch schwer krank bereits den Tod vor Augen hatte, wird und soll sich natürlich über diesen Aufschub freuen dürfen.

Was kaum an die Öffentlichkeit gelangt, sind weniger erfreuliche Befindlichkeiten anderer Organempfänger. Sie fühlen sich unbehaglich mit dem Organ eines Fremden, was bis zu Beklemmungen führen kann. Als zusätzliche Belastung kommt hinzu, dass ihr Umfeld von ihnen Freude und Dankbarkeit über das erhaltene Organ erwartet. Die Transplantierten empfinden es als Tabu, ihr Unbehagen zu offenbaren. Das kann vom Eindruck von etwas diffus Fremdem in ihrem Körper reichen bis hin zum Gefühl, dass da "noch jemand" in ihnen ist. In der Tat besitzen sie ein fremdes Organ, das allerdings nach der Transplantation seinen Dienst wie ein gesundes eigenes Organ versehen und sich auch so anfühlen soll. Dem ist aber nicht immer so. Noch mehr zu denken gibt das Phänomen der Anwesenheit einer zweiten Persönlichkeit. Immer wieder kommt es nach Organtransplantationen vor, dass der Empfänger danach einen anderen Musikgeschmack hat, seine Hobbys wechselt oder sich einige seiner Charakterzüge verändern. Organspenden sind nicht immer anonym und in den Fällen, wo Persönlichkeitseigenschaften und Vorlieben des Spenders bekannt wurden, ließen sich bemerkenswerte Parallelen ziehen. Zusätzlich werfen solche Beobachtungen auch die Frage auf, wo überall im Körper solche persönlichen Merkmale gespeichert werden außer im Gehirn, wie meistens angenommen.

Organspende ein Irrweg?

In den sechziger Jahren war der Stand der Medizin deutlich niedriger als heute. Damals erschienen Organtransplantationen als Heil bringende künftige Operationsmethoden. Der Gedanke, intakte Organe Verstorbener nicht verwesen oder verbrennen zu lassen, sondern mit ihnen Todgeweihten ein neues Leben zu bescheren, klang überzeugend und edelmütig. Inzwischen liegen Erkenntnisse vor, die einen neuen Weg in der Transplantationsmedizin nahelegen. Heute noch utopisch wirkende alternative Forschungen zur Züchtung neuer Organe und Gewebe sollten dringend intensiver vorangetrieben werden. 

Ferner besteht die Gefahr der Ausweitung der Indikationen für Organbedarf: Nicht mehr nur in lebensbedrohlichen Situationen, sondern auch bei allgemeinen nicht direkt lebensbedrohlichen Organschädigungen könnte für einen vermeintlich besseren Lebenskomfort die Nachfrage nach Organen steigen. Es drohen Kommerzialisierung und Zwang. Es darf nicht schleichend zu einer Organverbrauchsinflation kommen, bei der womöglich entnommene Organe zweckentfremdet werden für Experimente oder industriellen Bedarf. 

Was vor einigen Jahrzehnten nicht bekannt war, kann heute nicht mehr geleugnet werden. Dabei kommen selbst Krankenpflegepersonal und Ärzten Zweifel an der entscheidenden Grenzdefinition "Hirntod" zwischen Lebensende und Todeseintritt. Es ist davon auszugehen, dass es sich während einer Organentnahme um die aktive Tötung des Organspenders handelt. 

Rund um den Tod werden Fakten als gegeben angenommen oder dafür erklärt, die nicht bewiesen sind. Der Zweck heiligt eben nicht immer die Mittel, was gerade bei der Organspende offensichtlich ist.

Privatangelegenheit Organspende

Organspenden müssen auf freiwilliger Basis bleiben. Es handelt sich bei der Entscheidung, ob jemand Organspender sein möchte oder nicht, um eine derart existenzielle persönliche Frage, dass darauf jeder seine eigene Antwort finden muss und auch sollte. Wer unentschlossen bleibt, gibt seine Selbstverantwortung aus der Hand, indem er auf gesetzlicher Grundlage zum Organspender wird. Ein mündiger Bürger benötigt aber zur Entscheidungsfindung Zugang zu umfassendem Wissen.

Dieser Artikel soll kein Aufruf zur Organspendenverweigerung sein, sondern ergänzende wichtige Informationen liefern, die zahlreichen Menschen nicht bekannt sind und die zum Treffen einer Entscheidung wissenswert und hilfreich sind. Der Artikel soll keinen Besuch beim Arzt, Heilpraktiker oder Apotheker ersetzen. Er soll nicht unbedingt von Organ- und Gewebespenden abraten, sondern den Horizont erweitern, hinterfragen und Denkanstöße geben.

 

Bilderquelle: Pixabay.de

Wie denken Sie über Organspenden?

http://www.aspetos.at/news/index.php/thanatologie/847-org...
Organspende-Motto: Der Spender so tot wie nötig - seine Organe so lebendig wie möglich

http://www.transplantation-information.de/hirntod_transpl...
Blicke hinter die sterilen Kulissen

http://www.xn--organspende-aufklrung-m2b.de/offener-brief...
Offener Brief einer Ärztin an die Bundeskanzlerin: Kritische Fragen zu Hirntod und Organspende

http://kreative-schreibfee-themenbar.blogspot.com/2012/03...
Noch mehr Aufschlussreiches mit weiteren Buchtipps, Filmen und Links

Textdompteuse, am 13.03.2012
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Bildquelle:
EmbryoScope am Kinderwunschzentrum Ulm (Schwanger werden! Interview mit dem Leiter des Kinderwunschzentrums...)

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