Ostern im weißen Haus
Frau von der Leine macht gute Mine zum gut gemeinten Spiel. Die Osterüberraschung ihres Mannes schmeckte ihr ganz und gar nicht.Der Osterhase beschert ein weißes Haus
Nach langer Zeit muss ich mich nun doch einmal wieder zu Wort melden. Sie können meckern und stöhnen, wie Sie wollen, dass ändert ohnehin nichts. Es wird zudem auch nicht meine letzte Wortmeldung sein. Sie werden mich noch eine Weile ertragen müssen. Versprochen!
Natürlich habe ich gerne das letzte Wort.
Wer hat dieses nicht?
Es gibt jedoch Momente, da bleiben selbst mir - einer Frau, die sonst nicht auf den "Mund gefallen" ist - tatsächlich schon einmal die Worte im Halse stecken. Mein Göttergatte hat mich einfach wortlos überfahren. Anders kann ich dies jetzt nicht beschreiben oder umschreiben.
Der Friedel ist ja immer gut für Überraschungen. Oft war ich auch ganz begeistert von eben diesen. Doch nun hat mich mein Mann wirklich einmal total überraschen können, ohne mir Begeisterung zu entlocken. Sprachlos war ich nämlich angesichts der neuen Farbe, welche die Fassade unseres schönen Eigenheims zierte. Der smarte altrosa Ton war einem schlichten, sterilen Weiß gewichen. Krankenhausreif war dieses Weiß - unpersönlich und kalt!
Friedel - muss ich an dieser Stelle betonen - hatte schon von Anfang an etwas gegen dieses "Schlüpferrosa" unserer Hausfassade.
Als ich heute - nachdem ich einige Tage bei meiner kranken Großmutter verbracht hatte - das Grundstück betrat, welches Friedels und mein Heim umfasst, war ich zunächst sprachlos. Anschließend fassungslos und zum Schluss haltlos erbost. Dann jedoch erschien mein Friedel - vor Freude strahlend - gefolgt von unserer Kinderschar, im Eingang und ich schluckte meinen Ärger einfach runter. Für den ersten Moment jedenfalls, denn die Wiedersehensfreude war einfach zu groß.
Als Franziska, Freya, Frauke, Friedrich, Frieda, Franz, Fritz und Franka endlich in ihren Bettchen schlummerten und wir zu zweit in unserem wunderschönen Wohnzimmer auf dem Sofa saßen, kam ich auf den Kern der Sache.
Mein lieber Friedel war natürlich enttäuscht bezüglich meiner Vorhaltungen. Er fand unser weißes Haus einfach schön. Wenngleich es auch nicht das" Weiße Haus in Washington" war, so hatte es nun dennoch "Charme" und "Atmosphäre" meinte Friedel, mein Mann.
Weiß ist in meinen Augen nun einmal keine Farbe - schon gar nicht für unser Haus, in welchem immer bunter Trubel herrscht. Das "Schlüpferrosa" hatte wenigstens Stil. Es sah so gemütlich aus, anheimelnd und ja, ich gebe es zu, ein wenig altmodisch romantisch.
Friedel ging zerknirscht zu Bett. Während ich auf dem Sofa im Wohnzimmer sitzenblieb und grübelte, wie ich das Ostern im weißen Haus verhindern konnte. Dann kam mir auch schon die Idee!
Das weiße Haus
Am nächsten Tag hatten meine Kinder ihre helle Freude daran, die großen und kleinen Gummibälle in die bunten Farbtöpfe zu tauchen und die farbenfrohen Bälle an die weiß getünchte Hauswand zu werfen. Innerhalb kurzer Zeit sah die sterile Fassade des Hauses wie ein Ostereiernest aus. Überall waren die farbigen Abdrücke der Bälle zu sehen - in allen Farben des Regenbogens.
Haben Sie schon einmal schlecht geträumt?
Ich schon!
Das weiße Haus, welches dann mit bunten Ostereiern übersät war, gab es nur in meinem schlechten Traum. Wie schön, denn nun gibt es kein Ostern im weißen Haus!
In diesem Sinne: Frohe Ostern!
Bis bald mal wieder,
Ihre Frau von der Leine
Bildquelle:
von Kerstin Schuster
(Schreibwettbewerbe 2012 - aktuelle Wettbewerbe für Autoren und Hobb...)