Gastronomische Betriebe als Wegbereiter

Erfolgreich diesen Weg beschritten haben die beiden Restaurateure Rodrigo und Boris Leite Poço. Sie betreiben seit Mai 2011 nach eigenen Angaben das "Sauvage" in Berlin-Neukölln als erstes Paläo-Restaurant der Welt und für Paläo-Genießer und –Gourmets seit kurzem auf dem Prenzlauer Berg einen zweiten Betrieb. In Frankfurt betreibt Sariya Forkel seit einem Jahr das Paläo-Bistro und Café "Mammeo".

Alle drei Betriebe werden strikt nach Paläo-Grundsätzen betrieben, machen aber für die Laufkundschaft einige, wenige Ausnahmen. So bietet das Mammeo Heumilch für alle, die sich an Nussmilch nicht heranwagen.

Im Sauvage wird auch das Butterfett Ghee verwendet, also ein Produkt aus Tiermilch.

Paläo folgt auf vegan mit gegenläufigen Argumenten

Paläo setzt besonders auf Fleisch, während vegan darauf völlig verzichtet. Im Klartext: Was die Jäger und Sammler der Steinzeit vorfanden, gehört zu Paläo und ist gut. Sariya Forkel betreibt ihr Mammeo hauptsächlich als Café mit Mittagstisch, will aber ab Mitte Mai ihren Betrieb am Wochenende auch abends öffnen und dann auch "richtig schöne Steaks" anbieten.

Längst haben Kochbuch-Autoren und Seminar-Anbieter haben das Thema Steinzeit-Kost als neues Betätigungsfeld entdeckt, denn neue Trends schließen möglicherweise eine Marktlücke und erschließen neue Verdienstmöglichkeiten.

Beispiele für Paläo

Milchschaum für den Cappuccino wird aus Kokosmilch hergestellt und die heiße Schokolade aus Mandelmilch. Kochbananen sind die Basis für die Tacos auf der Mittagskarte. Der Schmand für die Grüne Soße wird aus Cashewnüssen hergestellt. Industriell verarbeitete Lebensmittel sind in der Paläo-Küche wie auch in jedem anderen guten Restaurant "out". Hier gilt "Real Food".

Paläo zieht aber auch viele Besucher und Gäste an, weil sie trotz ihrer Laktose-Intoleranz oder Gluten-Unverträglichkeit hier hemmungslos schlemmen können.

Paläo-Kurse beim PaläoPower-Institut

Dr. Sabine Paul, die Gründerin des PaläoPower-Instituts in Frankfurt, widmet sich nach eigenen Angaben seit 10 Jahren der steinzeitlichen Ernährung. Sie bietet Kurse über fünf Wochen zum Preis von 87 Euro an; wird eine Stunde persönliche Beratung gewünscht, erhöht sich der Preis auf 199 Euro. Ihr Kurs findet per Email täglich und in drei Online-Seminaren (Webinaren) statt. Die fünf Wochen gliedern sich in die fünf Wochen-Blöcke "Starker Start", "Genuss statt Verzicht", "Unterwegs und wenig Zeit", "Individuelle Bedürfnisse und Neues entdecken" und zum Schluß einem "Energiebooster". Mit der "Sterneküche der Steinzeit" winkt den Teilnehmern laut Pauls Website mehr Energie, damit die Leistungskraft und Lebensfreude sprudelt, ein bärenstarkes Immunsystem, Genuss auf nachhaltige, natürliche Weise und das Purzeln einiger Pfunde.

Die Ernährungsforschung hält sich bedeckt

Die Leiterin des Referates "Physiologie des Energiestoffwechsels" beim Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam, Susanne Klaus, hält es nicht für richtig, wie auch bei veganer Ernährung ganze Nahrungsmittelgruppen auszuschließen. Klaus hält eine solche Einschränkung für ein Wohlstandsphänomen in Zeiten großer Auswahl und niedriger Preise Sie kann der Steinzeiternährung nicht viel abgewinnen und sagt "wieder so eine leicht unsinnige Sache". Paläo gehe auf eine These des Stammvaters der Bewegung, Loren Cordain, zurück. Nach seiner Auffassung sei der Mensch nicht dafür geschaffen, kohlenhydratreiche Agrarprodukte zu verdauen, weil er sich genetisch seit der Steinzeit nicht weiterentwickelt habe.

Alexander Ströhle von der Leibniz Universität Hannover mokiert sich:" "Man bekommt leicht den Eindruck, die Autoren von Paläo-Ratgebern seien damals in der Steinzeit dabei gewesen – so detailliert sind die Daten".

Susanne Klaus weist darauf hin, daß im Gegensatz zu Cordains Theorie der Mensch zirka 700 Genveränderungen durchlebt habe. Deshalb sei eine Getreide- und Milchabstinenz nicht zwingend notwendig. Außerdem, so Ströhle, sei die Erde in der Steinzeit derart starken Klima-, Flora- und Faunaschwankungen und -veränderungen unterworfen gewesen, dass auch der Steinzeitmensch seinen Speiseplan mehrfach habe ändern müssen.

Gemäßigtes Paläo

Susanne Klaus empfiehlt eine breitgefächerte und vielfältige Mischkost, gibt aber zu, dass sie eine einige Aspekte von Paläo nachvollziehe und beherzige: " Seit ich auf Weißmehl, Zucker und Kuhmilch verzichte, fühle ich mich nach dem Essen nicht mehr aufgebläht und habe kein Völlegefühl mehr. Meine Allergien seien weniger geworden. Ich fühle mich fitter und habe mehr Energie". Außerdem finde sie es "charmant", dass die Rezepte eher schlicht sind und dass man satt wird, ohne Kalorien zu zählen.

Anmerkung

Abschließend ist zu bezweifeln, dass in der Steinzeit tatsächlich über die Hälfte der Ernährung aus Fleisch stammte und unabhängig von der Beantwortung dieser Frage die Frage erlaubt, ob eine derartige Ernährung bei einer damaligen allgemeinen Lebenserwartung von nur 25 Jahren als ideal zu bezeichnen ist.

dieterh, am 10.04.2015
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Bildquelle:
© Lebensmittelwarnung.de (Weichkäse aus Schafrohmilch zurückgerufen)
© Axel Alm (Nachhaltige Landwirtschaft zum Schutz der Ostsee)
Quelle: Studie der Universität Stuttgart (Was bedeuten die Begriffe Mindesthaltbarkeit und Verfallsdatum?)
© Michelin (Die deutschen Top-Restaurants mit drei Michelin-Sternen 2015)

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