Ein fast regenfreier Tag in diesem Sommer - Zeit ein wenig zu radeln

Vor einiger Zeit bin ich auf das Fahrrad gekommen...

Grund genug, mir den GrünGürtel-Radrundweg in und um Frankfurt herum etwas genauer anzusehen. Dieser Rad- und Wanderweg ist etwa 62 km lang und sehr abwechslungsreich. Er führt an Main und Nidda entlang und wer möchte, kann auch durch die Wälder und Felder um Frankfurt herum radeln. Zum Anfang habe ich mir einen leichten Weg ausgesucht, ziemlich eben und an der Nidda entlang. Meine Ausflug soll in Frankfurt-Nied beginnen. Nied liegt an der Nidda, und ich war im Frühjahr schon einmal da, um Bärlauch zu ernten. Von da aus sind es etwa 15 km nach Praunheim, und dort ist ein Kiosk mit Eisstand...

Die Tour startet mit der Fahrt zu meiner S-Bahn-Station. Ich muss gleich ein wenig meckern. Hier wird ein neuer Tunnel gebaut, der alte aus der Kaiserzeit hat ausgedient und gilt als nicht mehr sicher. Diese Baumaßnahme ist sehr löblich, aber der Bahnsteig in Richtung Frankfurt ist, aufgrund des zwischengelagerten Aushubs, der den alten Tunnel ausfüllen soll, schwer zu erreichen. Der Bauzaun steht so dicht am Bahnsteig, dass man keine Chance mehr hat, ohne Nutzung der Treppe oder eine Überquerung der Gleise dorthin zu gelangen. Nicht nur ein Übel für Fahrradfahrer, sondern auch für Reisende mit Kinderwagen. Für Rollstuhlfahrer ist eine Fahrt unmöglich. Ich trage mein Fahrrad über die Treppen. Dabei geht mir der Slogan des Rhein-Main-Verkehrsverbundes durch den Kopf. Er lautet: Sicher ans Ziel mit dem RMV. Mir stellt sich die Frage: welches Ziel? Ein Knochenbruch, Gratiskrafttraining oder das Schonen meiner Reifen. Genug geschimpft, der Zug ist pünktlich und die Vorrichtung zum Befestigen meines Drahtesels ist sehr komfortabel.

In Nied angekommen rolle ich die Rampe am Bahnhof hinunter, hier ist es sehr radfreundlich. Der Schwung trägt mich fast bis an die Nidda heran. Der Weg ist sehr schön und es sind viele gut gelaunte Menschen unterwegs. Das Wetter ist auch ganz prima, es hat mal ein paar Stunden nicht geregnet. Der Strecke führt an Altarmen der begradigten Nidda vorbei. Dort gibt es Anglervereine, ein Nudistenareal und Sportplätze, die unter Wasser stehen. Auf einem tummeln sich die Nil-Gans-Enten im sumpfigen Gras, es fehlt eigentlich nur noch ein Krokodil. Dann sähe es ein bisschen aus wie am Nil, jedenfalls stelle ich es mir so vor...

Dann geht es unter der Autobahn durch. Ich sehe kurz das Schild in Richtung Basel. Dieses sehe ich sehr oft und bin erstaunt über die völlig neue Perspektive. Die Brücke ist nur 1,50 m hoch, es heißt den Kopf einziehen. Ich mache mich noch ein wenig kleiner, denn über mir sausen die Autos hinweg und das Surren an den Nahtstellen der Asphaltdecke ist etwas skurril für meine Ohren.

Die Landschaft ändert sich und ich fahre durch einige Parks in der Stadt und sehe die Stempelkästen vom Grünstreifenweg. Wer möchte, kann sich eine Karte beim Verkehrsamt holen, und wenn die ganzen 63 km abgefahren sind, gibt es eine Belohnung. Eine nette Idee, find ich.

Kurz vor Praunheim führt der Weg wieder durch Felder und ich bemerke etwas im Wasser, das mir ein wenig ungewöhnlich erscheint. Aber der Eishunger ist stärker und ich gehe der Sache nicht weiter nach...

Bilder Frank Horn

In Praunheim ...

Nach dem Eis geht es an dem anderen Ufer der Nidda zurück. Da ist sie wieder, die ungewöhnliche Erscheinung von vorhin. Nur in einer anderen Richtung. Ich bin völlig perplex, denn ich sehe einen... Biber.
Nur keine Anzeichen einer Burg. Ich steige von meinem Drahtesel und laufe mit der Schwimmrichtung des Tieres. Am Ufer sehen einige Kinder mit Gemüse in der Hand.
Der "Biber" schwimmt auf sie zu und geht an Land. Stellt sich vor die Kinder und bettelt. Es bildet sich eine große Menschentraube und viele glucksen entzückt, angesichts der possierlichen Tiere. Dann sehe ich, dass der Biber einen Rattenschwanz hat. Hmm, es ist gar kein Biber, sondern eine Biberratte oder auch ein Nutria. Für Leute mit einer Rattenphobie bestimmt der blanke Horror. ­Ein ausgewachsener Nutria kann bis zu 8 kg schwer und etwa einen halben Meter lang sein. Der Schwanz hat die stattliche Länge von ca. 40 cm.
Ich bin ganz fassungslos, denn Nutria sind in Südamerika beheimatet. Hier bekommt man sie gewöhnlich nur im Zoo oder als Mäntel reicher Frauen zu sehen. Ein alter Mann erzählt mir, dass sie schon einige Zeit dort leben und sehr zutraulich sind. Sie sind hauptsächlich Vegetarier und ganz versessen auf Möhren. Gelegentlich fressen sie einmal einen Regenwurm oder eine Süßwassermuschel.

Erst wollte ich diese Begegnung als Geheimnis hüten. Aber die Praunheimer Nutrias sind doch schon sehr bekannt und so kam ich zu dem Entschluss, etwas über meine Radtour zu erzählen.

Beim nächsten Mal werde ich bestimmt nicht vergessen, ein paar Möhren mitzunehmen...
Die Biberratte - Nutria
Autor seit 13 Jahren
50 Seiten
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