RATZBUTZ REIST
RatzButz reist: Von Marrakesch nach Hamburg – Abenteuer für einen Zehner und ein paar IdeenRATZBUTZ REIST!
Mein Abenteuergeist hat vor fünfzehn Jahren so richtig angefangen – in Marrakesch. Damals gab's da noch Hotels für 8 Euro die Nacht. Frühstück? Ein Euro, wenn überhaupt. Ich hab schnell gelernt: Nicht in Touristenrestaurants gehen, sondern den Bauarbeitern folgen. Die zogen frühmorgens mit großen Steingut-Töpfen über den Markt, ließen sich für 50 Cent Tomaten, Karotten, Blumenkohl reinschmeißen – wer mehr hatte, legte ein Stückchen Hammel oder gar Lamm obendrauf. Dann ging's damit ab in den Hammam – den öffentlichen Ofen. Da wurden die Töpfe den ganzen Vormittag in die Glut gestellt. Gegen zehn Uhr kam das fertige Mahl raus – dampfend, würzig, sättigend. So geht Mittagessen!
Später dann: Nizza. Hin- und Rückflug damals für 18 Euro – heute unvorstellbar. Untergekommen war ich in einer alten Einrichtung der französischen Armee, wo die Angehörigen samt Familien günstig übernachteten. Ich hatte dort ein spartanisches, aber blitzsauberes Zimmer mit Frühstück, manchmal auch Abendessen. Und wenn's da keinen Platz mehr gab, hab ich mir ein kleines Studio in der Parallelstraße zur Promenade gemietet – mit Balkon, Küche und Waschmaschine. Alles für 25 bis 30 Euro am Tag. Sogar mit Pool auf dem Dach, wenn man Glück hatte.
Warum ich das erzähle? Weil es zeigt, was möglich ist, wenn man nicht nur auf Komfort aus ist, sondern auf Begegnung, auf Erlebnis – auf das Ungeplante. Ich bin kein Pauschaltourist. Ich bin ein Improvisationskünstler mit Rucksack und Hotpot.
Und genau so bin ich jetzt nach Hamburg gereist. RatzButz, ruckzuck, mit dem ICC für 19 Euro von Berlin Hauptbahnhof bis in die Hansestadt. Früh los, um neun war ich schon da. Drei Tage – und ich verspreche: keine Langeweile, kein Kitsch, kein Geldverschleudern.
Mein Hauptquartier: Villa Viva im Schulzweg. Zwei Nächte, 40 Euro. Kein Fernseher, kein Schreibtisch – aber ein Bett, WLAN und Ohrstöpsel gegen die Hellhörigkeit der dünnen Wände. Reicht vollkommen. Denn wer schläft schon lange, wenn draußen die Stadt ruft?
Frühstück? Nicht mit mir. Ich bin ein Brötchen-im-Park-Typ. Ich habe immer ein paar Mini-Wurstkonserven im Gepäck – die guten mit der schönen Nostalgieetikette – und hole mir für 30 Cent ein frisches Schrippenbrötchen vom Bahnhof. Dazu einen Schluck Kefir oder O-Saft – fertig ist das Berliner Budgetfrühstück.
Mittag gibt's à la James Bond: In Hamburg an der Alster mit meinem ultraleichten Hotpot. Das ist ein kleiner Zauberkocher, ursprünglich vom US-Militär entwickelt. Kocht ohne Feuer. Ich pack das chemische Heizpad rein, gieße Wasser drüber, stelle den Behälter mit meinen Reisnudeln und getrocknetem Gemüse obendrauf – zack! Es fängt an zu dampfen wie ein Elbdampfer. 15 Minuten später: asiatischer Hochgenuss auf Parkbank-Niveau.
Einmal hat mich sogar die Polizei angesprochen: "Offenes Feuer verboten, junger Mann!" – "Junger Mann, dit nimm ick als Kompliment", hab ich gesagt und ihnen den Kocher erklärt. Jetzt weiß die Hamburger Polizei, wie man draußen kocht – ohne Feuerzeug und Campingkocher.
Abends dann rein ins echte Hamburg. Keine Theaterpremiere, kein Musical. Ich geh dahin, wo's raucht, riecht und kracht: Zum Goldenen Handschuh. Die Kultkneipe mit Milieu und Geschichte. Dort sitzen noch echte Typen, keine Insta-Influencer. Ich bestell mir ein Bier für 2,50, hole meinen Schaumstoff-Zauberball aus der Tasche und lass ihn schweben. Die Leute schauen, grinsen, fragen – und ich sag: "Wenn ihr mehr sehen wollt, spendiert mir 'ne Currywurst." Hat bisher immer funktioniert.
Sonntag war Hafengeburtstag: Hafenrundfahrt gratis – mit der öffentlichen Fähre, denn die gehört zum Nahverkehr. Für mich mit Deutschlandticket also kostenfrei. Ich tuckere mit der Linie 62 Richtung Elbstrand, lasse mir den Wind um die Nase wehen, winke den Möwen und lache innerlich über die 22-Euro-Touristenboote neben mir. Ich hab dieselbe Aussicht – bloß mit besserem Proviant.
Montag dann Kultur & Kaffee: Ich hab im Hamburger Rentnerforum geschrieben: "Bin Berliner, hab Zeit, wer hat Rhabarberkuchen?" Und tatsächlich – eine Dame hat geantwortet. Ich kam mit einem Blumenstrauß, ging mit vollem Magen. Drei Tassen Kaffee, ein Stück Kuchen, ein Nachmittag voller Geschichten. So macht man das. Berlin-Style.
Dienstag? Ausklang. Noch ein Museum, noch ein Hotpot, noch ein Spaziergang an der Elbe. Dann zurück – diesmal mit dem langsamen Zug. Viereinhalb Stunden Bimmelbahn. Zeit zum Schreiben. Zeit zum Dösen. Zeit zum Nachdenken.
Denn Reisen, das ist für mich kein Konsum. Das ist Kunst. Man muss sie nur beherrschen: die Kunst, mit wenig viel zu erleben.
Also, liebe Leute: Lasst euch nicht erzählen, dass Reisen teuer sein muss. Nehmt euch 'n Beispiel an RatzButz. Ein Wurstbrötchen, ein bisschen Charme, ein paar Tricks in der Jackentasche – und die Welt gehört euch.