Den Linksverkehr gab es eher

Die Frage, welche Regelung eher existierte, kann klar zugunsten des Linksverkehrs entschieden werden. Neben einigen Hinweisen aus der römischen Antike bezeugt dies vor allem ein Erlass von Papst Bonifaz VIII. aus dem Jahr 1300. Bedingt durch ungewöhnlich große Pilgerscharen, verfügte Bonifaz, dass die römische Engelsbrücke jeweils linksseitig zu überqueren sei. Dieses frühzeitige Vorkommen des Linksverkehrs trägt übrigens keinen willkürlichen Charakter. Vielmehr gab es dafür den durchaus wichtigen Grund der Verkehrssicherheit:

Pferdefuhrwerke wurden früher oftmals durch eine nebenher gehende Person geführt. In der Regel nutzte diese dafür die rechte Hand und befand sich daher links vom Gespann. Um in dieser Position nicht durch entgegenkommenden Verkehr gefährdet zu sein, hielt man das Fuhrwerk eben einfach auf der linken Straßenseite, so dass der Gespannführer sich am Straßenrand bewegen konnte.

Auch die vom Kutschbock aus gelenkten Fuhrwerke eigneten sich besser für den Linksverkehr. Weil der Kutscher in der Regel mit der rechten Hand die Peitsche schwang, musste er auch zwangsläufig rechts sitzen, denn sonst hätten die Passagiere hinter ihm gelegentlich einen Hieb erhalten. Ein rechts sitzender Kutscher, der an der rechten Straßenseite fuhr, hätte aber wiederum mit seiner Peitsche die Fußgänger gefährdet. Im Linksverkehr hingegen war dies ausgeschlossen.

Eine weitere Erklärungsmöglichkeit leitet den Drang zur linken Seite davon ab, dass Pferde (wie Fahrräder übrigens auch) überwiegend von links bestiegen werden.

Möglicherweise trugen sogar die mittelalterlichen Ritter zur Etablierung des Linksverkehrs bei. Da sie die Angriffswaffe im Allgemeinen mit rechts führten, befanden sie sich bei einer Begegnung zwangsläufig links der Wegmitte. Doch ebenso könnten die Ritter auch am Entstehen des Rechtsverkehrs beteiligt sein:

Gründe für den Rechtsverkehr

In der Tat lassen entsprechende Gemälde darauf schließen, dass bei Turnieren die Lanze zwar an der rechten Seite getragen wurde, die Gegner aber links aneinander vorbei ritten. Auf diese Weise entstand also eine Art Rechtsverkehr. Die Waffe musste demnach quer über das Pferd nach links ausgerichtet werden.

Deutlich plausibler erscheint allerdings die Tatsache, dass die meisten Menschen Rechtshänder sind und daher eine natürliche Neigung haben, sich am rechten Straßenhand fortzubewegen.

Warum sich das Rechtsfahrgebot durchsetzte

Das Rechtsfahrgebot verdanken wir, wie so viele mehr oder weniger sinnigen Neuerungen, der Großen Französischen Revolution. Zunächst wurde für den Pariser Stadtverkehr ein entsprechendes Gesetz erlassen. Der Feldherr Napoleon baute diese Vorschrift später aus und verfügte, dass Marschkolonnen und Feldwagen sich prinzipiell auf der rechten Straßenseite zu bewegen hätten. Der Grund: Feindlichen, links marschierenden Kolonnen sollten so das Ausweichen erschwert werden. Der Imperator ließ sogar an den rechten Wegrändern Ruhebänke aufstellen und ordnete das Rechtshaltegebot in allen eroberten Staaten an. Abgesehen von Österreich-Ungarn behielten diese Gebiete auch nach Napoleons Niederlage dessen System bei.

Bei den Franzosen selbst hingegen stieß die Idee ihres Kaisers offenbar auf weniger Begeisterung, denn erst 1852 machte ein Dekret den Rechtsverkehr zur Pflicht im ganzen Land. Endgültig durchsetzen konnte sich diese frühe "Verkehrsregel" sogar erst 1921, also genau 100 Jahre nach Napoleons Tod.

Donky, am 08.07.2020
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Bildquelle:
Kerstin Schuster (Warum es in literarischen Werken keine "Neger" mehr geben darf)

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