Der Ort des Geschehens: Burghausen

 Burg Burghausens

So ein Beispiel ist auch der neueste Burghausenkrimi. Burghausen ist eine oberbayerische Stadt mit 19.000 Einwohnern, an der Salzach direkt zur österreichischen Grenze gelegen, im so genannten südostbayerischen Chemiedreieck. Die dortige längste Burg Europas macht Burghausen auch über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt. Was aber heutzutage ungewöhnlich ist, und das kann ich nur bestätigen als ehemalige Gymnasiastin dort, es ist eine reiche Kommune durch die Gewerbesteuereinnahmen der dortigen Chemieindustrie. Vorbildliche Infrastruktur mit attraktiven Sportstätten internationalen Ausmaßes und dabei eine romantische Altstadt mit fast italienischem Flair kennzeichnen Burghausen. Ebenso ungewöhnlich in diesem zum Landkreis Altötting gehörenden Ort: Seit 16 Jahren regiert dort ein SPD-Bürgermeister, mein ehemaliger Klassenkamerad Hans Steindl. Er hat sich unbestritten große Verdienste um die Stadt erworben, aber ihm passiert, was bei vielen Politikern zu beobachten ist, die sich so lange unangefochten an der Macht halten: Er agiert wie ein kleiner König, spricht von sich übrigens wie der Papst im "majestatis pluralis" mit "Wir". Dies auch die Kritik, die mehr oder weniger penetrant aus den 164 Seiten des Taschenbuches von Alfred Müller heraus quietscht.Krimi-Autor Müller

 

 

 

Autor und Exlehrer Alfred Müller mit seinem Burghausenkrimi

Foto: Willmerdinger

An fränkischer Blutwurst erstickt - Mord oder Unfall?

Wie sein Verfasser ist auch der im Buch ermittelnde "Hobby-Kriminaler" mit dem wunderschönen Namen Agamemnon Meiereder ein pensionierter Gymnasiallehrer. Er wittert gleich ein unschönes Verbrechen, als ein Besucher des Burgfestes an einer fränkischen "Blunzn", einer überdimensionalen Blutwurst erstickt. Und dies im Moment, als der das Fest eröffnende Bürgermeister mit seiner Gattin an diesem Frankenstand vorbei kommt. Da es sich bei dem Toten um einen echten Franken handelt, der mit diesen Wurstungetümen von Geburt an umgehen können müsse, fängt  Agamemnon an, in alle Richtungen zu ermitteln.

Die Ausgangsidee ist witzig. Es folgt dann viel Fränkisches und das in der oberbayerischen Diaspora. Was für mich als Leserin, die dort aufwuchs, aber längst "ausgewandert" ist, den großen Spaß ausmacht, ist die Auffrischung regionaler Gegebenheiten. Da fährt Agamemnon mit seinem Farhrrad einen Teil meines Schulweges ab, da erkenne ich diese und jene Straße wieder - ach, die Nostalgie läßt grüßen und ich amüsiere mich. Zumindest in der ersten Hälfte.Bürgermeister mit Besuchern

 

In der zweiten Hälfte wiederholt sich der Autor zu sehr, nicht nur, was den Bürgermeister in seinen Sitzungen und seine Ambitionen angeht, auch die Staubsaugerbemühungen seines Agamemnon betreffend, der als Pensionär Hausmann spielt, während seine Gattin noch arbeiten muss. Das langweilt dann zusehends. Man wartet auf die Auflösung und die ist enttäuschend, um nicht zu sagen mau. Nur so viel: Agamemnons übereifrige Recherchen sind alle für die Katz. Mit letzterer, der eigenen im Hause, steht er übrigens aufgrund seiner musikalischen Übungen auf Kriegsfuß.

 

Oben: Burghausens Bürgermeister Hans Steindl (ganz rechts), eine der Hauptfiguren des Buches,  auf einem Rundgang mit Besuchern

(Foto: Roland Patzak)

Kleiner Skandal: die Titeländerung

Der Autor benannte zunächst sein Werk "Der Tod kam mit dem Bürgermeister", was inhaltlich synchron liefe. Aber er bildet auf dem Umschlag zugleich den Hans Steindl mit seiner Frau ab, für jeden erkennbar. Da muss ich meinem "alten" Klassenkameraden, Recht geben, der sich verbat, dass er und seine Frau direkt mit dem Tod in Verbindung gebracht würden: Das ist nicht fair, das verstößt auch für meine Begriffe gegen Personenrechte, auch bei einer Person der Öffentlichkeit. Das hat mit Kritik nichts mehr zu tun, da sollte ein Exlehrer sorgfältiger arbeiten. So musste er den Titel außen am Umschlag und auf der ersten Seite innen schön überkleben. "Vergessen" hat er es allerdings auf dem Buchrücken.

Aber noch einen Rat würde ich dem Autor geben: mal einen Schreib-Workshop zu besuchen, wie man Spannung nicht nur aufbaut, nicht abflauen läßt, sondern kontinuierlich hält in einem Bogen, der in einer überraschenden Pointe gipfeln sollte. Es ist daher kein Wunder, dass solche Bücher nur im Eigenverlag erscheinen.

 

Alfred Müller: Der Regen kam mit dem Bürgermeister. Burghausenkrimi Band 3. 164 Seiten. Selbstdruck im Eigenverlag 2011.

Arlequina, am 07.01.2012
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Bildquelle:
Karin Scherbart (Asterix bei den Pikten – Rezension)

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