Zuschauerraum

© Renaissance Theater

 

3 Millionen Dollar Bestechungsgeld

"Präsidenten-Suite" wurde 2012 beim Edinburgh Fringe Festival uraufgeführt. Das Thema des Dramas ist auch heute noch hoch brisant, es hat an Aktualität nichts eingebüßt, ganz im Gegenteil: Gelangen doch immer wieder neue Missbrauchsvorwürfe gegen Prominente in eine ereignishungrige Öffentlichkeit, die gierig danach greift. Chataignes (Dietrich Adam) äußerst wohlhabende Frau (Imogen Kogge) kennt seine der Lust gewidmeten Freizeitvergnügungen zur Genüge. Angesichts der Tat ist sie kaum überrascht oder bestürzt, aber verärgert, dass sie ihrem zügellosen Gatten wieder einmal aus einer kritischen Situation heraushelfen muss. Ihrer schrankenlosen Solidarität ist er sicher, und zudem hat er einen Top-Anwalt (Heikko Deutschmann), der die Angelegenheit mit 3 Millionen Dollar Schweigegeld ungeschehen machen soll. Naomi St. Cloud (Maya Alban-Zapata), das Opfer, wäre für immer finanziell saniert und könnte sich nun einiges leisten, wovon sie früher nur träumte. Das erzählt sie auch ihrer Anwältin (Johanna Griebel), doch die hat einen Gegenvorschlag: Eine Stiftung würde ihr die entgangene Summe von 3 Millionen quasi ersetzen, und so kann sie in Ruhe über die Wahrheit ihrer Erniedrigung detailgenau Bericht erstatten. Auf dass die Gerechtigkeit siege und endlich mal einer von den "Großen" verurteilt wird. Griebel spielt eine kühl berechnende Anwältin, die auch eigene Interessen – eben der Sturz von sadistischen Schändern – verfolgt. Deutschmann als Gegenanwalt, verschlagen und mit leicht aasigem Ausdruck, macht gegen Bezahlung alles, und es wundert nicht, dass er gegen das Opfer mit einer medienwirksamen Schmutzkampagne zu Felde zieht.

 

In der Wut die Fassung verloren

Nach der Pause spielen die Schauspieler*innen vor der Glasfassade, stehend, aber dynamischer wird es nicht. Komischerweise denkt man bei diesem Auftritt an eine szenische Lesung. Es wird viel heruntergesprochen und wenig agiert. Regisseur Gunbert Warns vertraut allein auf die Kraft der Worte, doch das ist für ein Theaterstück zu karg und ertragsarm. Chataignes Gemahlin, deren weibliche Reize sich in Grenzen halten, glaubt die Sache bereinigt, leider sieht die Sache bei einem Zwiegespräch mit dem sich als uneinsichtig erweisenden Zimmermädchen ganz anders aus. Die denkt nicht mehr an Chataignes Korruptionsversuch und plädiert auf schuldig, und die Lady wird plötzlich boshaft, verbal rabiat und leistet sich eine Entgleisung. "Du kleine Fotze!" oder ähnliches brüllt sie, völlig die Fassung verlierend. Wie das Ganze nun letztlich ausgeht, lässt sich nur vermuten – das Stück bricht abrupt ab. Das Thema ist gewiss interessant, aber insgesamt bleibt es eine arg trockene Angelegenheit mit Schauspieler*innen, die zu wenig gefordert werden.

 

Präsidenten-Suite

Ein modernes Märchen.

Deutschsprachige Erstaufführung

Deutsch von Guntbert Warns und Moritz Staemmler

Regie: Guntbert Warns, Bühne: Momme Röhrbein, Kostüme: Ariane Warns, Felina Warns.

Es spielen: Heikko Deutschmann, Imogen Kogge, Johanna Griebel, Maya Alban-Zapata, Dietrich Adam.

Renaissance Theater Berlin, Deutschsprachige Erstaufführung war am 7.10.2018, Kritik vom 9.10.2018

Dauer: 1 Stunde 50 Minuten, eine Pause.

 

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