Rückenschmerz - Obstipation - Abführmittel
Stuhlverstopfung (Obstipation) und Abführmittel gehören bekanntlich zusammen. Was das mit Rückenschmerz zu tun hat, soll hier beschrieben und Abhilfen besprochen werden.Unser Körper ist wie ein Pullover, alles ein Faden
Der Organismus reagiert auf alle Einflüsse sofort. Ein Umstand, den viele nicht glauben wollen und sofern sie überhaupt Beobachtungen machen, werden die oft noch als zufällig angesehen. Eine weitere Sache ist, derartige Reaktionen auch noch folgerichtig zu werten. Das verhält sich in etwa so, wie ich meine Fähigkeit Pilze im Wald zu finden, erworben habe. Mein Großvater zeigte mir als Erstes Pfifferlinge und von diesem Moment an sah ich Pfifferlinge aber keine anderen Sorten. Danach kamen Steinpilze usw. Aufgrund dieser Erfahrungen möchte ich hier körperliche Reaktionen besprechen und setze darauf, dass der Leser sie dann auch bemerkt und zu seinem Nutzen anwendet.
Um zu verdeutlichen, was damit gemeint ist, als Beispiel die Beobachtung eines meiner Patienten: "Ich erwache morgens mit Rückenschmerz und immer nach dem WC geht es meinem Rücken und meinen Schultern sehr viel besser,"
Wahrscheinlich werden nicht wenige diese Aussage für hypochondrisch angefärbt halten und sich achselzuckend realeren Dingen zuwenden. Bei näherer Betrachtung zeigt sich allerdings, dass diese zunächst unglaublich erscheinende Aussage tatsächlich "Hand und Fuß" hat.
Das lässt sich mit zwei anatomisch begründbaren Zusammenhängen begründen. Der eine ist zwar in Ärztekreisen bekannt, wird aber kaum angewendet. Das ist die Kenntnis vom spinalen Nervensystem. Dazu kommt ein weiteres logisches aber bisher unbeachtetes Zusammenspiel zwischen dem Zwerchfell und der Halswirbelsäule.
Das spinale Nervensystem
Hier eine vereinfachte Darstellung:
Alle unserer Aktivitäten und Aktionen werden im Gehirn gebildet und via Nervenbahnen in den Körper geleitet. Diese Einleitung erfolgt in einer großen Zusammenfassung, vergleichbar mit einem Kabelbaum, dem in der Wirbelsäule befindlichen Rückenmark.
Zwischen jeweils benachbarten Wirbeln verlassen, rechts und links, Nerven das Rückenmark im Bereich der Wirbelsäule. Sie teilen sich unmittelbar nach ihrem Austritt in mehrere Äste:
Ein Ast versorgt in diesem Abschnitt die Muskulatur. Das entspricht beispielsweise im Bereich der Brustwirbelsäule der Muskulatur zwischen zwei Rippen. Ein zweiter Ast versorgt etwa in dieser Höhe die Haut und ein Dritter zieht in die Tiefe des Körpers, um ein inneres Organ zu versorgen. Das alles wird als "Segment" bezeichnet.
Befindet sich innerhalb eines Segmentes eine der beteiligten Strukturen in einem Störungszustand, teilt sich der allen anderen dort angeschlossenen Teilen mit. Die Spannung der Muskulatur erhöht sich, es kommt zu Wasseransammlungen (Ödemen) in den Arealen der Haut dieses Segments und Knochenanteile werden u. U. spontan empfindlich.
Spinalnervensystem (Bild: http://www.wissen-digital.de)
Versorgungsgebiet des Dickdarms (Bild: Klaus Radloff)
In aller Regel handelt es sich dabei um ein inneres Organ, dass - innerhalb seines Segmentes - Veränderungen an den anderen, dort angeschlossenen Strukturen auslöst. So kommt es zu Muskelbeschwerden, die sich im Lauf der Zeit u.a. auch zu Bandscheibenvorfällen in diesem Segment entwickeln können.
Und wenn da nun eine Blähung quer sitzt?
Störungen und Erkrankungen des Dickdarms müssen nicht, wie allgemein erwartet, Bauchbeschwerden verursachen, sondern können in den unteren Rücken oder in die Hüft- und Kniegelenke einstrahlen. Auswirkungen bis in die Halswirbelsäule sind ebenfalls häufig anzutreffen.
Grund für derartige Störungen können beispielsweise "Diätfehler" sein, also Auswirkungen unverträglicher Nahrungsmittel, die zu Gasansammlungen (Blähbauch) führen oder Anlass für Durchfälle oder Verstopfungen sein können.
Kniearthrose (Bild: Klaus Radloff)
Auch müssen dazu Darmerkrankungen, wie beispielsweise eine Taschenbildung (Divertikulitis) aber auch Polypen und Tumore gezählt werden. Nach einem Tropenurlaub kann das Folge einer parasitären Infektion sein. Alle diese Noxen teilen sich der Muskulatur in dem angeschlossenen segmentalen Versorgungsgebiet mit und können deshalb für erhebliche Beschwerden verantwortlich sein, von denen angenommen wird, dass sie von Orthopäden behandelt werden sollten.
Das WC, eine Wunderheilanstalt
Noch dem soeben Gesagten dürfte verständlich geworden sein, dass beispielsweise der Verzehr unbekömmlicher Nahrungsmittel "Hexenschüsse" (Lumbalgien) auslösen kann. Die muskuläre Spannung im Segment wird dadurch stark gesteigert und nun reicht eventuell allein schon der Gedanke an eine falsche Bewegung, um eine Lumbalgie auszulösen. Einen hochgradigen Schmerzzustand, der häufig so abrupt endet, wie er begonnen hat. Wird der Verursacher am nächsten Tag während des Aufenthalts "im stillen Örtchen" ausgeschieden, ist der Rückenschmerz ebenso schnell beendet und es bedarf dann keiner weiteren, möglicherweise den Schmerz erhaltenden Therapie.
Der Dickdarm und die Halswirbelsäule
Beeinträchtigungen des Dickdarms, in der nebenstehenden Zeichnung wird er als Grimmdarm bezeichnet, können so wurde anfangs gesagt, in die Halswirbelsäule und in die Schultergelenke übertragen werden. Zunächst ist diese Behauptung auch für Fachleute kaum nachvollziehbar und sie ist für medizinische Laien sicherlich unvorstellbar. Dafür existiert aber ein Zusammenhang, der sich bei näherer Betrachtung als logisch und einfach nachvollziehbar erweist.
Verdauungssystem (Bild: Wikipedia.de)
Dabei hat es sich bisher gezeigt, dass medizinische Laien dieses Zusammenspiel begreifen, während relativ viele Ärzte damit Mühe haben.
Die Erklärung dafür ist einfach: In 5-Minuten-Konsultationen kann darauf nicht eingegangen werden und weiter, "wozu renovieren, wenn das Geschäft doch so gut läuft".
Der Dickdarm verläuft durch den ganzen Bauchraum und sein waagerecht verlaufender querliegender Ast, hier im Bild grün dargestellt, berührt das Diaphragma (Zwerchfell). Das Zwerchfell trennt, vergleichbar mit einer Schublade, den Bauchraum vom Brustraum. Auf diesen großen Muskel, dessen Hauptaufgabe bei der Atmung liegt, werden Reize der unterhalb und oberhalb befindlichen Organe übertragen.
Die Einstrahlung von beispielsweise Beschwerden des Dickdarms in die Schulter-Nackenregion wird mit der nervlichen Versorgung des Zwerchfells erklärlich. Der das Zwerchfell versorgende Nerv ist der Nervus Phrenikus.
Dieser Nerv verlässt das Rückenmark zwischen dem 4. 5. und 6. Halswirbel. Er zieht von dort am vorderen Teil der Brustwirbelsäule herab und bildet auf dem Zwerchfell ein dichtes Netz. "Störfeuer", die von den dem Zwerchfell benachbarten Organen ausgehen, werden auf dieses Netz übertragen und gelangen so zur Halswirbelsäule.
In unmittelbarer Nachbarschaft der Austrittsorte des N. Phrenikus befinden sich u.a. Nervengeflechte, die den Nacken, die Schultern und die Arme innervieren. Nähere Informationen darüber finden Sie hier: "Der Zwerchfell-Halswirbelsäulen-Reflex DZR"
Das Zwerchfell und sein Nerv (Bild: Klaus Radloff)
Häufige Ursache ist eine Obstipation
Obstipationen (Stuhlverstopfungen) sind wie bereits gesagt, nicht die die einzigen Gründe für die Auslösung dieses Reflexes. Alle anderen nur denkbaren organischen Auslöser zählen ebenso dazu. Da jedoch die Obstipation gleichsam zum Volksleiden geworden ist, hier die besondere Erwähnung dieses Krankheitsbildes.
Die Namensgebung "Dickdarm" weist (nur) in der deutschen Sprache auf dessen Funktion hin. Er hat die Aufgabe, dem von seinen Nahrungsstoffen bereits im Dünndarm "befreiten" Speisebrei noch das Wasser zu entziehen. Erledigt er diese Aufgabe allzu intensiv, dann wird aus dem Speisebrei eine Masse, die mit "Beton" annähernd vergleichbar ist. Eine Obstipation kann deshalb nicht als Schwäche des Darmes, sondern muss als krankhafte Stärke bezeichnet werden. Es kommt zur entzündlichen Verbackung des Darminhalts mit der Darmschleimhaut.
Abführmittel verstärken die Beschwerden
Nachdem die negativen Auswirkungen von Obstipationen beschrieben wurden, bietet sich Abhilfe in Form von Abführmittel geradezu an. Doch Vorsicht, Abführmittel wirken über die Reizung der Darmschleimhäute und verbessern die Reizzustände somit im Darm nicht. Die Idee, die Beschwerden eines lumbalen oder auch zervikalen Bandscheibenvorfalls bei bestehender Obstipation durch Einnahme eines Abführmittels verringern zu können, wirkt sich in aller Regel katastrophal verschlimmernd auf die Schmerzen aus.
Ähnlich verhält es sich nach der Einnahme einiger Schmerzmittel. Insbesondere opioidhaltige Medikamente wie beispielsweise Tramal mit dem Wirkstoff Tramadol haben, lösen als Nebenwirkung Obstipationen aus. Ärztlicherseits wird das jedoch nicht als Problem gesehen, da ja Stuhlverstopfungen mit Laxantien (Abführmitteln) behoben werden können. Dass hierbei eine doppelte Reizsetzung erfolgt, die zwangsläufig zu Verschlimmerungen führt, wird nicht gesehen.
Die Lösung
Um das Problem einer schmerzverstärkenden Obstipation zu lösen, sind Abführmittel, weil sie bestehende Reizungen verstärken, denkbar ungeeignet. Zur reizlosen Problemlösung bietet sich deshalb der "gute alte" Einlauf an. Dabei wird eine größere Menge Wasser oder eventuell Kamillentee - 1 bis 3 Liter - von "hinten" in den Darm geleitet.
Die Flüssigkeitsmenge bewässert in kurzer Zeit den trockenen Darminhalt und Stuhlgang erfolgt absolut reizlos in kurzer Zeit.
Das erscheint ihnen zu zeitaufwendig oder zu umständlich? Dann machen Sie doch einfach diesen Einlauf von der anderen Seite. Dazu wird morgens unmittelbar nach dem Erwachen, etwa 1,5 Liter zimmerwarmes Wasser getrunken und der Stuhlgang erfolgt in etwa einer Stunde.
Anmerkung: Ich bin Gegner jeglicher "Vielsauferei" und befürworte dennoch dieses Vorgehen bei Obstipationen, denn nach einigen Tagen, wenn das Flüssigkeitsdefizit behoben werden konnte, kann versucht werden die Menge zu vermindern.
Zusammenfassung
Entgegen allgemeiner Meinung können Störungen der Darmfunktion, Verstopfungen sowie auch Durchfälle, Beschwerden im unteren Rücken, der Hüft- und Kniegelenke aber auch in der Schulter-Nackenregion verursachen. Die Behebung der dem zugrunde liegenden Störungen, löst diese Problematik üblicherweise ohne Einnahme von Schmerzmedikamenten. Dazu gehört, wie hier besprochen, die reizlose Behandlung von Obstipationen.
Mir ist bewusst, dass die hier erwähnten Fakten nicht Allgemeingut sind. Sie haben sich aber seit vielen Jahren in der täglichen Praxis mit meist spontanen Behandlungsergebnissen bewährt.