Die Ukraine in der Geschichte

Will man den Konflikt in der Ukraine verstehen, muss man sich mit der Geschichte der Ukraine befassen. Die Ukraine hat immer wieder Änderungen erfahren. Sie lässt sich grob unterteilen in fremde politische Einflüsse, Gebietsverschiebungen und Aufteilungen.

Die Ukraine vor dem Ersten Weltkrieg

Ausgehend von dem Wiener Kongress (1814/15 ), bei dem es zu einer vollständigen Neuordnung von Europa ging, war auch die Gebiete der Ukraine (damals Österreich-Habsburg) Gegenstand der Neuordnung. Glaubte man nun, es würde Ruhe in die einzelnen Staaten einkehren, wurde man schnell eines Besseren belehrt. Auch die Ukraine litt wieder unter fremden Einflüssen und Machtinteressen.

Ukraine nach dem Ersten Weltkrieg

Nachdem Deutschland den Ersten Weltkrieg verloren hatte, wurde 1918 der unabhängige Staat Ukraine gegründet. Dieser wärte jedoch nur von kurzer Dauer. Bald kam zu Konflikten zwischen Polen und Russland, die Folge war wieder eine Aufteilung der Ukraine. Der westliche Teil der Ukraine wurde Polen, Rumänien und der Tschechoslowakei zugeordnet. Die Zentral- und Ostukraine wurden der Sowjetunion angeschlossen. Somit wurde die Ukraine wieder zerlegt, und unterlag wieder fremdpolitischen Einflüssen. Beide Teile entwickelten sich wirtschaftlich und politisch sehr unterschiedlich. Besonders der russische Teil der Ukraine wurde durch die Sowjetunion wirtschaftlich sehr stark geschwächt. Aufgrund hoher Abgaben landwirtschaftlicher Güter kam es zu einer verheerenden Hungersnot 1932/33, der sogenannten Holodomer, der ca. 4 - 6 Millionen Menschen zum Opfer fielen. die Aufteilung hatte bis 1939 Bestand. In diesem Jahr führte der Hitler-Stalin-Pakt zur Aufteilung Polens.Der östliche Teil Polens wurde der Sowjetunion zugeordnet, der westliche Teil Deutschland. Hiervon betroffen waren auch Teile der Ukaine. Als 1941 dann Deutschland der Sowjetunion den Krieg erklärte besetzte Deutschland die östlichen Teile Polens sowie die restlichen Teile der Ukraine. Die deutsche Besatzung führte zu hohen Verlusten in der Ukraine.

Die Ukraine nach dem Zweiten Weltkrieg

Durch die Verschiebung Polens Richtung Westen, fielen ehemalige ukrainische Gebiete, Karpatho-Ukraine, Ostgalizien und Nordbukowina an die Sowjetunion. Die Ukraine stand nun komplett unter russischem Einfluss und war ein Teil der Sowjetunion. Sprache, Kultur und die Wirtschaft unterlagen dem russischen Einfluss. Die Krim wurde 1954 von Chruschtschow dem damaligen Sowjetstaat Ukraine geschenkt.

Die unabhängige Ukraine

Im Rahmen der Perestrojka führte ein Referendum in der Ukraine dazu, dass der unabhängige Staat Ukraine gegründet wurde. Von 19991 bis 2004 war die Ukraine überwiegend nach Russland ausgerichtet, das zeigt sich an der Gründung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) mit Russland und ehemaligen sowjetischen Staaten, die nun eigenständige Staaten waren. 2004 begann sich die Ukraine unter dem Präsidenten Juschtchenko Richtung Westen zu orientieren. Der russische Einfluss wurde zurückgedrängt, insbesondere auch die russische Sprache. Nachdem die Unzufriedenheit unter der Regierung zunahm, wurde 2010 Janukowitsch als Präsident gewählt, Nun erlebte die Ukraine wieder die Zunahme des russischen Einflusses. In der Westukraine mehrte sich die Unzufriedenheit und führte zu den Demonstrationen auf dem Maidan in Kiew. Als diese immer stärkere Ausmaße an nahm und Janukowitsch sich Richtung Russland absetzte, übernahm eine Übergangsregierung die Amtsgeschäfte der Ukraine. Diese Übergangsregierung besteht jedoch überwiegend aus Westukrainer.

 

 

Die Regierung Janukowitsch

Als Janukowitsch im Februar 2010 zum Präsidenten der Ukraine ernannt wurde wurden die Bemühungen seines Vorgängers Juschtschenko der Orientierung Richtung EU wieder zurückgenommen. Hierfür dürfte auch seine Herkunft aus Donzek in der Ostukraine eine Rolle spielen. Zwar bekannte er sich weiterhin zu einem blockfreien Staat, als sogenannte Brücke zwischen Russland und der EU, jedoch nahm der russische Einfluss wieder zu. Ein NATO-Beitritt lehnte er von Anfang an ab. Insbesonders die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland und anderen ehemaligen Sowjetstaaten nahm wieder zu. Aufgrund des Prozesses gegen Julija Tiymoschenko verweigerte die EU die Unterschrift unter das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine. Die EU verlangte eine Entscheidung der Ukraine zwischen der EU und Russland.Daraufhin wandte sich Janukowitsch politisch und wirtschaftlich verstärkt Russland zu. Die Folge waren Proteste auf dem Maidan in der Hauptstadt Kiew. Diese wurden immer stärker und der Westen unterstütze die Aktivisten durch verbale Hilfsaktivitäten. Die Folge war das Janukowitsch sich nach Russland absetzte und als Präsident vom ukrainischen Parlament abgesetzt wurde.

 

 

 

Einflussnahme des Westen

In den letzten Monaten unter der Regierung Janukowitsch nahmen die Auftritte westlicher Politiker auf dem Maidan zu. Während Politiker aus der EU sich noch eher zurückhaltend verhielten, ermunterten die Vertreter der USA die Aktivisten und versprachen ihnen Hilfe. Als das Parlament den Präsidenten Janukowitsch für abgesetzt erklärte, und sich eine neue Übergangsregierung in Kiew gebildet hatte, gaben sich Vertreter der Westmächte in der Ukraine die Klinke in die Hand, und versprachen dieser wirtschaftliche und politische Hilfe. Das Problem der neuen Regierung ist jedoch, dass diese überwiegend aus Vertretern der Westukraine besteht, sowie aus Aktivisten des Maidan-Protestlern. Der Osten der Ukraine, insbesonders die russisch orientierten Einwohner dieser Gebiete sahen sich nicht mehr ausreichend vertreten. Die Westen machte den Fehler, dass sie die Übergangsregierung zu wenig aufforderte auch diese Gebiete mit einzubeziehen. Als dann der Konflikt auf der Krim immer stärker wurde, und diese sich von der Ukraine in einem Referendum los sagte, machte der Westen hierfür allein Russland verantwortlich. Zwar ist davon auszugehen, dass Russland die Loslösung der Krim aktiv unterstütze, jedoch sollte hier der historische Hintergrund berücksichtigt werden, dass die Krim nur durch eine Schenkung 1954 der Ukraine zugeordnet wurde. Die Krimtataren sowie die überwiegende Bevölkerung der Krim hatte keine große Beziehung zur Ukraine. Die Westmächte, insbesondere die USA bezogen sich nicht auf diesen historischen Aspekt, sondern betrachteten nur den unabhängigen Staat Ukraine ab 1991.

Die Konflikte in der Ostukraine müssen anders bewertet werden. Hier leben sowohl westlich orientierte Ukrainer als auch russisch orientierte Ukrainer. Gerade Letztere fühlen sich durch die Übergangsregierung nicht ausreichend vertreten. Als diese die russische Sprache verboten hatte, verloren diese Bürger vollends das Vertrauen in die Regierung und wollen das nachvollziehen, was sich auf der Krim vollzog. Der Westen macht wieder Russland als den Hauptschuldigen für die Unruhen aus, und droht Russland mit Sanktionen. Die ukrainische Übergangsregierung schließt sich den Vertretern der EU und der USA an, und heizt somit den Konflikt in der Ostukraine an. Ob die Wahlen im Mai 2014 eine Entspannung bringen ist fraglich. Sollten sich die Unruhen fortsetzen und sich weiterhin verstärken, kann ein Bürgerkrieg die Folge dieser falschen Politik sein.

Zukunftsaussichten der Ukraine

Die ukrainische Übergangsregierung hat die Chance verpasst, sich als Regierung der Gesamtukraine zu verstehen. Zu stark hat sie auf den Westen gesetzt, und zu wenig die Beziehungen zu Russland gesucht. Die Abspaltung der Krim hat die Beziehungen zu Russland vollends zum Stillstand gebracht. Es bleibt abzuwarten wie die Neuwahlen im Mai ausgehen. Sollten die russisch orientierten Bürger die Wahl boykottieren, droht die Gefahr, dass die neue Regierung von den Separatisten nicht anerkannt wird, und sich die Unruhen weiter fortsetzen. Hauptziel der neuen Regierung muss es sein, sich von den Interessen des Westens und Russlands zu distanzieren und sich verstärkt der Innenpolitik zu zuwenden. Eine Lösung der Krise kann nur innerhalb der Ukraine stattfinden. Sollte die neue Regierung die Politik der westlichen Orientierung fortsetzen, und die Beziehungen zu Russland nicht wieder aufnehmen, könnte ein Bürgerkrieg in der Ostukraine die Folge sein. Militäreinsätze in dieser Region gegen russische Aktivisten würde die Beziehungen dieser Regionen zum Rest der Ukraine auf Jahre hinaus sehr stark belasten. Verlierer dieser Krise dürfte letztendlich nur die Ukraine selbst sein. Wirtschaftlich ist sie in hohem Maße auf Russland angewiesen, insbesondere auf Gas- und Erdöllieferungen. Auch in industriellen Wirtschaftsbeziehungen ist die Ukraine sehr stark mit Russland verwoben. Eine Hinwendung zum Westen kann nur langsam erfolgen, die Folge während dieser Übergangszeit ist eine Verarmung des Landes, sowie seiner Bürger. Dies wird neue Unruhen erzeugen, diesmal gegen die neue Regierung und den Westen, insbesondere die EU.

Die Fehler des Westens

Auch wenn die Ausgangssituation der Unterstützung der Maidan-Aktivisten richtig war, hätten sich die westlichen Politiker, insbesondere die Vertreter der USA, gegenüber den Aktivisten etwas zurücknehmen müssen. Eine Lösung konnte nur in Verhandlungen mit der Regierung Janukowitsch unter gleichzeitiger Einbeziehung von Russland gelingen. Der Westen machte sehr schnell Russland als den Hauptschuldigen aus, und bezog diese nicht mehr ernsthaft in die Vermittlungen ein. Es wahr auch ein Fehler, dass die EU beim Assoziierungsabkommen die Ukraine vor die Wahl stellten, sich für den Westen oder Russland zu entscheiden. Die Ukraine ist durch die lange Zugehörigkeit zur Sowjetunion zu stark russisch geprägt und wirtschaftlich verbunden, als dass die wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland zu schnell reduziert werden könnten. Die Ukraine ist bezüglich der Energieeinfuhr komplett von Russland abhängig und hat dieser gegenüber enorm hohe Verbindlichkeiten. Russland benötigt die Ukraine ebenfalls, da ein großer Teil der Gaslieferungen durch Pipelines in der Ukraine erfolgen. 

Die Rhetorik der USA gegenüber Russland war von Beginn an nicht auf Gleichheit, sondern auf Konflikt angelegt. Die Regierung in Washington müsste eigentlich wissen, dass sie die Ukraine nicht in dem Maße unterstützen kann, wie diese es beim Bruch mit Russland benötigt. Zu groß ist der geographische Abstand. Die Hauptlast der wirtschaftlichen Unterstützung liegt daher bei den Staaten der Europäischen Union. Das Problem dieser Länder, insbesondere Deutschlands, ist, dass diese in hohem Maße Wirtschaftsbeziehungen mit Russland unterhalten. Sanktionen gegenüber Russland, wie sie die USA fordert, haben großen Einfluss auf die Wirtschaft in EU-Länder. Russland wird zwar unter diesen Sanktionen ebenfalls sehr stark leiden, jedoch ist der Westen mehr auf Russland angewiesen als Russland auf den Westen.

Auch ein Aufrüsten der USA in der Region kann nicht gelingen. Die militärische Präsenz in der Region ist zu gering um Russland ernsthaft zu gefährden, und die Gefahr eines neuen Krieges will letzten Endes keiner eingehen. Die Äußerungen der Nato, sowie die verstärkte Präsenz der Nato in Polen und dem Baltikum ist gänzlich Fehl am Platz. Die Ukraine ist kein Nato Mitglied, somit kann der Bündnisfall auch nicht eintreten.

Der Westen, insbesondere die EU, müssen zur Strategie der Deeskalation übergehen, und in Verhandlungen mit Russland und der Ukraine treten. Nur unter gleichwertiger Einbeziehung von Russland kann eine Lösung des Konfliktes gelingen.

Es bleibt nur zu hoffen, dass sich alle Seiten darüber im Klaren werden, dass ein Weiter so wie bisher zu keiner Lösung führt. Während die Vertreter der EU zur Versachlichung aufrufen, sollten sich Vertreter der USA etwas mäßigen in der Rhetorik der Sanktionen gegenüber Russland. Man stelle sich einmal vor, Einflussgebiete der USA würden durch Unterstützung der Russen verloren gehen. Wohl kaum blieben in diesem Fall die USA untätig, siehe hierzu die Kuba-Krise 1962. 

 

 

 

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