Eva Meckbach und Kay B. Schulze (Bild: © Arno Declair)

Eva Meckbach und Sebstian Schwarz im Tigerkostüm (Bild: © Arno Declair)

Die schlauen Pfeile

Im Mittelpunkt des Stückes stehen Beatrice (Eva Meckbach) und Benedick (Sebastian Schwarz), die eine unbegründete Aversion gegeneinander haben und ihre Wortgefechte mit ungraziösen Sticheleien würzen. Beatrice ist ihm an Schlagfertigkeit und Wortgewandtheit überlegen, er flüchtet sich nach einem misslungenen Gegenschlag gelegentlich ins Clowneske. Wenn das Drama überhaupt einen Sinn hat, dann ist es die Aufdeckung des höfischen Intrigenspiels, das schnell tragische Dimensionen annehmen kann. Hero setzt ihre manipulativen Kräfte ein, um die beiden Streithähne, die ihre Verbalinjurien anscheinend genießen, zusammenzubringen. Sie schnitzt "die schlauen Pfeile, die schon durch Hörensagen treffen". Gespräche werden eingeleitet, bei denen der lauschenden Beatrice scheinbar nebenbei eingetrichtert wird, dass sie von Benedick geliebt wird, und umgekehrt. Bald sieht man den verzückten Sebastian Schwarz ein Liebeslied von Elvis Presley singen, und bei seinem dargestellten plumpen Charme würde es nicht verwundern, wenn er In The Ghetto genommen hätte. Schwarz besticht durch seine Komik – zuweilen reißt er seine Augen auf -, aber sie nimmt überhand und wird zur Hyperkomik, quasi als Selbstzweck. Eva Meckbach hat sich im Vergleich zu früheren Auftritten offensichtlich professionalisiert, sie meistert ihre Rolle mit Souveränität, die auch den nötigen Biss mit einschließt. Aber eine private Bestform macht noch keine gute Inszenierung aus.

 

Ein Dschungelbuch voller Kuriositäten

Gesungen wird viel an diesem Abend, fast schon in übertriebenem Maße. Jeder darf mindestens einmal ans Mikrofon, und alle können sie singen. Es ist nett anzuhören, doch mitunter wird die Handlung unter der Last des Musiküberschusses beinahe erdrückt. Fast bekommt man den Eindruck, als habe von Mayenburg das Stück nur ausgewählt, um seinen scheinbar unersättlichen Spieltrieb auszutoben und etliche Gags aneinanderzureihen. Sebastian Schwarz tritt im Tigerkostüm auf, Robert Beyer erscheint unter anderem als Frosch, Moritz Gottwald spielt den ausgedünnten Spargeltarzan und Bernardo Arias Portas taucht als gefährlich aussehender Affe auf. Ein wahres Dschungelbuch, das sich hier tummelt, herumkaspert, sich bis zum Gesichtsschweiß verausgabt. Robert Beyer als Don John präsentiert sich auch als Nosferatu-Imitat mit kraftvollen, nach Mutation aussehenden Segelfliegerohren, und unzählige Duplikate dieser gespenstischen Erscheinung sind auf der Leinwand zu sehen. Die hat übrigens einiges zu bieten, ständig sind Filmszenen zu sehen von scheinbaren Naturidyllen, von bizarren Landschaften, die ins Apokalyptische abgleiten.

 

Viel geht unter im Spieltrieb-Taumel

Höhepunkt der Inszenierung ist die spektakuläre Vermählung von Claudio (Moritz Gottwald) und Hero (Jenny König). Da Claudio durch ein durchtriebenes Täuschungsmanöver sich als Hahnrei fühlt, versagt er im entscheidenden Moment sein Ja-Wort und beschimpft Hero aufs Übelste, ohne allerdings das Register des Fäkalvokabulars zu ziehen. Bernardo Arias Portas spielt den Geistlichen als gebeugter Tattergreis, der den Eindruck erweckt, als könne er nicht bis zehn zählen. Nach der gescheiterten Hochzeit geht das sinnlose Handzittern weiter, die Darstellung eines vergreisten, dem Tod entgegenschnarchenden Trottels ist perfekt. Leider ist das etwas zu viel Klamauk, und Moritz Gottwald, der größenmäßig eine Etage höher ist als der Rest seines Ensembles, aber bei Weitem kein Ostermeier-Niveau erreicht, hilft dabei kräftig nach. Dass die beiden Paare am Ende doch zueinander finden, geht fast unter im ekstatischen Spieltrieb-Taumel. Von Mayenburg, der im Vorfeld wahrscheinlich auf die Publikumsresonanz geschielt hat, ist bei seiner Version von Viel Lärm um nichts weiter gegangen: Noch mehr Lärm um überhaupt nichts. Einiges an diesem Abend ist nichts, aber es ist wenigstens ein stellenweise unterhaltsamer Lärm. Den – vornehmlich jüngeren – Zuschauern hat's gefallen.

Viel Lärm um nichts
von William Shakespeare
Deutsch von Marius von Mayenburg

Regie: Marius von Mayenburg, Dramaturgie: Maja Zade, Bühne und Kostüme: Nina Wetzel, Musik: Claus Erbskorn, Thomas Witte, Video: Sébastien Dupouey, Licht: Erich Schneider.
Mit: Eva Meckbach, Bernardo Arias Porras, Kay Bartholomäus Schulze, Robert Beyer, Moritz Gottwald, Sebastian Schwarz, Jenny König.

Schaubühne Berlin

Premiere vom 31. August 2013
Dauer: 2 Stunden 10 Minuten, keine Pause

Bildnachweis: © Arno Declair

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