Robert Beyer, Marie Burchard ...

Robert Beyer, Marie Burchard, Sebastian Schwarz, Damir Avdic (Bild: © Arno Declair)

Verhätschelt und tyrannisch

"Peng" wirkt wie eine Fortsetzung von "Stück Plastik" (Premiere 25.4.2015). Auch hier die Küche als zentraler Ort, auch hier die Videoflut über der Bühne. Diesmal ist es Lukas Turtur, der alles rund um den verhätschelten, aber tyrannischen Peng filmt und in Millionen von Wohnzimmern transportiert. Allmächlich erwächst der Eindruck, dass der Prenzlauer Berg der einzige Berliner Bezirk ist, den der Regisseur wirklich zu kennen glaubt. Tragische Geschichten sind seine Sache nicht, deshalb rückt er immer wieder mit einem Komödientaumel an, in dem sich die vermuteten Witze förmlich überschlagen. Das Bühnenbild (Nina Wetzel) ist ganz in Grün gehalten und präsentiert eine Rutsche, für das erlebnishungrige, mit Stofftieren hantierende Kleinkind wie geschaffen. Der freche Spatz will ganz nach oben und eine heroische Luft atmen, für die andere nicht die Lungen besitzen. Selbstverständlich schöpft auch von Mayenburg aus dem in Mode gekommenen Trump-Bashing. Der redet viel, wenn der Tag lang ist, auch gern mal von einer Pussy, zum Glück fängt der Regisseur nicht mit der neuen Trendmode "Pussy Slapping" an. Denn rasch entsteht das Gefühl, von Mayenburg habe es auf ein entlarvende Verhohnepipelung abgesehen, angefüllt mit einem Sarkasmus, der von übertriebenem Humor gebrochen wird.

 

Sebastian Schwarz, Robert Beyer, Marie Burchard

© Arno Declair

 

Der entzogene Stachel

Das zentrale Thema ist der Umstand, dass aus einem linksliberalen, monetär saturierten Milieu ein fragwürdiger Ableger emporschnellt, der mit erhöhtem Aggressionpotential und Machtgier versehen ist und sein Umfeld – und nicht nur das – an sich reißen möchte. Haben die fürsorglichen, verwöhnenden Eltern gar zu sehr verwöhnt? Nun, wenn die Kinder aus weltanschaulichen Gründen alles dürfen, dann tun sie es auch. Marie Burchard als Mutter Vicky ist stolz auf ihr Wunderkind, lobt es über alle Maßen, dabei ist unter ihren Händen ein Kraftpaket und eine brangefährliche Allzweckwaffe entstanden. Robert Beyer, wie gewohnt professionell, ist als Vater nicht sonderlich ernst zu nehmen. Neben einer Atmosphäre wie beim Kindergeburtstag gibt es einen ominösen Keller, in dem verprügelte Frauen "aufbewahrt" werden. Parallelen zu Flüchtlingen sind nicht zufällig, sondern absichtlich. Doch all die Anspielungen auf die prekäre Situation von Asylanten werden nur angerissen und gehen im Humor unter. Der Tausendsassa Peng arrangiert nicht nur einen Boxkampf (Beyer gegen Damir Avdic, moderiert von Turtur, der wie ein Surrogat von Niels Bormann daherkommt), er organisiert auch eine Show. In summa: Marius von Mayenburg legt einen ungewöhnlichen Zynismus an den Tag, dessen Stachel er sogleich wieder herausrupft. Hier sticht und beißt es nicht, wie es Kafka von wichtigen Werken gefordert hat. Wir lachen lieber.

 

Peng
von Marius von Mayenburg
Regie: Marius von Mayenburg, Bühne und Kostüme: Nina Wetzel, Mitarbeit Bühne: Doreen Back, Video: Sébastien Dupouey, Dramaturgie: Maja Zade.
Mit: Marie Burchard, Robert Beyer, Sebastian Schwarz, Lukas Turtur, Damir Avdic, Eva Meckbach.

Schaubühne Berlin, Uraufführung vom 3. Juni 2017
Dauer: 120 Minuten, keine Pause
 

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