Die Inflation der Auszeichnungen

Der Touristikkonzern Thomas Cook zeichnet seine Hotels inzwischen nicht mehr mit einem eigenen Award aus. Das Unternehmen will erst einmal prüfen, ob diese Auszeichnung überhaupt noch einen Sinn ergibt. Das klingt logisch.
Neulich stand ich vor der Tür eines Berliner Mittelklassehotels. Sage und schreibe 7 verschiedene Awards präsentierte diese Herberge ihren Gästen. Muss also ein exzellentes Hotel sein. Wirklich? Oder ist das Hotel nur auf verschiedenen Buchungsplattformen und Bewertungsportalen vertreten und sammelt Preise wie andere Briefmarken?
Fakt ist, die Inflation der Auszeichnungen ist auch einem zunehmenden Konkurrenzdruck geschuldet. Gerade im Segment der 3 Sterne Hotels nahm der Preiskampf in den vergangenen Jahren dramatisch zu. Das betrifft sowohl die Häuser selber als auch die Buchungsportale wie HRS und Bookings.com. Letztere verdienen an den Provisionen ihrer vermittelten Buchungen und heben ihre buchungsstarken Hotels mittels eigener Awards aus der Masse der Anbieter heraus. Davon profitieren beide Seiten.

Entscheiden ist, wer bewertet!

Hier gibt es zwei grundlegende Möglichkeiten. Bei TUI können nur Reisende bewerten, die auch wirklich in diesem Hotel übernachteten. Der Zugang zur Umfrage ist nur mit den jeweiligen Reiseunterlagen möglich. Expedia als global Player der Buchungsportale verschickt nach dem Hotelaufenthalt an den Reisenden per mail einen Bewertungsbogen. So ist auch der Ablauf bei Booking.com. Auch hier ist ein realer Hotelaufenthalt zwingende Voraussetzung für eine Bewertung. Diese Buchungsportale schränken damit die Missbrauchsmöglichkeiten schon deutlich ein. Zugleich, und dieser Aspekt ist auch interessant, buchen viele ihrer Bewerter häufig über diese Portale und sind deren Stammkunden. Sie besitzen eine intensive Bindung an diese Portale, weil sie mit ihnen zufrieden sind und positive Erfahrungen mit ihnen erlebt haben.

Anders sieht es bei den Bewertungsportalen Tripadvisor und Holidaycheck aus. Hier ist eine Bewertung auch möglich, ohne das Hotel je von innen gesehen zu haben. Damit sind, theoretisch, bewusste Falschbewertungen möglich. Diese Portale sind unabhängig von Hotels und offen für jeden Reisenden.Sie dürfen auch negative Meinungen veröffentlichen, siehe dazu hier:

http://pagewizz.com/negative-onlinebewertungen-von-hotels-sind-weiterhin-erlaubt-33556/

Das bedeutet jedoch nicht, dass Holidaycheck & Co nicht seriös sind. Auch sie leben von ihrer Glaubwürdigkeit und können sich massenhafte Fake-Kommentare nicht erlauben. Nach einer Studie halten mehr als 90% aller Reisenden die Bewertungen auf Tripadvisor für zutreffend. Manche Experten vertreten sogar die Meinung, die unabhängigen Bewertungsportale sind seriöser als die mit den Hotels geschäftlich verbundenen Buchungsportale.

 

Tipp: Lesen Sie Kommentare von Gästen sowohl auf den Seiten der Buchungsplattformen als auch der Bewertungsportale und vergessen Sie auch die hoteleigenen Onlineauftritte nicht.

Tipp: Achten Sie darauf, wer bewertet. Profibewerter sind viel unterwegs und haben bessere Vergleichsmöglichkeiten. Je mehr Bewertungen ein User veröffentlicht hat, die auch sachlich formuliert sind und unterschiedliche Unterkünfte betreffen, desto mehr können Sie ihm vertrauen.

Wie sieht es mit Fakes aus?

Dieses Problem sind alle Bewertungsseiten in der Vergangenheit massiv angegangen. So setzt z. B. Tripadvisor auf technische Systeme, die sich bereits im Banken- und Kreditkartensektor bewährten. Für manuelle Checks beschäftigt das Portal ein Team von immerhin 250 Mitarbeitern. Diese prüfen beispielsweise alle Kommentare, die Sarkasmus enthalten. Zudem werden stichprobenartig auch
e-mails der Kommentatoren gecheckt.

Auch bei Holidaycheck stehen 50 Experten für manuelle Auswertungen von Kommentaren zur Verfügung. Dieses Portal verfügt zudem über einen eigenen Verhaltenskodex. Hotels müssen ohne Androhung von Sanktionen jeden Kommentar eines Gastes akzeptieren. Bei Missachtung dieses Kodex werden sie von der Award-Teilnahme ausgeschlossen.

Fakes können nirgendwo völlig ausgeschlossen werden. Doch sind die Möglichkeiten dafür heute deutlich weniger als noch vor einigen Jahren.

Worauf sollten Sie achten?

Nach einer Umfrage von Tripadvisor mit 20.000 Teilnehmern bevorzugen 76% der Befragten bei der Buchung ein Hotel, das mit einem Award ausgezeichnet wurde.

Ein Hoteldirektor eines deutschen Hotels, das mit dem ITS Red Star geehrt wurde, stellte dagegen anschließend weder positive noch negative Auswirkungen im Buchungsverhalten seiner Gäste fest. Der Betrieb ging weiter wie immer. Das trifft so auf viele Hotels zu.

Achten Sie auf die Anzahl der Kommentare, egal auf welcher Seite. Bei einigen Hundert Bewertungen fallen wenige negative nicht so ins Gewicht. Notorische Meckerer wird es immer geben. Bei nur wenigen Kommentaren mit einer auffallenden Anzahl an kritischen Bemerkungen sollten Sie vorsichtig werden.

Auch bei der Auswahl einer Unterkunft sollten Sie ihrem gesunden Menschenverstand und ihrem Bauchgefühl vertrauen.

Und Hotels mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Awards sind nicht unbedingt die Besten. Sie sind nur gut gelistet und präsentieren stolz jede Auszeichnung öffentlich.

Hotel-Awards bestätigen in verschiedenen Kriterien die Qualität von Hotels. Sie werden nach festen Richtlinien vergeben und sind zeitlich befristet. Damit stellen sie durchaus eine Bewertungsmöglichkeit für den buchenden Gast dar. Wer ein Wellnesshotel sucht, wird sich eher für eines entscheiden, das verschiedene Anbieter zeitgleich ausgezeichnet haben.

Bei Reiseveranstaltern wie TUI kommt hinzu, dass Hotels den TUI-eigenen Sicherheitscheck regelmäßig bestehen müssen. Sonst können sie sogar komplett aus dem Angebot ausgeschlossen werden.

Nur müssen Hotel-Awards auch immer im Gesamtkontext eines harten Konkurrenzkampfes gesehen werden. Um jeden Gast wird geworben, auch, damit er nicht beim Nachbarn bucht. Awards sind ein Mittel, das Hotels und Buchungsplattformen in diesem Kampf einsetzen.

 

 

Fotos: pixabay.com

 

 

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