Frank Oberhäußer, Eva Plischke ...

Frank Oberhäußer, Eva Plischke, Margret Schütz

Eifersucht auf andere und Ohrfeigenwünsche

Leider ist diesmal kein Mitmach-Theater angesagt. Es wäre auch schwierig, die Zuschauer in die Sprech-Handlungen einzubinden. Quasi naturgemäß haben die Akteur*innen fiese unausgesprochene Wünsche im Gepäck, die bestens dazu geeignet sind, im Zuschauer ein kleines Selbsttribunal zu entfachen. Da ist zum Beispiel die Hoffnung, dass andere scheitern...Das Leben lässt sich für manchen doch viel besser genießen, wenn selbst harmlose Störfaktoren und Gegner in der untersten Tiefgarage landen. Nur dass man damit nie in die Öffentlichkeit gehen würde. Dazu sind eindringliche Perkussionelemente und sich leise steigernde Synthiegeräusche vom Band zu hören. Zu diesem Kaliber passen noch andere Bemerkungen, etwa: "Ich bin eifersüchtig auf Leute mit einer tollen Beziehung, obwohl ich selbst eine tolle Beziehung habe." Oder: "Ich tauge nichts zur Chefin, will aber trotzdem Chefin sein." Den Traum, einmal einen Politiker zu ohrfeigen, haben wohl nicht wenige der Anwesenden, auch wenn sie es nicht zugeben würden. Bei diesem Thema wendet sich die Musik ins Spannungsgeladene und Suggestive, als würde sie einem großen, dramatischen Finale entgegenlaufen. Nun, diese Backenstreichgelüste, das ist Abstimmung mit der flachen Hand, selbst wenn der Rotz herunterläuft. Wesentlich ernsthafter als derartige, fast unrealisierbare Träumereien ist die Sparte Flüchtlingspolitik, vor allem im Falle eines verpassen Engagements, aus welchen Gründen auch immer. Hier wird's tatsächlich gewichtig, die Musik setzt komplett aus.

 

Margret Schütz mit einer gymnastischen Einlage

Foto © Manuel Kinzer

 

Letztlich geht es nur um den Humor

Frank Oberhäußer, in Berlin durch seine Dauerauftritte längst bekannt, gehört zu den Machern von Turbo Pascal, genauso wie die selten zu sehende Eva Plischke, die durch Treffsicherheit und spontan sich gebärdende Routine auffällt. Die Gesichter der Darsteller*innen – zum spielenden Kollektiv gehört noch Margret Schütz – sehen gar nicht nach Anklagebank aus. Ihre Professionalität und Coolheit stehen der Betroffenheit im Weg. Viel zu sehr ist es ihre Absicht, mit den Zuschauern ein komplizenhaftes Bündnis einzugehen. Durch Gestik und Vortragsstil wird en passant eingeflüstert, dass das Ganze doch ein komisches und Komik enthaltendes Unternehmen sei. Und entsprechend häufig wird gelacht. Das – endlos weibliche? – Thema Schuhfetischismus beispielsweise. Eine Frau hat 25 Paar Schuhe, Tendenz nach oben, obwohl 20 doch vollkommen ausreichen, aber beim Tick macht es Klick, denn "die gehören einfach zu mir." Nun existieren auch Männer, die solch eine Zahl aufgrund klimatischer Bedingungen benötigen. Gefehlt hat noch die Bemerkung, dass derart schuhfixierte Frauen gut beraten wären, sich mit einer anderen, ähnlich gelagerten, ja belasteten Frau einzulassen, um das mit Lust gemischte Leiden besser teilen zu können. Kurz: Der Abend ist hauptsächlich auf Lacher angelegt, aber damit konterkariert Turbo Pascal die vorgefasste Absicht. Diese Aufführung ist kein Anlass zur Selbstbezichtigung, deshalb benötigt sie auch keine Selbstbeschwichtigung. Der geistige Überbau fällt wie ein Kartenhaus zusammen durch das gewollte Schielen nach der Publikumserheiterung. Bestenfalls wird hinterher die Reflexionsmaschine angeworfen und die auf ihre Privatheit zurückgeworfenen Zuschauer gehen in sich. Mehr kann Turbo Pascal in geistiger Hinsicht nicht liefern, aber der Abend ist ein nicht geringes Vergnügen mit einer starken Eva Plischke.

Turbo Pascal

Selbstbeschwichtigung

Konzept: Turbo Pascal; Raum: Janina Janke; Musik: Friedrich Greiling; Assistenz: Selina Lukesch.

Es spielen: Frank Oberhäußer, Eva Plischke, Margret Schütz.

Sophiensäle Berlin, Premiere vom 29. Oktober 2016.

Dauer: ca. 75 Minuten

 

 

 

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