Spinnenphobie überwinden - Erfahrungsbericht
Wie ich es geschaft habe, mich von meiner Angst vor Spinnen zu befreien(Bild: mirjanaroje0 / Pixabay)
Wann sollte man eine Spinnenphobie behandeln?
Es gibt sicherlich viele Menschen, die jahrelang recht gut mit einer gering ausgeprägten Spinnenphobie leben können. Ich kenne Menschen, die zwar Angst vor Spinnen haben, aber gelernt haben, mit dieser soweit umzugehen, dass sie nicht mehr in Panik bzw. "Schockstarre" verfallen, wenn sie eine Spinne erblicken. Ich habe auch den Verdacht, dass Männer es ganz niedlich oder zumindest amüsant finden, wenn Frauen Angst vor Spinnen haben. Es macht Menschen auf jeden Fall nicht weniger sympathisch. Etwas unternehmen sollte man aber dann, wenn man unter der Spinnenphobie leidet, d.h., wenn man dadurch große Einschränkungen im Alltag erfährt, wenn man nachts Alpträume von Spinnen hat oder sich beispielsweise nicht mehr in den Keller oder in die Garage traut. Ab wann der Leidensdruck so groß ist, dass man eine Therapie beginnen sollte, das wird nur jeder Betroffene für sich selbst beantworten können. In jedem Fall muss die Motivation, sich seiner Angst zu stellen, vorhanden sein, denn anderenfalls wird eine Therapie kaum Aussicht auf Erfolg haben.
Warum haben viele Menschen Angst vor Spinnen?
Laut eines Artikels der Welt online sind 10 % der Deutschen von Spinnenphobie betroffen, wobei ungefähr doppelt so viele Frauen wie Männer von der Angst geplagt werden. Der Psychologe Georg W. Alpers hält die Angst vor Spinnen für irrational. Psychologisch könnte diese extreme Angst nicht erklärt werden. Lange sei die Psychologie davon ausgegangen, dass hinter der Phobie die Angst vor gefährlichen Tieren stehe, die weit zurück in unsere Entwicklungsgeschichte reiche. Aber heute wisse man aus Untersuchungen versteinerter Exemplare, dass Spinnen sich im Verlauf der Menschheitsgeschichte kaum verändert haben und auch zu Urzeiten nicht größer oder gefährlicher gewesen seien als heute. Dennoch hätten Experimente gezeigt, dass Menschen wesentlich mehr Angst vor Spinnen als beispielsweise vor stechenden und/oder giftigen Insekten haben. Ein anderer Psychologe führt die Angst vor Spinnen auf die Zeit der Pest zurück, wo etwas, das aus dem Stroh krabbelte diese gefährliche Krankheit übertrug. Allerdings wurde die Pest durch Flöhe und nicht durch Spinnen übertragen. Es bleibt also bei einem Rätsel.
Leichter zu erklären ist hingegen der Ekel, den Menschen vor Spinnen empfinden, sehen diese doch so gänzlich anders aus, als das was wir als ästhetisch empfinden mit ihren langen behaarten Beinen. Wenn man sich dann noch überlegt, dass die Tierchen sich gerne an staubigen, dunklen Orten aufhalten, macht es sie nicht gerade sympathischer. Vielleicht ist es auch das schnelle Krabbeln und plötzliche Abseilen, das den Menschen beängstigt. Doch das sind nur meine eigenen Spekulationen...
So habe ich mich Schritt für Schritt von meiner Spinnenphobie befreit:
Die Ausgangssituation
Erblickte ich eine Spinne in einem Zimmer, fühlte ich mich dort nicht mehr wohl. Ich hatte das dringende Bedürfnis, ständig auf die Spinne zu starren, da ich befürchtete, diese können sich plötzlich abseilen und auf mich "stürzen". Saß die Spinne in Türnähe, kostete es mich viel Zeit und Überwindung, durch diese zu gehen. Irgendwie geschafft habe ich es immer, insofern war meine Spinnenphobie nicht ganz so stark ausgeprägt wie bei manch anderem aus meinem Bekanntenkreis aber ich hatte doch oft das Gefühl, mein Herz würde stehen bleiben, wenn ich eine größe Spinne erblickte. Der Leidensdruck, den ich empfand war schon recht groß, ich fühlte mich durch meine Angst sehr eingeschränkt. Die oben beschriebene Situation morgens im Bett, führte dann dazu, dass ich den Entschluss fasste, etwas gegen meiner Spinnenphobie zu unternehmen.
Eine Fernsehsendung als Inspiration
Wie es der Zufall wollte, sah ich zu ungefähr dieser Zeit eine Fernsehsendung, die das Thema "Spinnenphobie und deren Therapie" zum Thema hatte. Es kamen ehemals Betroffene zu Wort, die erfolgreich therapiert worden waren. Die Therapie begann damit, dass die Patienten zunächst Bilder von Spinnen gezeigt bekamen. Konnten sie diese unbewegten Bilder ertragen, sahen sie Spinnen in Aktion am Bildschirm, zunächst kleinere und später immer größer werdende Exemplare. Im weiteren Verlauf der Therapie erfolgte dann die Konfrontation mir lebenden Spinnen, wobei diese ebenfalls nach und nach an Größe zunahmen. Dabei wurden die Betroffenen psychologisch begleitet. Es wurde behutsam in sehr kleinen Schritten vorgegangen. Während der Sendung ließ sich eine dieser Frauen eine handtellergroße Spinne über ihre Hand krabbeln und sah dabei total entspannt aus. Das war natürlich beeindruckend zu sehen.
Spinne_01 (Bild: pixEOS.de / Flickr)
Ich übertrug die Therapie gegen Spinnenphobie auf meine Situation
Da ich von vornherein keine Probleme mit dem Betrachten von Spinnen auf Bildern hatte, begann ich direkt mit Spinnen im realen Leben. Zunächst zwang ich mich dazu, mir tote Spinnen näher anzusehen. Immer, wenn ich im Alltag auf eine tote Spinne stieß, sah ich sie mir solange und von so Nahem an, wie es für mich erträglich war. Schließlich hielt ich meine Hand unmittelbar daneben und stellte mir nur vor, die Spinne würde über meine Hand krabbeln. Ich übte mit immer größeren Exemplaren. Wenn es mir zu viel wurde, pausierte ich mit meiner "Therapie". Schließlich war ich in der Lage, eine kleine Spinne - eine Größe, die ich so gerade eben beängstigend aber noch nicht wirklich schlimm beängstigend fand - in einem großen Einmachglas selbst einzufangen. Ja, auch das kostete mich viel Überwindung aber ich war hochmotiviert, meine Spinnenphobie endlich loszuwerden. Ich führte das Glas mit Spinne auf Augenhöhe und betrachtete die Spinne. Das funktionierte ziemlich gut, weil ich ja wusste, dass sie nicht aus dem Glas rauskonnte. Schließlich stelle ich das Glas auf meine Handfläche. Die Spinne krabbelte darin und ich stellte mir vor, sie würde tatsächlich über meine Hand krabbeln, wohlwissend das in der Realität die schützende Glaswand zwischen uns war. Schließlich hatte ich das Gefühl, ich könnte die Spinne nun auch tatsächlich ganz kurz über meine Hand krabbeln lassen. Ich ließ sie aus dem Glas heraus, beobachtete sie, wie sie krabbelte und streckte dann ganz schnell einen Finger in ihren Weg, über den sie krabbelte. Es war ja nur ca. 1 Sekunde tatsächlicher Kontakt. Mir machte es nicht mehr viel aus und so ließ ich sie einmal über meine Hand krabbeln, bevor ich sie in die Freiheit entließ. Ab diesem Moment war der Bann gebrochen. Von da an hatte ich nur noch Angst vor den richtig großen Spinnen. Ich fing immer wieder Exemplare mit einem Glas ein, wenn sie sich im Haus verirrt hatten, betrachtete sie, ließ sie im Garten frei und manchmal dabei über meine Hand laufen.
So ist meine Situation heute
Heute bin ich fast das krasse Gegenteil von früher. Ich nehme Spinnen in Räumen oft gar nicht wahr. Und wenn ich doch eine erblicke, dann lasse ich sie meistens einfach in ihrer Ecke sitzen, bis ich zum nächsten Wohnungsputz komme. Ich muss mich jetzt immer selbst daran erinnern, die Spinnen aus meiner Wohnung zu entfernen, wenn ich Besuch erwarte, weil ich ja nicht möchte, dass sich Personen mit Spinnenphobie in meiner Wohnung unwohl fühlen. Nur mehrere cm große Spinnen entferne ich lieber direkt aber anders als früher habe ich keine Angst davor, diese selbst einzufangen. Einmal gab es eine Situation auf der Arbeit, da wollte ich ein Kollege mit einer handtellergroßen Spinne erschrecken, die an der Bürotür saß. Ich sagte ganz gelassen: "Ach, das macht mir nichts", holte eine leere Cappuccino-Dose aus meiner Schreibtischschublade und trug das Exemplar gelassen nach draußen. Mein Kollege war ziemlich beeindruckt, da er wie er mir dann gestand, selbst Angst vor Spinnen hatte. Das war für mich ein schönes Erfolgserlebnis!
Es ist auf jeden Fall ein großer Gewinn an Lebensqualität, wenn man keine Spinnenphobie mehr hat!
Rosenholz und Spinnenblues (Bild: Wildfeuer / Flickr)
Abschließender Hinweis: Spinnenphobie ist nicht gleich Spinnenphobie...
Liebe Leserin, lieber Leser,
dieser Artikel ist als Erfahrungsbericht geschrieben und gibt als solcher eben nur meinen ganz persönlichen Weg wieder, mich von meiner Angst vor Spinnen zu befreien. Ich beanspruche keineswegs, dass meine Vorgehensweise von jedem 1:1 so übernommen werden kann, geschweige denn, dass sie jedem hilft, obwohl das natürlich wundervoll wäre! Jeder Mensch ist anders und dieselbe Angst kann verschieden stark ausgeprägt sein und auch unterschiedliche Ursachen haben. Möglicherweise kann sich auch nicht jeder selbst von seinen Ängsten befreien. Wenn Sie Bedenken haben oder meine Tipps erfolglos durchgeführt haben, ist es sicherlich eine gute Idee, Ihre Angst mit psychologischer Hilfe anzugehen.