Den Völkern aufs Maul geschaut

Sprichwörter sind etwas Wunderschönes! Nichts charakterisiert einen Volkscharakter so gut wie seine Redensarten, wie eben "der Volksmund sagt"! Der typische Satz, der mich ja sonst immer auf meinem Weg in Deutschland begleitete, war eher sinngemäß: "Aber das geht nicht!" Ergänzt durch: "Das hatten wir noch nie" oder: "Damit machen Sie sich aber strafbar!" - "Je länger Sie reden, umso krimineller und teurer wird es!", musste ich mir auch schon anhören.

Einer der schönsten Sprüche kommt vom längst verstorbenen österreichischen Publizisten Hans Weigel, der Deutsche und Österreicher einmal so charakterisierte: "In Deutschland steht an einer Tür das Schild: ‚Eintritt strengstens verboten'; in Österreich steht ein zweites Schild darunter: ‚Vorsicht Stufe!'". Wenn man danach, also mehr österreichisch, handelt, kann man Leute - Chefs oder Konkurrenten- ganz schön verwirren, hat aber erst einmal die Überraschung auf seiner Seite.

Engländer sind ein eigenes Völkchen, manchmal auch zur Vorsicht neigend, aber sie verbrämen es mit trockenem Humor: "Don't put all your eggs in one basket”, das entspricht mehr unserem "Setze nicht alles auf eine Karte". Sie wetten ja so gerne auf der Insel! Lässiger klingt da schon der Spruch: "What the eye can't see, the heart can't grieve over”, was eher gleichzusetzen wäre unserem Spruch: "Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß". Und noch typischer laut meiner Freundin Pat: " I'll put the kettle on", was wörtlich heißt: "Ich stell'mal eben Teewasser auf", also erst mal abwarten und Tee trinken, um die Gemüter zu beruhigen und Zeit zu gewinnen! Sehr clever!

Mediterrane Lösungsansätze

Kommen wir nach Italien! Dort lernte ich schnell den herrlichen Satz im Alltagsleben kennen und lieben und anwenden: "C'e siempre una via!" Dazu auch ein Beispiel unserer Freunde dort, die ein ich weiß nicht wie viele Jahrhunderte altes kleines Kastell erwarben, das unter dem strengsten Denkmalschutzgesetz stand. Ausgerechnet im obersten kleinen Dachgeschoss, das natürlich den schönsten Blick auf die Meeresbucht hätte, waren nur so eine Art kleiner Schießscharten angebracht. Und man weiß ja bei Denkmalschutz: Keine Veränderung an der Außenfassade erlaubt! Meine Freundin saß verzweifelt beim italienischen Architekten, um zu beratschlagen, wie man denn etwas Licht in dieses Stockwerk bringen könne.Eigentlich hatte sie als echte Deutsche innerlich schon resigniert, dass es wohl keine Lösung geben könne. "Aber ganz einfach:"C'e sempre una via, Signora", sagte der einheimische Architekt, der übrigens praktischerweise auch im Gemeinderat saß, "wir sagen einfach, da war schon ein Fenster, das vor 200 Jahren zugemauert wurde und wir stellen nur den ursprünglichen Zustand wieder her!"

Spanisch-Comics aus Spanisch-Comics GammatikWie brachte es doch mein Mann einmal so schön auf den Punkt: "Im Norden lebt man vorschriftenorientiert, im Süden lösungsorientiert!"

Don't worry be happy!

In Spanien hört man schon lange nicht mehr "mañana". Hier muss ich unbedingt eine Lanze für die Einheimischen brechen, dies Verschiebe-Trostwort ist sehr im Verschwinden begriffen. Vielmehr hörte und höre ich immer wieder von Einheimischen, wenn ein Problem auftaucht: "¡No se preocupe!" (wörtlich: "Sorge dich nicht!") Ich die ersten Male naiv: "Ja schön, was machen wir dann?" Sie ahnen es schon, die wiederholte Antwort lautet ebenfalls: "¡No se preocupe!" Und wenn ich dann, bereits leichte Ungeduld in der Stimme, erneut nachhake und einen Lösungsvorschlag verlange, dann kommt wieder: "¡No se preocupe!" und man wendet sich achselzuckend ab und überlässt mich fatalistisch dem Problem. Und so erinnere ich mich notgedrungen an die mindestens 700 Jahrhunderte maurisch-arabischer Wurzeln in Andalusien, die immer wieder durchscheinen.

Ein im Marbella ansässiger Autor, Herbert Waiglein, hat dieses "No te preocupes" mal so charakterisiert: Wenn dieser Satz falle, dann spätestens müsse man sich als Angesprochener Sorgen machen! Und eine andere Erinnerung kommt spontan hoch, jener eingängige, aber sehr einfach gestrickte Reggae-Song: "Don't worry, be happy" mit dieser gebetsmühlenartig wiederholten Behauptung. Es fällt auf, dass Reggae aus der Karibik kommt, die von wem wohl erobert und jahrhundertelang kolonialisiert war? Von den Spaniern natürlich!

Mein Lieblingsausspruch dort aber lautet,als Optimistin gesehen: "No hay mal que por bien no venga!" Was bedeutet: "Es gibt nichts Schlechtes, das nicht auch seine guten Seiten hätte." Sagte unser einheimischer Gärtner, als die Feuersbrunst über unser Grundstück hinweg fegte (zum Glück ohne Gefahr für Leib und Leben der Lebewesen einschließlich der Tiere) und meinte damit, dass nach dem nächsten Regen im Winter dafür alles umso mehr sprießen werde. Was es auch tat.

Arlequina, am 13.03.2014
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Bildquelle:
Langenscheidt KG (Böse Wörter und verbotene Gesten)
Langenscheidt Verlag (Wörterbuch für spanische Berufseinsteiger)

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