1. Es fing schon in der Antike an

Wohl eine der ältesten überlieferten Rivalitäten zwischen Städten werden von Athen und Sparta überliefert in der Antike. Athen, das philosophische, feinsinnige Kulturzentrum, auch leicht dekadent, wenn man an die Lustknaben der Elite denkt, die sich diese hielt - und dagegen das disziplinierte, lustfeindliche Sparta, genügsam, bescheiden. Letzterem verdanken wir die Beschreibung "spartanisch". Die Spartaner betrachteten das Leben in Athen mit Misstrauen, widmeten sich vor allem der strengen, körperlichen Ertüchtigung und sahen ihr Lebensdasein in militärischen Auseinandersetzungen. Früher oder später musste dies in einen Krieg münden um die Vorherrschaft in Griechenland.

Es wurde 431 vor Christus deshalb der erste Pelopponnesische Krieg geführt, ganze 27 Jahre lang. Es siegte zwar Sparta, aber es bedeutete zugleich das Ende des sogenannten goldenen Zeitalters der Antike und des glänzenden Athens. Es brachte viel Leid über ganz Griechenland und die Inseln sowie die jeweiligen Verbündeten der beiden Großmacht-Städte. Ähnlich verlief es dann zwei Jahrhunderte später mit Karthago und Rom – Ausgang letztendlich knapp aber zugunsten Roms, auch durch Schulbildung allgemein bekannt.

2. Deutsche Beispiele

Okay, es müssen nicht gerade Kriege geführt werden, um der gegenseitigen Antipathie zwischen Städten Ausdruck zu geben. Doch Rivalität zwischen Städten gibt es überall und über die Jahrhunderte bis in die Jetztzeit. Man gibt ihr oft subtiler Ausdruck, man denke nur an den Streit zwischen München und Berlin und wer die eigentliche oder heimliche Hauptstadt sei, die vor allem Tourismusmanager führen. Oder wie erst nach Umfragen gestritten wird, wer die glücklicheren Einwohner besitze: Hamburg oder Osnabrück? 1648Osnabrück wiederum leidet, dass immer nur Münster in erster Linie mit dem Abschluss des Westfälischen Friedens (Urkunde rechts), also dem Ende des Dreißijährigen Krieges von 1648 in Verbindung gebracht wird. Und unternimmt alle erdenklichen Anstrengungen, um zu demonstrieren, dass in beiden Städten, in Münster und Osnabrück, gleichberechtigt jahrelang verhandelt wurde!

Mein Heimatort Alt-Ötting schaute immer herab auf den jungen Spunt Neu-Ötting, Gymnasium und Klinik mussten genau auf die Gemeindegrenze zwischen beiden gebaut werden, damit es keinen (bildlichen) Mord-und Totschlag gab. Ganz zu schweigen von den Feinden Köln und Düsseldorf. Alaaf oder Helau?

In Deutschland hat der 30jährige Krieg wiederum bis heute seine Wunden hinterlassen, die Religionskriege, wer protestantisch werden oder katholisch bleiben sollte. Der Grund auch für die Abneigung der Kölner, katholisch, gegenüber den Düsseldorfern, protestantisch, außerdem die jüngere und neureichere Gründung. Viele Bewohner, die ihre Abneigung pflegen, wissen gar nichts mehr über diesen historischen Ausgangsgrund. So auch meist nicht die Hückeswagener und die Wipperfürther, die nur sechs Kilometer im Bergischen Land auseinander liegen. Aber im katholischen Wipperfürth wird Karneval ausgelassen gefeiert, worüber die protestantischen Hückeswagener die Nase rümpfen!

3. Internationale Beispiele

Wer hat die größere Prominentendichte: Marbella oder St. Tropez? Das bessere Filmfestival: Venedig oder Cannes? Die romantischeren Orte für Verliebte: Rom oder Paris? Wer die wichtigere Börse: London oder Frankfurt?

In Spanien erklärte mir einmal ein Bewohner Málagas, dass er nie und nimmer einen Ausflug mit Familie nach Sevilla mache und nicht mit zur Reiter-Feria nach Jerez kommen wolle, zu diesen hochnäsigen Großgrundbesitzern. Kein Malageño würde auch nur ein Auto mit damaligem Kennzeichen SE für Sevilla fahren und umgekehrt schon gar nicht. Aufgrund dieser regionalen Vorurteile wurden vor ein paar Jahren die spanischen Auto-Kennzeichen geändert, damit man die "diskriminierende" Herkunfts-Erstzulassung, die den PKW ein Leben lang begleitete, nicht mehr ausmachen konnte. Jetzt wird anonym durchnummeriert.

Malaga KathedraleSevilla GiraldaWer hat das schönere Wahrzeichen: Málaga, ganz links mit der Kathedrale, oder Sevilla mit der Giralda, links, dem Turm seiner Kathedrale?

 

 

 

(Fotos: Gabriele Hefele, Bea Hohler)

 

Barcelona, die Hauptstadt des stolzen Kataloniens, und Madrid, die Hauptstadt Spaniens im Zentrum des Landes, waren sich noch nie grün. Heute behauptet Barcelona, sie verdiene das Geld, das die Beamten in Madrid ausgäben. Inzwischen überweist Barcelona keinerlei Mehrwertsteuer mehr nach Madrid. Wirtschaftskrieg also?

4. Fußballspiele heute als Kriegsersatz?

Apropos Barcelona contra Madrid: Auf dem Fußballplatz wird diese Abneigung dann leidenschaftlich ausgelebt! Weltweit stehen ja Fußballspiele stellvertretend für offen ausgetragene Städte-Feindschaften. Man denke nur an Gelsenkirchen oder Bochum gegen Dortmund. Oder an die Duelle zwischen Mailand und Rom. Leider sind die Spiele heutzutage nicht unbedingt Kriegs-Ersatz, sondern arten tatsächlich zum Teil in kriegsähnliche Fanschlachten aus.

Es geht oft nicht nur um die Macht, um Geld, es geht wie schon bei Athen und Sparta auch um die verschiedenen Mentalitäten. Lassen wir es den Schriftsteller Luciano de Creszenzo mit seinem unnachahmlichen Werk "Also sprach Bellavista" auf den Punkt bringen. Darin stellte er nämlich den rational geprägten  Mailänder, der das effiziente Duschen vorzieht, dem emotional geprägten Neapolitaner entgegen, der sich mit Zeitung und Zigarre genüßlich zu langer Sitzung in die Badewanne zurückzieht. Und Mailänder steht allgemein für Nordländer, Neapolitaner für Südländer. Bellavista

5. Fazit:

Wer ist die schönste, die mächtigste, die erfolgreichste, die attraktivste Stadt im ganzen Land?

Die Beispiele ließen sich nahezu unendlich verlängern, auch auf andere Kontinente erweitern. Jeder kennt auch zuhauf die Kontrahenten aus seiner nächsten Umgebung, so nach dem Motto: "Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem lieben Nachbarn nicht gefällt!" Städtefeindschaften also die Eweiterung der Nachbarschaftsstreitigkeiten? Oft schon. Immer aber geht es um unterschiedliche Mentalitäten, es geht fast immer um einen Kampf um die Macht. Neid und Geldgier inbegriffen. Eskaliert der Konflikt, leiden beide Seiten. Deshalb besser: Städtepartnerschaften bilden, sich gegenseitig besuchen und besser kennenlernen, wie es heute dabei oft mit ehemaligen Kriegsgegnern geschieht.

Arlequina, am 22.06.2012
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