"Deep Space 9" ist die dritte Serie, die sich mit dem Titel "Star Trek" schmücken darf. Die Produzenten versuchten etwas Neues: dieses Mal begleiten wir kein Raumschiff durch die Tiefen des Alls, sondern wir befinden uns auf einer Raumstation, der Föderations-Station DS9 (Deep Space 9).

Außerdem wurde ab der dritten Staffel eine komplexe Hintergrundgeschichte um die Raumstation und ihre Besatzung gestrickt. Zwar gibt es noch immer jede Menge in sich abgeschlossener Folgen, aber viele bilden eine zusammenhängende Geschichte bis zum fulminanten und aus zehn Folgen bestehenden Finale in der siebten Staffel. Somit stehen nicht mehr Forschung und Wissenschaft im Vordergrund, sondern vor allem Politik und die damit verbundenen Intrigen.

Die Hintergrundgeschichte

Ungewöhnlich ist bereits, dass es eine ziemlich komplexe Hintergrundsituation gibt, die für die Gesamthandlung und für die Charaktere von großer Bedeutung ist.

Die Raumstation Terek Nor gehört zum Reich der Cardassianer. Sie wurde erbaut, um die cardassianische Fremdherrschaft über den Planeten Bajor zu sichern. Nach einem langen und für beide Seiten verlustreichen Guerillakrieg gelang es den Bajoranern, die Besatzer zu vertreiben. Weil sie befürchteten, dass die Cardassianer jedoch bald einen erneuten Angriff starten könnten, schlossen sie ein Abkommen mit der Vereinten Föderation der Planeten. Die Förderation sollte die Raumstation Terek Nor übernehmen und die Sternenflotte sollte Bajor beschützen. Fortan trug Terek Nor den Namen Deep Space 9.

Kurz nach Antritt seines Kommandos über die Raumstation macht Commander Benjamin Sisko eine aufsehenserregende Entdeckung: er entdeckt ein Wurmloch. Das ist an sich nicht ungewöhnlich. Es sind bereits mehrere solcher "Verbindungstunnel" zwischen zwei entlegenen Gegenden des Weltraums bekannt. Doch Siskos Wurmloch ist stabil. Das bedeutet, es ändert nicht ständig die Position seines Eingänge. Das einzige bekannte stabile Wurmloch eröffnet somit ganz neue Möglichkeiten für Forschung und Handel.

Doch dieses Wurmloch scheint nicht natürlich entstanden zu sein. Die Bajoraner bezeichnen es als "Himmelstempel". Und in diesem Himmelstempel leben Wesen, die von den Bajoranern als "die Propheten" verehrt werden. Scheinbar haben die Propheten, Wesen, die außerhalb unseres Raum-Zeit-Kontinuums zu existieren scheinen, dieses Wurmloch erschaffen.

Zu den Themen der ersten beiden Staffeln der Serie gehören die Probleme auf der Raumstation wie cardassianische Fallen, veraltete Technik, Seuchen, aber auch politische Schwierigkeiten, wie der Hass zwischen Bajoranern und Cardassianern. Ein hohes cardassianisches Tier, Gul Dukat, spinnt ebenfalls seine Intrigen, denn er war der Oberbefehlshaber über Terek Nor und Bajor und möchte seine ehemalige Machtstellung wiederhaben.

Die Verbindungsoffizierin zwischen Sternenflotte und Bajor, die Bajoranerin Kira Nerys war Mitglied einer Gruppe von Freiheitskämpfern und hat in dieser Zeit sehr viele Cardassianer getötet. Was sie als Freiheitskampf betrachtet, galt bei den Cardassianern als Terrorismus - auch ein wichtiges Thema der Serie.

Ohne Raumschiff geht es nicht

Als eine Ursache der schlechten Einschaltquoten der ersten beiden Staffeln wurde identifiziert, dass die Raumstation sehr statisch an einem Ort liegt und sich nicht bewegt. Zwar stehen der Besatzung Shuttles zur Verfügung, aber sie sind natürlich nicht mit einem großen Raumschiff wie der Enterprise vergleichbar. Deswegen wurde die Serie um ein Raumschiff erweitert.

Am Ende der zweiten Staffel und am Anfang der dritten nimmt die Besatzung von Deep Space 9 am anderen Ende des Wurmlochs im Gamma Quadranten mit dem Dominion Kontakt auf. Das Dominion ist ein Imperium, das mit Hilfe seiner Armeen, den Jem'hadar-Kriegern, alle Welten unterwirft, die ihnen in die Arme laufen. Durch das Wurmloch gelangt das Dominion in unsere Teil der Galaxie, den Alpha-Quadranten.

Wegen der Bedrohung durch die Jem'Hadar erhält DS9 das Raumschiff USS Defiant, das einzige Kriegsschiff der Sternenflotte. Damit kommt neben der Raumstation auch wieder ein Bewegungselement in die Serie, denn die Defiant ermöglicht all das, was auch der Enterprise zur Verfügung stand: Besuchen von weit entfernten Planeten, Raumschlachten usw.

Die Charaktere

"Deep Space 9" weist einige interessante Charaktere auf, wie es für Star Trek gewöhnlich ist. Vor allem die erste Offizierin Major Kira hebt sich durch ihre Vergangenheit als kampferprobte Freiheitskämpferin und durch ihren enormen Hass auf die Cardassianer hervor. Doch auch sie muss mit der Zeit erfahren, dass nicht alle Cardassianer böse sind.

Dr. Julian Bashir ist der Jungspund auf der Station und gleichzeitig der Chefarzt. Ziemlich frisch von der Akademie, fällt er anfangs vor allem durch seine Naivität auf. So erklärt er Major Kira, er freue sich darauf, hier in der Wildnis zu arbeiten, woraufhin Kira erwidert: "Diese Wildnis ist zufälligerweise meine Heimat!" Aber mit den Jahren auf DS9 ändert sich auch Bashir.

Der Kommandant der Station ist Benjamin Sisko. Vor einigen Jahren hat Sisko im Kampf gegen die Borg-Invasoren sein Raumschiff und seine Frau verloren. Sein Sohn Jake ist zurzeit der wichtigste Mensch in seiner Welt und er würde alles tun, um Jake zu beschützen. Aber natürlich wachsen ihm auch die Station und die Menschen an Bord ans Herz.

Constable Odo ist der Sicherheitschef. Er ist eine ganz besondere Person: ein Formwandler. Odo kann sich in eine beliebige Gestalt verwandeln, was ihn natürlich prädestiniert für die Arbeit als Sicherheitschef. Odo wurde als Kind von bajoranischen Wissenschaftlern entdeckt und niemand kennt seine Herkunft oder sein Volk. Seine Fähigkeit sagt einer Person an Bord überhaupt nicht zu: Quark.

Quark ist der Barkeeper auf DS9 und ein typischer Ferengi: Habgierig, geizig - und liebenswert. Er unterdrückt seinen Bruder Rom und seinen Neffen Norg, beutet seine Mitarbeiter aus und lässt sich wegen des Gewinns auf allerhand illegaler Aktivitäten ein. Was ihn und Odo zu erbitterten Gegnern macht, denn der Constable verspürt großes Vergnügen daran, Quark immer wieder zu jagen.

Wie bei Star Trek üblich gibt es auch an Bord von DS9 einen Wissenschaftsoffizier: Jadzia Dax. Die junge Frau wird von Sisko nicht umsonst "alter Mann" genannt. Jadzia ist ein Trill. Trill bestehen aus einem Wirtskörper und einem Symbionten, einem Wesen, mit dem sie sich den Körper teilen. Wenn der Wirtskörper stirbt, kann der Symbiont in einen anderen Körper verpflanzt werden und so leben die Erinnerungen und die Persönlichkeit des Wirtskörpers weiter. Sisko war bereits mit Dax befreundet, als der Symbiont noch in einem männlichen Körper gesteckt hat.

Nicht vergessen darf man Miles O'Brien, seines Zeichens ehemaliger Transporterchef der Enterprise unter Captain Picard. Nun ist er Chefingenieur an Bord von DS9 und darf sich mit der alten cardassianischen Technik herumplagen. Auch O'Brien ist - ungewöhnlich für Star Trek - verheiratet und hat zwei Kinder, die er über alles liebt. Und damit bietet er natürlich ähnlich wie Sisko eine Angriffsfläche. Er kann Bashir anfangs überhaupt nicht leiden, aber bald entwickelt sich zwischen den beiden Männern eine manchmal etwas bizzar anmutende Männerfreundschaft.

Doch O'Brien ist nicht als Einziger von der Enterprise gewechselt. Ab der vierten Staffel kommt ein weiterer Bekannter hinzu: Lt. Worf, der klingonische Sicherheitschef der Enterprise. Ursprünglich war sein Wechsel ein Versuch, die Einschaltquoten zu verbessern, aber er wächst mit der Zeit in das Team hinein und wird ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil der Crew.

Neben den hier erwähnten Hauptpersonen weist "Deep Space 9" jede Menge Nebenfiguren auf, wie den geheimnisvollen cardassianischen Schneider Garak  oder die religiöse bajoranische Anführerin Winn.

Bei "Deep Space 9" dauert es etwas länger als bei den anderen Serien, bis aus den verschiedenen Personen wirklich ein Team erwächst. Anfangs gibt es Probleme, Unstimmigkeiten; die Menschen müssen sich aneinander gewöhnen. Aber es wäre nicht Star Trek, wenn nicht eine schlagkräftige Truppe daraus erwachsen würde.

Der Krieg gegen das Dominion

Der Versuch, friedlichen Kontakt zu dem Dominion aufzunehmen, scheitert kläglich. Die Gründer, wie sich die Herrscher des Dominions nennen, haben keinerlei Interesse an einer friedlichen Koexistenz - jedenfalls nicht vor der Unterwerfung aller anderen Völker.

Doch schon direkt nach der ersten Kontaktaufnahme wird die Herkunft des Sicherheitschefs Odo geklärt: die Gründer sind ebenfalls Gestaltwandler und damit Odos Volk. Odo steht vor einer Wahl, die sich durch die gesamte restliche Serie zieht wie ein roter Faden: Steht er zu seinen Freunden oder zu seinem Volk? Odo entscheidet sich für seine Freunde auf DS9 - vorläufig jedenfalls, denn aufgrund dieses Konflikts wird Odo zu einem Unsicherheitsfaktor.

Das Dominion beginnt nicht direkt mit offenen Angriffen, sondern stiftet Unfrieden zwischen den Völkern. Verbündete werden zu Feinden - die ehemaligen Alliierten Föderation und Klingonen erklären sich gegenseitig den Krieg. Währenddessen spinnt das Dominion weitere Intrigen.

Abwechslungereiche Geschichten

Obwohl die große Hintergrundgeschichte von dem Dominion-Krieg handelt, geht es nicht nur um dieses Thema. Auch "Deep Space 9" wartet mit abwechslungsreichen Geschichten auf, wie es bei Star Trek normal ist. Die Spanne reicht von sehr spannenden und actionreichen Folgen über nachdenklich stimmende bis hin zu sehr lustigen Geschichten.

Zu den eher beunruhigenden Folgen gehört "Hoffnung". Hier kommen Dr. Bashir, der Chefarzt, und weitere Besatzungsmitglieder auf einen Planeten, auf dem eine von den Jem'Hadar freigesetzte Seuche krassiert. Bashir versucht ein Heilmittel zu entwickeln und weckt Hoffnungen in den Menschen, die er jedoch nicht erfüllen kann.

"Immer die Last mit den Tribbles" ist eine Anspielung auf die Folge "Kennen Sie Tribbles" aus der alten Serie. Sisko und seine Leute reisen in die Vergangenheit udn zwar in die oben genannte Folge von Captain Kirk. Die Schauspieler wurden teilweise in das alten Filmmaterial eingebunden und so kann der junge Captain Sisko dem jungen Captain Kirk die Hand schütteln. Wie bereits das Original ist auch diese DS9-Folge eine der lustigsten.

In "Chula - das Spiel" werden Sisko und einige seiner Untergebenen zu Figuren in einem Spiel, das von dem Barkeeper Quark gespielt wird. Und schon hat Quark das Leben seiner Freunde in der Hand.

In vielen Folgen wird die Geschichte der cardassianischen Besatzung aufgearbeitet. Wir lernen die Verbrechen der Cardassianer und der Freiheitskämpfer kennen. Gut und Böse verschwimmen miteinander. Vor allem, als ein cardassianischer Kriegsverbrecher an Bord kommt. Major Kira Nerys tut alles, damit der Mann verurteilt wird, bis sie während ihrer Ermittlungen herausfindet, dass der Mann gar nicht der Kriegsverbrecher ist, für den er gehalten werden möchte. Er möchte gerne bestraft werden, um den Bajoranern zu helfen, ihnen wieder Frieden zu geben.

Die andere Seite des Spiegels

Bereits Captain Kirk kam in ein dunkles Spiegeluniversum - ein Paralleluniversum, in dem die Föderation mit den Klingonen verbündet ist und die Enterprise ein Kriegsschiff mit grausamer Besatzung ist. In "Deep Space 9" wird die Geschichte weitererzählt. Captain Sisko wird in den Freiheitskampf der Menschen gegen die brutalen Unterdrücker hineingezogen. Zu diesen Unterdrückern gehört auch das dunkle Ebenbild von Major Kira.

In mehreren Folgen wird diese Geschichte weitererzählt. Immer wieder kommen unsere Helden in das dunkle Spiegeluniversum und müssen dort gegen die Unterdrücker der Menschen kämpfen. Besonders schön ist hier die Tatsache, dass die bekannten Figuren aus der Serie in diesen Geschichten durch ihre dunklen Ebenbilder repräsentiert werden. Die Charaktere sind ähnlich und doch sind sie eben dunkler. Unter anderen Voraussetzungen hätten wirklich solche Charaktere entstehen können statt jenen, die wir in der Serie bewundern dürfen.

Das Ferengi-Epos

Die Ferengi sind ein Volk, das bisher bei Star Trek immer sehr zweidimensional dargestellt wurde. Der Barkeeper Quark auf Deep Space 9 ist Ferengi und durch ihn lernen wir die Kultur näher kennen. Die Ferengi sind gierige Händler, deren ganzer Lebensinhalt nur auf den Erwerb von Reichtum ausgerichtet ist. Sie richten ihr Leben auf Erwerbsregeln aus und Quark zitiert so oft wie möglich eben diese Regeln.

Sein Bruder Rom ist da ganz anders: Rom hat kein Interesse an Reichtum und setzt sich sogar für die Rechte von Arbeitern ein. Und sein Sohn Nog ist ebenfalls ein Versager. Er möchte sogar zur Sternenflotte, in der Geld überhaupt keine Rolle spielt.

Ich habe eine Reihe von Folgen "das Ferengi-Epos" getauft, weil in dieser Geschichte nur die Ferengi wichtig sind. Wir lernen des großen Nagus kennen, den Herrscher über die Ferengi, und wir erleben die familiären Probleme eines Volkes, in dem Frauen keine Rechte haben, denn Quarks Mutter möchte auf einmal arbeiten und Kleidung anziehen, was einer Ferengi-Frau beides verboten ist. Das Ferengi-Epos ist meistens sehr lustig, aber dennoch regt es zum Nachdenken über unsere von Streben nach Reichtum beherrschte Welt an.

Zusammenfassung

Obwohl die Serie "Deep Space 9" anfangs bei den Fans nicht übermäßig punkten konnte, handelt es sich dennoch um eine sehr sehenswerte Serie aus dem Star-Trek-Universum. Vor allem das ungewohnte Element der nahezu unbeweglichen Raumstation wird durch das neue Raumschiff Defiant korrigiert. Die Geschichten und Charaktere sind wieder typisch für Star Trek, gewohnt anspruchsvoll, gewohnt gut erzählt.

Insgesamt ist diese Serie etwas düsterer als die anderen Star-Trek-Serien, was teilweise den Charakteren zu verdanken ist, aber auch der Hintergrundgeschichte mit der brutalen cardassianischen Besatzung und dem Krieg gegen das Dominion. Aber gerade durch diesen langen Handlungsstrang kann "Deep Space 9" mit Fug und Recht wohl als die insgesamt spannendste Star-Trek-Serie bezeichnet werden.

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