Vor allem im süddeutschen Raum kennt man das "Stärkeantrinken". Dort ist der Brauch in vielen Orten anzutreffen, am stärksten vertreten ist er jedoch in Oberfranken und den angrenzenden Regionen. Gut, dass die Brauereidichte dort sehr hoch ist, denn......

Was trinkt man denn da eigentlich?

.... Stärke antrinken heißt erst einmal nichts anderes als Bier trinken. Und zwar reichlich.

Ginge es alleine nur ums Biertrinken, wäre nun ein jeder Stammtisch und ein jedes Saufgelage bereits Brauchtum (gut, für manche ist es das). Mit dem Stärke antrinken jedoch ist ein bestimmtes Ritual verknüpft, das dafür sorgen soll, dass das kommende Jahr ein gutes Jahr wird. Stärke ist hier nicht als körperliche Kraft zu verstehen, sondern als Ausdauer, Mut und Gesundheit. Für jeden Monat des kommenden Jahres muss man sich nun etwas von diesen Bestandteilen antrinken und zwar in Form von Bier. 12 Seidla (fränkisch: Bierglas mit einem halben Liter Fassungsvermögen) müssen nun also getrunken werden, damit die Stärke nun für jeden Monat des kommenden Jahres anhält. Gerne wird dafür Bockbier verwendet oder auch ein besonderes Bier für den Anlass gebraut. Oft ist dieses stärker als normales Bier, was die Aufgabe mit den 12 Halben nicht unbedingt einfacher macht. Schließlich will man sich ja Stärke antrinken und nicht das Gegenteil davon erreichen.

Auch wenn sich oft religiöse Deutungen eines Rausches als "Gottesnähe" finden lassen, so hat das in Bezug auf das Stärke antrinken vermutlich keine Relevanz. Zu diesem Brauch sind keine Verbindungen zu christlichen Traditionen bekannt. Eher vorstellbar ist eine Nähe zu heidnischen Traditionen mit deren Vorstellung von den 12 Rauhnächten, die an Weihnachten beginnen und zum Dreikönigstag enden. Einen Beginn dieses Brauches vermutet man im 18./19. Jahrhundert.

Neujahr am Dreikönigstag?

Der Brauch des Stärk' antrinkens bezieht sich auf einen Brauch, mit dem man das neue Jahr einläutet.

Nach unserer heutigen Definition müsste das also an Silvester geschehen. Tatsächlich aber wird der Brauch am Dreikönigstag oder mancherorts auch schon am Vorabend des Dreikönigstag vollzogen. Das kommt daher, weil sich vor allem im süddeutschen Raum durch Brauchtum und Volksglauben eine Vorstellung herausgebildet hat, dass das neue Jahr zu den heiligen drei Königen beginnt, also am 6. Januar. Man kennt das Datum hier auch als Hochneujahr, Großneujahr oder Oberster.

Sich die Stärke bereits am Vorabend des Hochneujahrs, also am 5. Januar anzutrinken, ist gerade für diejenigen eine Option, die es mit dem Brauch eben sehr genau nehmen und tatsächlich ihre 12 "Seidla" trinken. Durch den Dreikönigstag, der vielerorts ein Feiertag ist, kann man am nächsten Tag wenigstens seinen Rausch ausschlafen...

Sonja, am 23.10.2017
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