Ds Revier im Büro - Von mehr Quadratmetern, dem Dienstauto bis zum eigenen Klo

"Mein Haus, mein Auto, meine Yacht", so oder ähnlich erinnert man sich noch an einen Werbespot- war es von einer Versicherung? -, die uns Deutschen einen Spiegel vorhielt. Gelten wir doch als ausgeprägtes Neid-Volk, das anderen so mit Schadenfreude im Gesicht Erfolgserlebnisse vor die Nase hält. Eigentlich peinlich der Spot. Aber er symbolisiert wohl doch so einiges, zumindest, wie sehr doch Äußerlichkeiten zählen.Statussymbol Yacht
Das scheint auch oder vor allem am Arbeitsplatz zu gelten. Längst hat sich im Berufsleben ein ganz eigener Status-Code heraus gebildet. Dabei gehen einzelne Firmen mehr oder minder fantasievoll vor: Es gibt preußisch gründliche, die legen wie bei der Käfigtierhaltung fest, wie viele Quadratmeter der Sekretärin im Vorzimmer (auch sie kann zum Statussymbol werden), dem Gruppenführer, dem Abteilungsleiter oder dem Hauptbereichschef zustehen. Und wie die Mitarbeiter mit Argusaugen und Zollstock darüber wachen!

Sind Sie noch im Kunststoffbereich oder hat Ihr Schreibtisch schon Mahagoni?

Andere Unternehmen wiederum regeln die Art des Schreibtisches: untere Führungsebene Kunststoff, mittlere Ebene Holzfurnier, obere Ebene Massivholz. Ich brachte meinen Mann einmal furchtbar in Verlegenheit, als er mir einen Kollegen jener Firma vorstellte und ich fragte: "Sind Sie noch Furnier oder schon massiv?" Man muss ja schließlich sein Gegenüber einordnen können.
Das wollten auch vorsichtig hinten herum gefragt die Kollegen eines Unternehmens, in das ich neu eintrat, wieder einmal in meiner Karriere als einzige Frau in der Führungsriege zugelassen. Ich wollte die Fragerei ironisch abkürzen, wies mit dem Kinn zum Fenster und sagte. "Also meine Herren, da unten steht mein Dienstwagen, da wissen Sie dann Bescheid!" Das werteten die zunächst als arrogant, erkannten den ironischen Unterton nicht! Besagter Dienstwagen lag von der Klasse her genau zwischen der Vorstandsebene und den Geschäftsführern der Tochtergesellschaften, da ich ja Stabsstelle war. Übrigens unter uns: der war mir zu untermotorisiert, den Wagen brachte ich heimlich nach Italien zum Tuning durch einen Freund, der als Kraftfahrzeugmechaniker lange in der Formel Eins tätig gewesen war. Danach gefiel mir die Beschleunigung von Null auf Hundert sehr viel besser, man will ja schließlich einem Dickwanstpapi, der an der roten Ampel so aufreizend herüber grinst, bei Grün davon fahren können!

Ach wie gut hat es die Bundeswehr!

Keinerlei Probleme mit dem äußeren (An)Schein haben ja die Bundeswehrsoldaten: Ein Blick auf die Schultern und sofort weiß jeder, welchen Dienstgrad er vor sich hat und wie respektvoll oder lässig die Begrüßung ausfallen kann. Es war nach dem Besuch einer Bundeswehrhochschule, arrangiert für uns Journalisten, bei dem ich hörte, wie ein Intendant eines Fernsehsenders aufseufzend zu seinem Chefredakteur sagte: "Ach, wäre doch nicht schlecht, wenn wir auch solche Schulterklappen mit Abzeichen hätten!" Natürlich hätte er das gerne gehabt, denn als Intendant stünden ihm dann wahrscheinlich vier Sterne zu. Und Hacken zusammen schlagen bei den Untergebenen. Irgendwie muss so ein verborgener steinzeitlicher Restinstinkt in uns schlummern, aus der Zeit, als man sein Revier absteckte und sich Federn an den Häuptlingsbusch steckte, je mehr desto Häuptling.Am besten so ei Dienstauto mit Sekretärin

Höchste Stufen: Zimmerpflanzen und eigene Duschkabine

Meine Recherchen ergaben noch ganz andere Varianten: die der Behörde, bei der es Fenstervorhänge erst ab Regierungsrat gibt. Oder der berühmte, weltweit agierende Elektrokonzern, wo Zimmerpflanzen im Büro nur dem Direktor zustehen, wirklich wahr. Der führende Auswuchs jetzt, der mir aus zuverlässiger, erstklassiger Quelle zugetragen wurde: farbige Toilettenbrillen auf höchster Vorstandsebene eines Chemiekonzerns!
Manchmal werde ich den Verdacht nicht los, dass dieses Imponiergehabe mit den kleinen und großen Unterschieden von den Firmen auch noch unterstützt wird. Vielleicht spart man sich durch diese Regelungen und Zugeständnisse ein höheres Gehalt? Nicht auszudenken, wenn die Mitarbeiter anstelle solcher Spielchen mit Äußerlichkeiten plötzlich auf die Idee kämen, untereinander Informationen über ihre Gehälter auszutauschen (gilt immer noch als "pfui" in Deutschland im Gegensatz zu den USA), um hierin vielleicht die einzig deutliche Aussage über ihren Stellenwert zu erfahren?

Arlequina, am 30.09.2011
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Bildquelle:
Burkard Vogt / pixelio.de (Rausgemobbt)

Autor seit 13 Jahren
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