Theater am Kurfürstendamm: Kritik von "Schlechter Rat" – Saul Rubinek

Der Neu-Berliner Uwe Ochsenknecht spielt in einer Beziehungskomödie. Für ein Boulevard-Theater ist das Ganze recht unterhaltsam.

Im Anfang schufen sie einen Tannenwald. Jake lässt sich halb nackt auf einem Liegestuhl hängen und verfolgt auf einem antiquierten Fernseher ein Fußballspiel. Die Komödie beginnt, wie sie auch endet: Mit Hertha. Uwe Ochsenknecht spielt Jake, der unverblümt seine Macho-Allüren zur Schau trägt. Er verhält sich wie jemand, der es geschafft hat und sich in seinen vermeintlichen Heldentaten sonnt, obwohl er von einem rustikalen Kraftweib ausgehalten wird. Bei seinem Freund Stanley gebärdet er sich als Lebensratgeber, allerdings sind seine Tipps nicht die besten. Stanley soll sich entledigen von drei Frauen, die ihm angeblich im Genick sitzen. Mit drei Frauen im Nacken lebt es sich nicht gut, so Jake. Dabei hat er es auf Delila abgesehen, bei der sein auf dem Gipfelpunkt angelangtes Genitalsystem sich schon einmal erprobt hat. Das ist der Ausgangspunkt.

Charlotte Schwab, Uwe Ochsenknecht (Bild: © Barbara Braun)

Mit Woody-Allen-Charme

Konträrer könnten die beiden Gestalten, die sich Freunde nennen, kaum sein. Oscar Ortega Sánchez als Stanley ist eher schüchtern und leicht verklemmt, bezieht aber dadurch eine nicht auszutilgende Anziehungskraft, die Jake versagt bleibt. Stanley verströmt einen fast unwiderstehlichen Woody-Allen-Charme, gegen den kein Kraut gewachsen ist. Deshalb ist er auch so anziehend für Delila (Julia Malik), die emotional, geschmeidig und einfühlsam auftritt. Vollgepumpt mit Empathie, ist sie eine Kombination von Zierlichkeit, lieblicher Verbrämung und zurückgehaltener Aggression. Rein von der Wesensart her wären Delila und Stanley das optimale Paar, aber Jake will es anders, ganz anders. Nur begreift er sein Schicksal nicht, denn er und die dröhnende Reibeisen-Mama Hedda (Charlotte Schwab) sind füreinander wie geschaffen. Der 61-jährigen Schweizerin sieht man das Alter nicht an, sie präsentiert sich als hochvitale, virile Matrone.

Oscar Ortega Sánchez, Julia Malik (Bild: © Barbara Braun)

Die Schwachen sind die Starken

Seltsamerweise wird in dem Stück noch eine Pause eingebaut, wahrscheinlich, um den Barbetrieb in Gang zu halten. Am Schluss ist keine Möglichkeit mehr für einen gemütlichen Umtrunk. Nach der Pause arbeitet Ochsenknecht – er hat seine Füße mittlerweile in hässliche Badeschlappen gesteckt – mit unverminderter Energie weiter. Er ist ein Intrigant vor dem Herrn. Hat er mit Delila nur einmal geschlafen, vor sechs Monaten, oder gar mehrmals? Eine schwere Frage, aus der sich einige Probleme ergeben. Auch bei den Frauen entwickelt sich eine Art Konkurrenzkampf. Einmal liegt Hedda rittlings auf Stanley, es ist fast ein ungleicher Kampf – er ist ein Überwältigter, der auf schlechte Ratschläge hört. In dieser Komödie sind die Schwächeren die Starken, vor allem Sánchez und Julia Malik ragen heraus. Letztere vermag durch ihre gewandte, subtile, stets geöffnete Wesensart besonders zu beeindrucken. Zugegeben, es sind nur Rollen: Aber die oberflächlich Schwachen entfalten eine besondere Kraft. Es ist letztlich eine geistlose Komödie, die wegen der vielen Sprüche, Wortkombinationen und Pointen trotzdem überzeugt. Etwas zum Entspannen.

Schlechter Rat

Von Saul Rubinek

Deutsch von John Birke

Regie: Nicolai Sykosch

Es spielen: Julia Malik, Uwe Ochsenknecht, Oscar Ortega Sánchez, Charlotte Schwab.

Theater am Kurfürstendamm

Aufführung vom 26. Februar 2014

Dauer: 2 Stunden 15 Minuten, eine Pause

SteffenKassel, am 27.02.2014