Björn Ingmar Böske, Janina Klinger ...

Björn Ingmar Böske, Janina Klinger, Florian Ludwig (Bild: Timo Wulff)

Aus Blumen werden keine Bomben

Nach einigen Invektiven und heftigen Rededuellen kommt es zu einem finalen Duell. Sophies Gatte Söller (Björn Ingmar Böske) und ihr Fast-Liebhaber Alcest (Florian Ludwig) gehen jedoch nicht mit Degen aufeinander los, sondern – dem Bühnenbild entsprechend – mit Blumen. Und aus Blumen werden keine Bomben – die Widersacher ziehen Spritzpistolen. Dass es sich hier um keine Tragödie mit melancholischen Einschüben und massiver Trauerdimension handelt, wird auch zu Beginn schnell deutlich. Der Gesang "Heiße Sommer, wie wunderbar" scheint eine fragwürdige Anhimmelung des aktuellen Sommers zu sein (die Zuschauer*innen tragen wetterbedingt fast allesamt Jacken). Die unschlüssige, nicht zu spontanen Impulsen neigende Sophie (Janina Klinger) befindet sich in einem intensiven Streitgespräch mit Alcest, sie hangeln von Eifersucht zu Besitzansprüchen und Liebesforderungen. Nach einer überraschenden Umarmung nestelt sie an seinem Hemd herum, knöpft es auf, hektisch, mit ungeschickten Fingern: "Mein Herz ist gar zu voll". Der Anbeter macht einen Kniefall, um Gebete brabbelnd emporzustoßen, doch Sophie erlebt eine emotionale Überforderung, hier wird's ernst, da wird ihr ganz mulmig zumute und sie lacht dumm herum. Indes ergeht sich Sophies Gatte Söller in Eifersuchtsqualen, er regt sich auf, spreizt sich, labert – und belauscht sie: "Das Schicksal trennt uns bald und, ach für meine Sünden, Muß ich mich, welch ein Muß! mit einem Vieh verbinden." Das ist nicht unbedingt eine zukunftsträchtige Aussage Sophies. Sie ist trunken vor empfindsamer Raserei und Janina Klinger redet auch im Modus einer Betrunkenen, und das wiederholt.

 

Es wird heftig um Liebe gestritten

Foto: Timo Wullf

 

Die Liebe ist gar ein schwierig Ding

Nicht unbekannt ist in diesem Einakter Goethes frühe Einschätzung von Staat und Gesellschaft: "Allein, ihr großen Herrn, ihr habt wohl immer recht! Ihr wollt mit unserm Gut nur nach Belieben schalten; Ihr haltet kein Gesetz, und andre sollens halten?" Aber ansonsten hält sich der noch juvenile Meister mit solchen Aussprüchen zurück, gilt es doch, das Verwirrspiel, in dem es auch ums kleine Geld geht (Söller bestiehlt Alcest), einigermaßen zu entwirren, doch nicht so, dass alle glücklich von dannen gehen. Am Ende entlarvt sich jeder selbst, es sind zu viele der Peinlichkeiten. Rike Eckemann geht es auch nicht um eine gerechte Aufteilung des gestohlenen Geldes. Sie hat wohl eher eine komödiantische Bloßstellung anvisiert, alle möglichen Zutaten eingerechnet. So schreit der betrogene Söller, er sei ein Hahnrei, besäuft sich und singt in den Abendhimmel hinein. Bizarrerweise ertönt kein Herzschmerz-Sound, es leidet sich besser in Disco-Musik. Was die seelische Erschütterung anbelangt, versucht Janina Klinger ein ganzes Register zu ziehen. Aber richtig ans Herz gehen soll es eben nicht – das munter Flockige steht im Vordergrund, denn seltsam ist es um die menschlichen Herzen bestellt. Die Liebe ist gar ein schwierig Ding.

 

Die Mitschuldigen

von Johann Wolfgang von Goethe

Regie und Ausstattung: Rike Eckermann, Kostüme: Rudi, Assistenz: Luise Lotty Ruhnau.

Besetzung: Janina Klinger, Florian Ludwig, Björn Ingmar Böske.

Theater der Zukunft

Premiere vom 22. August 2017

Dauer: ca. 1 Stunde, 15 Minuten.

 

 

 

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