Elisabeth Holmes, die Gründerin

Nur wenige Tropfen Blut sollten ausreichen, um Krankheiten zu erkennen. Bluttests sollten einfacher und vor allem günstiger werden. Möglich machen sollte das eine Technologie, die Elisabeth Holmes, damals gerade einmal 19 Jahre alt, selbst entwickelt hatte. Sie galt als das neue Wunderkind, als der neue Steve Jobs oder Bill Gates. Holmes gründete ihre Firma Theranos, die in den anschließenden Finanzierungsrunden 2013 und 2014 Bewertungen von 9 Milliarden US-Dollar erreichte. Die Technologie bekam den Namen Edison. Bald prangte das Konterfei von Holmes auf Zeitschriften wie Forbes und Fortune.

Insgesamt 750 Millionen US-Dollar hatten die Risikokapitalgeber in das Unternehmen gesteckt. Zu den Investoren zählten unter anderem der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger, Rupert Murdoch und Carlos Slim. Sie wurde sogar von US-Präsident Barack Obama ausgezeichnet.

2009 stieg Ramesh "Sunny" Balwani bei Theranos ein. Aus ihm und Holmes wurde später ein Paar. Balwani hatte zwar keinerlei Ahnung von Biotechnologie und hatte noch nie in einem Start-up gearbeitet, sollte sich aber trotzdem um das Tagesgeschäft kümmern.

Fortune Global Forum 2015

Fortune Global Forum 2015 (Bild: fortuneglobalforum / Flickr)

Alles nur Betrug?

Die Sache hatte allerdings einen nicht ganz unbedeutenden Haken: Edison funktionierte nur sehr bedingt. Ans Licht brachten das alles zwei ehemalige Mitarbeiter, die mit dem "Wall Street Journal" gesprochen und Theranos bei den Behörden angezeigt hatten. So wurde Edison bei den Bluttests, die Theranos durchführte, gar nicht eingesetzt. Stattdessen kam die altbewährte Technik von Siemens zum Einsatz, die man eigentlich in jedem Labor findet. Etwas, dass Holmes anfangs übrigens vehement bestritt. Edison hingegen lieferte falsch positive Ergebnisse. Bei der FDA hatte das Unternehmen die Zulassung von 120 Tests beantragt. Zugelassen wurde allerdings nur ein einziger - und zwar der für Herpes. Mit dem Test von Edison wird lediglich bewiesen, dass Antikörper vorhanden sind, aber nicht in welcher Konzentration. Außerdem gab es Vorwürfe, dass in den Laboren unqualifiziertes Personal eingesetzt würde.

Bis heute hält Holmes geheim, wie Edison genau funktioniert beziehungsweise funktionieren sollte. Experten zweifeln die Technik bis heute an. Vor allem an der Blutentnahme aus dem Finger scheiden sich die Geister. Denn die Konzentration der Moleküle ist eine ganz andere, als wenn das Blut aus der Vene entnommen wird (Quelle: Scientific American.)

Die FDA zog die Konsequenzen und entzog Theranos die Betriebserlaubnis für Labore in Kalifornien, also dem Firmensitz. Elisabeth Holmes selbst darf zwei Jahre lang kein Labor besitzen oder betreiben. Am 4. September 2018 wurde Theranos aufgelöst.

Der Chefwissenschaftler des Unternehmens, Ian Gibbons nahm sich wenige Tage bevor er über die Technologie aussagen sollte, das Leben.

Das Arbeitsklima bei Theranos soll sehr schlecht gewesen sein und geprägt von Misstrauen und Lügen. Mitarbeiter wurden sofort entlassen, wenn sie nur das kleinste bisschen Kritik äußerten.

Die Whistleblower

Dass der Betrug von Elisabeth Holmes aufgedeckt wurde, ist unter anderem den zwei Whistleblowern Erika Cheung und Tyler Shultz zu verdanken. Cheung arbeitete sechs Monate lang bei Theranos als Laborassistentin. Sie machte den COO Balwani auf die Probleme bei den Bluttests aufmerksam. Der war aber nicht dankbar, sondern stellte die Kompetenz der Frau infrage. Als Cheung kündigte, wurde sie massiv von Theranos bedrängt. Sie wurde unter anderem von Privatdetektiven überwacht und hatte den Verdacht, dass ihre privaten Telefonate abgehört wurden.

Tyler Shultz arbeitete im Diagnoseteam. Auch ihm fielen die Unregelmäßigkeiten auf. Er suchte das Gespräch mit Elisabeth Holmes. Die stritt allerdings alles ab und weigerte sich nochmal, mit Shultz zu sprechen. Dieser sollte stattdessen seine Beobachtungen in einer E-Mail zusammenfassen und Holmes schicken. Die Antwort kam nicht von ihr, sondern von Balwani, der Shultz aufs übelste beschimpfte und bedrohte.

Der Großvater von Shultz, George Shultz (ehemaliger US-Außenminister) saß zum damaligen Zeitpunkt im Aufsichtsrat von Theranos. Sein Enkel wandte sich an ihn und schilderte ihm die Unregelmäßigkeiten. Der schenkte den Ausführungen seines Enkels zunächst keinen Glauben. Tyler Shultz kündigte daraufhin unter einem Vorwand bei Theranos. Im Haus seines Opas fand ein ziemlich denkwürdiges Gespräch statt, bei dem ihm Anwälte des Unternehmens bedrängten, eine Schweigevereinbarung zu unterzeichnen. Der junge Mann weigerte sich. Cheung wandte sich an die CMS (die Aufsichtsbehörde). Die durchsuchten daraufhin die Labore und stellten zahlreiche Verstöße fest. Tyler Shultz hingegen wandte sich an das Wall Street Journal, dessen Carreyou einen Artikel veröffentlichte, der den Stein erst richtig ins Rollen brachte. Dieser wurde übrigens auch von Theranos massiv bedrängt.

Das Urteil im Fall Theranos

Der Prozess startete mit einem großen Problem. Kurz vor dem Bankrott von Theranos vernichteten Angestellte einen Server, auf dem Millionen von Bluttest Ergebnissen gespeichert waren.

Elisabeth Holmes bestritt die Vorwürfe. Sie sagte aus, dass sie über die Vorgänge bei Theranos keine Ahnung gehabt hätte, was sich dann als Falschaussage herausstellte. Ihren ehemaligen Partner Ramesh "Sunny" Balwani beschuldigte sie des Missbrauchs, sowohl psychisch als auch sexuell. Sie hatte rund 10 Jahre eine Beziehung zu dem älteren Mann gehabt, währenddessen aber auch ein Verhältnis zu einem zweiten Mann. Sie musste während ihrer Aussage E-Mails und Textnachrichten zwischen ihr und ihrem früheren Partner vorlesen, in denen die Probleme bei Theranos thematisiert wurden. Holmes wusste also sehr wohl darüber Bescheid, was in ihrem Unternehmen schieflief.

 Während des Verfahrens hatte sie immer wieder betont, dass sie an ihr Unternehmen geglaubt habe und es ihr erklärtes Ziel gewesen sei, das Gesundheitswesen zu revolutionieren.

Ursprünglich wurde Holmes zu 11 Jahren Haft verurteilt. Die Strafe wurde allerdings um zwei Jahre verkürzt. Ende 2032 wird sie dann aus der Haft entlassen.

Ihre Haftstrafe hat Elisabeth Holmes wohl mittlerweile angetreten, obwohl sie einen Antrag gestellt hatte, sie von der Haft zu verschonen. Holmes ist mittlerweile zweifache Mutter. Ihr erstes Kind wurde kurz vor dem Prozess geboren, das zweite kam kurz vor der Urteilsverkündung auf die Welt. Außerdem muss sie mehr als 400 Millionen Euro Schadensersatz leisten.

Ramesh "Sunny" Balwani, ehemaliger Lebensgefährte von Holmes und Manager bei Theranos muss für 12 Jahre und 11 Monate ins Gefängnis.

Die Anwälte von Elisabeth Holmes gehen übrigens weiter gegen das Urteil vor und wollen es in einem Berufungsverfahren aufheben lassen.

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