Tiraspol - Hauptstadt Transnistriens (Bild: withfilesfrom / Flickr)

Eine gegenwärtige Reise in die Vergangenheit – Transnistrien als die kleine Sowjetunion

Dem 200 Kilometer langen Gebiet Transnistrien kann einen Mangel an Eigeninitiative für die Umsetzung seiner internationalen Anerkennung nicht vorgeworfen werden; es besitzt seine eigene Schriftsprache (nur in Transnistrien wird auf Moldauisch noch mit kyrillischen Buchstaben geschrieben), seine eigene Währung, seine eigene Hymne und sogar seine eigene Fahne und Wappen. Letztere sind noch mit Hammer und Sichel versehen – wie in guten alten Sowjetzeiten. Auch sonst gleicht ein Transnistrien Besuch eher einer Reise mit der Zeitmaschine unter dem Motto "Back to USSR". Die Sowjetarchitektur in den Straßen sind noch deutlich zu erkennen, überall finden sich Lenin-Statuen und alte Straßennamen mit sowjetischen-historischen Bezug wurden beibehalten. Auch heißt der Geheimdienst dort immer noch KGB und das Parlament Oberster Sowjet. Das Beibehalten sowjetischer sowie aktueller russischer Feiertage ist nur eine logische Folge der erst schleichenden Russifizierung, der dieser Region wiederfuhr. Schaut man auf die ethnische und sprachliche Zusammensetzung, unterscheidet sie sich vom Rest Moldawiens. Transnistrien setzt sich aus 31,9% Moldauern, 30,3% Russen, Tendenz steigend, und 28,9% Ukrainern zusammen. Das spiegelt sich auch in der Religion wieder: 90% sind, wie es in Russland üblich ist, Christlich-Orthodoxe.
Als das von der Sowjetunion stärkstes geprägtes Gebiet erhält Transnistrien den sowjetischen Geist immer noch aufrecht: Zwar sind Schilder mindestens zweisprachig, aber Russisch wird als Alltagssprache bevorzugt.

Lenin ist überall - auch noch in Transnistrien (Bild: ViaggioRoutard / Flickr)

Russische Beziehungen

Die russlandfreundliche Haltung ist nicht nur der Vergangenheit und der Bevölkerungszusammensetzung verschuldet. Russland bietet finanzielle Hilfe, liefert dem Gebiet kostenloses Gas, baut Sozialeinrichtungen und will mit seinen stationierten Friedenstruppen als Freund und Helfer auftreten. Dementsprechend fielen die abgehaltenen Referenden über die Zukunft Transnistriens zu Gunsten einer Wiedervereinigung mit der Russischen Förderation aus. Im Referendum von 2006, welches von der Europäischen Union nicht anerkannt wurde, sprachen sich 97% dafür aus. Bis heute erkennt Russland, trotz der engen Beziehungen, Transnistrien nicht an. Auch als sich 2014 der Oberste Rat von Transnistrien nach den Geschehnissen auf der Krim an Putin wandte, um einer Wiedervereinigung und Unabhängigkeit zuzustimmen, gab es keine befriedigende Antwort für die Region. Zwar sieht es Putin als seine Pflicht, Russen außerhalb seiner Landesgrenzen zu helfen, aber Experten rätseln, was die mögliche Einnahme Transnistriens Russland für Vorteile bringen könne. Gemeinsame Grenzen oder eine gemeinsame weitreichendere Geschichte wie die mit der Krim sind nicht gegeben. Außerdem würde sich Russland mit einer Anerkennung den Einfluss auf ein wiedervereinigtes Moldawien verbauen, von seiner Kontrolle abbüßen, und somit eine mögliche Westorientierung Moldawiens fördern.
Aber dabei spielt die Politik Moldawiens eine entscheidende Rolle.

Moldawien – Der Weg zur EU gemeinsam mit Rumänien

Die Beziehung Transnistriens zum Rest Moldawiens kann man als unkompliziert beschreiben. Beide Seiten halten sich an den Waffenstillstand und es scheint, dass Moldawiens erste Priorität nicht der Konfliktlösung gilt, sondern der Stabilisierung der wirtschaftlichen Probleme innerhalb des Landes, sowie der Abschaffung der Visumpflicht. Danach wolle man sich der EU nähern und, mit Hilfe Rumäniens, ein EU Mitglied werden. 2014 machte man mit einem Assozierungsabkommen zwischen Moldawien und er EU einen entscheidenden Schritt. Doch Russland sieht nicht gerne, wenn sich ein postsowjetisches Land dem Westen nähert, es rief eine Warnung in Form von Einfuhrstopps von moldawischen Weine aus. Inzwischen ist Rumänien der Hauptabnehmer moldawischer Weine. Rumänien selbst ist bestrebt, Moldawien zu helfen, in der europäischen Kultur zu bleiben bzw. seinen Platz zu finden. Ein steigender Einfluss ist erkennbar. Eine Wiedervereinigung mit Rumänien ist dennoch eher unwahrscheinlich, vor allem wegen der aktuellen moldawischen Regierung.

Moldawiens politische Gespaltenheit zwischen Ost und West

Der Regierungswechsel zu einer pro europäischen Regierung im Jahre 2015 führte zu vielen Protesten seitens der Bevölkerung, da sich viele für engere Beziehungen mit Russland aussprachen. Schaut man sich Umfragen an, ist das Land gespaltener denn je: Während 49% der Moldauer für einen EU Beitritt sind, ist der Rest für einen Beitritt zur Eurasischen Wirtschaftsunion. Hinzu kommt, dass diese gespaltene Gesellschaft durch das Abhandenkommen von 1,38 Milliarden Euro aus Banken im Vorjahr vorbelastet ist. Bis heute weiß man nicht, was mit diesem Geld passiert ist. Das Vertrauen gegenüber der Regierung musste daraufhin einbüßen. Durch diese Gespaltenheit zwischen Ost und West innerhalb eines Landes, hat die pro europäische Regierung weniger Interesse, eine Million potentielle pro-östliche Wähler aus Transnistrien zu sich zu holen, da sich fortan das politische Gleichgewicht zugunsten einer intensiveren Russlandbeziehung verschieben würde.

Nationaler Egoismus

Die Interessen sind ganz klar definiert: Moldawien besitzt zwar keinerlei Kontrolle über Transnistrien, will aber, genauso wie die Ukraine, dass die Grenzen zu Transnistrien stabil bleiben. Ein wirtschaftlicher Kollaps, ein Krieg oder eine Radikalisierung anderer Form, würde eine Flüchtlingskrise auslösen, die diese Länder nicht gewappnet sind. Deswegen darf man Transnistrien weder wirtschaftlich isolieren, noch es sich alleine überlassen. Auf Grund der Abhängigkeit der Güter aus Russland, ist es jedoch schwer einen Konflikt zu Gunsten der pro europäischen Regierung Moldaus zu lösen. Außer Frage, es handelt sich um einen kluger Schachzug Russlands, Transnistrien für eine Unterlaufung der moldauischen EU Ambitionen zu nutzen. Es scheint schon fast egal zu sein, was die Lösung dieses Dauerkonfliktes sein wird; die Gefahr eines Krieges in dieser Region ist so groß wie schon lange nicht mehr.

Fazit

Um zu einer eigenständigen Souveränität und Anerkennung zu kommen, muss sich in Transnistrien eine eigene Identität entwickeln. Es muss seinen Status als Spielball von benachbarten Staaten ablegen. Geographisch grenzt es an Länder, der restliche Teil Moldawiens und der Ukraine, deren Beziehungen zu Russland nicht die besten sind. Die stationierten Truppen in Transnistrien werden auf beiden Seiten nicht gerne gesehen, aber Transnistrien, die die Truppen als Schutzmacht ansehen, verstecken sich dahinter. Dass man die Krim in Transnistrien als Vorbild sieht, ist einerseits nachzuvollziehen, andererseits ein Produkt selbsterdachter Utopie. Russland nutzt Transnistrien einzig zu seinen Gunsten. Manchmal sollte man eingefrorene Konflikte nicht aufwärmen, solange man die Kohle dafür nicht hat.

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