Trauerbewältigung - Der Tod gehört zum Leben
Der Umgang mit Trauernden fällt Außenstehenden schwer, weil sie Angst haben, etwas falsches zu sagen oder zu tun.Formen der Trauerbewältigung - Wie Menschen trauern und was Außenstehende tun können
Jeder Mensch, der mit dem Tod konfrontiert ist, muss sich früher oder später mit seiner Trauer auseinandersetzen. Denn nur in der Aufarbeitung der Trauer wird der, der trauert, in die Lage versetzt, dieses oft lähmende Gefühl überwinden. Es gibt auch nicht die perfekte Art der Trauer, weil jeder Mensch seiner eigenen Gedanken- und Gefühlswelt unterliegt. Außerdem trauert nicht jeder gleich stark. Jemand, der einen langjährigen Lebenspartner oder einen nahen Verwandten verliert, trauert natürlich anders, als jemand, der beispielsweise aus der Zeitung vom Tod eines Nachbarn erfährt, mit dem er kaum zu tun hatte. Deshalb darf und muss jeder die für ihn geeignete und angemessene Weise für die Trauerbewältigung finden.
Trauer als innerer Prozess
Bei der Konfrontation mit dem Tod beginnt automatisch ein innerer Prozess, in dem Seele und Verstand versuchen, mit der Situation umzugehen. Dieses innere Ringen wird sehr häufig nach außen hin zunächst einmal gar nicht sichtbar. In Gesprächen mit Krankenhausseelsorgern, Hospizmitarbeitern oder Gemeindepfarrern hört man immer wieder, dass viele Betroffene zunächst einmal mit ihrer Trauer allein bleiben möchten und um sich herum einen Schutzraum des Schweigens errichten. Dieser Schutzraum soll Verletzungen verhindern, denn wer trauert, fühlt sich schwach und dadurch angreifbar. Entsprechend der immer noch gültigen Rollenverteilung sind es in der Regel Männer, die diese Form der Trauer bevorzugen. Dieser Umstand kann beim Umfeld leicht den Eindruck erwecken, der Tod würde sie kalt lassen. Selbst engste Verwandte oder andere Vertraute werden von ihnen nicht in ihre Gefühlswelt eingeweiht. Ein Grund für solch ein Verhalten sind die gesellschaftlichen Strukturen, in denen das Zeigen von Schwäche nur selten als das verstanden wird, was es eigentlich ist, nämlich Stärke. Aufgrund dieses gesellschaftlichen Verständnisses vermeiden es viele Trauernde, ihren Schmerz öffentlich zu zeigen. Erst, wenn der innere Prozess der Trauer soweit fortgeschritten ist, dass sie ihre Empfindungen wieder in Worte fassen können, kann die nächste Phase der Trauerarbeit erfolgen.
Die eigene Trauer in Worte fassen
Vielen Trauernden fällt es anfangs sehr schwer, über das zu sprechen, was die Konfrontation mit dem Tod in ihnen ausgelöst hat. Sie benötigen oft Zeit, um sich anderen anzuvertrauen. Es gibt aber auch Menschen, die ihre Trauer nicht für sich behalten wollen oder können. Sie suchen sich ganz bewusst Menschen, mit denen sie über ihre Empfindungen, ihren Schmerz oder auch ihre Wut sprechen können. Grund dafür ist meist das Gefühl, zu ersticken, wenn man schweigt. Als Gesprächspartner wählen Trauernde sehr häufig gute Freunde, enge Vertraute, aber auch außenstehende Psychologen oder Seelsorger. Letztere werden zumeist ausgewählt, um Verwandte oder Freunde nicht zu belasten, da diese oft selbst trauern, weil sie den Verstorbenen in vielen Fällen selbst kannten. Ist ein Familienmitglied verstorben, nutzen viele auch die Möglichkeit, die Gesprächsangebote von Selbsthilfegruppen für trauernde Angehörige zu nutzen. Bei solchen Gesprächen geht es in erster Linie um das Zuhören und nicht darum, etwas Kluges zu sagen.
Trauer kreativ bewältigen
Neben den innerlich Trauernden und denen, die das Gespräch suchen, gibt es auch Menschen, die ihre Trauer in Form von kreativer Aktivität verarbeiten. Diese Form der Trauerbewältigung wählen meist jene Betroffenen, die keine Worte finden und die ihren Schmerz durch Schreiben oder Malen besser auszudrücken vermögen. Dass dies ein durchaus erfolgversprechender Umgang mit Trauer sein kann, zeigen zahlreiche berühmte Kunstwerke, die in aus einer Situation der Trauer heraus entstanden sind. In das jeweilige Werk fließen dann viele Gefühle und Gedanken an den Verstorbenen mit ein. Dies können Schmerz, Ängste, Erinnerungen, Einsamkeit oder auch gemeinsame Erlebnisse sein. Im Malen oder Schreiben können Betroffene ihre Seele öffnen und verspüren anschließend eine ebenso große Befreiung, wie sie andere nach einem Trauergespräch empfinden.
Offensiv trauern
Folgende Begebenheit hat sich vor einigen Jahren zugetragen und zeigt einen offensiven Umgang mit Trauer: Bei der Beerdigung eines plötzlich verstorbenen Lehrers bat dessen Gattin die Anwesenden darum, ihr und ihrer Familie nach Beisetzung etwas Tröstendes zu sagen. Ganz bewusst forderte sie also dazu auf, zu ihr zu kommen. Dieses Verhalten findet man normalerweise nicht, vielmehr wird in Todesanzeigen oft darum gebeten, tröstende Gesten zu vermeiden. Die geschilderte Begebenheit zeigt, wie wichtig es vielen Menschen ist, Nähe und Trost von anderen zu erhalten. Gerade dies hilft ihnen, mit ihrer Trauer besser umzugehen. Für Außenstehende kann dies sehr hilfreich sein, weil sie dem Trauernden viel freier und unverkrampfter begegnen können.
Begegnung mit Trauernden
Wenn ein Mensch trauert, befindet er sich in einer Krisensituation, mit der Außenstehende nur schwer umgehen können. Es entsteht Unsicherheit, was man sagen soll bzw., wie man dem Trauernden in angemessener Weise begegnen kann. Nicht selten sind Außenstehende so verunsichert, dass sie sogar die Straßenseite wechseln, wenn sich der Trauernde nähert. Dies hat nichts mit mangelnder Sympathie oder Unverständnis für die Situation zu tun. Es ist in den allermeisten Fällen schlicht die Unfähigkeit, die passenden Worte zu finden, die Menschen veranlasst, auf Distanz zu gehen und den Umgang mit Trauernden zu meiden. Der beste Weg ist hier, einfach man selbst zu bleiben, sich nicht zu verstellen und seiner Anteilnahme durch ein gutes Wort oder eine liebevolle Geste Ausdruck zu verleihen. Dann wird der Trauernde das Wohlwollen spüren und für den wie auch immer ausgedrückten Trost dankbar sein.