Leider folgte ich dem Rat meines Zahnarztes und ließ mir einen Weisheitszahn rechts unten ziehen. Die Extraktion verlief ohne Probleme und war in ein paar Minuten zu Ende. Mit einem Tupfer zum Draufbeißen verließ ich die Praxis. Das war an einem Freitag. Nach zwei Stunden entfernte ich den Tupfer und aß an diesem Tag nur flüssige Nahrung. Da ich überhaupt keine nachfolgende Schmerzen hatte, ging ich wieder zum normalen Tagesablauf über, und aß auch ganz normal. Sonntag Mittag verspürte ich zum ersten Mal ein leichtes Ziehen an der Wunde und schaute mir daraufhin diese mit einer Taschenlampe bewaffnet, etwas genauer im Spiegel an. Ich konnte deutlich sehen, dass Speisereste in die Wunde eingedrungen waren. Da ich keine Scheu habe, an mir selber rumzudoktern (es ist nicht immer von Vorteil), nahm ich eine Spritze, und spülte mit einer Kamillenlösung die Wunde aus, um die Essensreste zu entfernen. Dabei wurde auch ein Blutclot (Blutgerinnsel) herausgespült, dem ich nicht weiter Beachtung schenkte. Dieser fehlende Blutclot ist jedoch tatsächlich die Ursache für die folgenden zwei schmerzhaften Wochen.

Die Wundheilung nach Zahnextraktionen

Wird ein Zahn gezogen, füllt sich das leere Zahnfach mit Blut, welches gerinnt. Ein Blutgerinnsel, das sog. Koagulum entsteht. Dieses hat eine wichtige Aufgabe: Es verschließt das Knochenfach vor eindringenden Bakterien. Mit der Zeit werden neue kleine Blutgefäße gebildet, kleine Kapillaren, welche den Clot durchziehen. Es entsteht das sog. Granulationsgewebe, welches sich später in Narbengewebe umbaut. Soweit zum normalen Verlauf.

Wundheilungsstörung trockene Alveole - Alveolitis sicca

Dieser wichtige Blutclot kann durch verschiedenste Ursachen abhandenkommen oder zerstört werden. Zum Beispiel kann er sich auflösen, wenn man zu früh wieder raucht. Auch Milchprodukte und Alkohol können den Blutclot zerstören. In meinem Fall wurde er ganz einfach aus Unwissenheit weggeschwemmt.

Folglich liegt nun das Zahnfach, die Alveole frei, was dem Knochen überhaupt nicht gefällt. Er entzündet sich und reagiert mit starken, ausstrahlenden Schmerzen. Der Fachbegriff hierfür ist die Alveolitis sicca. Schmerzmittel kann man sich dabei sparen, diese wirken kaum. Auch Antibiotika ist im Normalfall nicht angezeigt, da es weder bakterielle Beteiligung noch Eiter gibt.

Selbstbehandlung bei trockender Alveole

Bis dahin wusste ich davon aber überhaupt nichts, ich hatte einfach nur weiterhin ein Ziehen, das beständig stärker wurde. Montag Mittag hatte ich dann meinen Kontrolltermin. Mein Zahnarzt war leicht entnervt, und ahnte schon, was er vorfinden würde, als ich erzählte, dass ich ein Ziehen an der Wunde spürte. Sein Verdacht bestätigte sich, der Clot war weg, Essensreste drin. Genervt erhielt ich einen Vortrag, dass doch gesagt wurde, dass man nicht spülen soll (beim Aufklärungsgespäch wurde es def. nicht erwähnt, und auch auf meinem Zettel für Verhalten nach Operationen stand auch nichts drauf) Weiterhin erhielt ich einen Rüffel, dass ich mich nicht ausschließlich flüssig ernährt hätte. Die Wunde wurde ausgespült, und ich mit heftigen Schmerzen aus der Praxis entlassen. Ich sollte ab sofort täglich zum Spülen kommen. Ich sagte, dass ich das nicht schaffe, da ich die nächsten Tage zur Arbeit musste und mein Zeitplan das nicht zuließe. Er meinte, dann halt jeden zweiten Tag. Nicht nur er war genervt, ich auch, und ich wusste nicht, wie ich es die nächsten Tage zum Spülen schaffen sollte, da die Öffnungszeiten der Praxis wirklich nicht praxistauglich sind, und mein Arbeitsplatz einfach zu weit ist, um mal kurz in der Mittagspause vorbeizuschauen. Außerdem machte mir das Suppenfasten schwer zu schaffen, da meine Tage mit Arbeit und zwei Kindern oft bis zu 18 Stunden betrugen. Mit ein bisschen Suppe fehlt mir da jegliche Energie.

 

Ich begann, im Internet zu recherchieren und stellte fest, dass sich eine trockene Alveole recht lange hinziehen kann. Bei der Vorstellung, wochenlang nichts festes Essen zu dürfen, wurde ich erst recht schwach auf den Beinen. Das geht nun überhaupt nicht. Wie soll ich die Tage überstehen. Es muss auch noch eine andere Möglichkeit geben. Ich suchte also weiter, wie andere Betroffene damit umgehen. Ich erfuhr, dass es eigentlich der bessere Weg gewesen wäre, die Wunde noch einmal aufzukratzen, und eine frische Blutung zu provozieren. In der Praxis war es an dem Tag mal wieder sehr chaotisch, sodass ich denke, dass aus Zeitmangel das gar nicht in Erwägung gezogen wurde.

 

Jetzt war ich genervt, weil ich die Aufklärung in der Praxis als zu oberflächlich sah, und suchte weiter nach Tipps im Internet. Da ich es natürlich nicht zum Spülen in die Praxis schaffte, spülte ich eben selber zu Hause die Wunde aus, schlimmer konnte es ja nicht mehr werden. Zusätzlich ging ich in die Apotheke und holte mir ein desinfizierendes Gel, das ich in die Wunde gab, in der Hoffnung, dass dieses die Wunde dann auch verschließt. Das war schon etwas besser, aber Schmerzen hatte ich nach wie vor, und langsam aber sicher strahlten die auch auf den Gesichtsnerv aus. Als weitere Komplikation kann sich in der Folge dieser dann auch entzünden. Ich nahm fleißig B-Vitamine, die bei Nervenentzündungen helfen können, aber es musste unbedingt weiter etwas passieren. In die Praxis wollte und konnte ich einfach nicht gehen, und auch Suppe läuft in eine so große Wunde rein, sodass ich mir dachte, am besten wäre es doch, die Wunde zu verschließen. Im Internet fand ich dann auch Betroffene, bei denen Tamponaden gelegt wurden, um so die Wunde zu schützen, damit diese überhaupt mal die Chance hat, neues Gewebe aufzubauen.
Das war dann auch der Durchbruch. Ich schnitt mir aus sterilem Verbandsmaterial Streifen, besorgte mir Nelkenöl, welches schmerzstillend und desinfizierend wirkt, mischte es mit Schwarzkümmelöl, damit es nicht zu konzentriert ist, und stopfte mir den damit getränkten Tupfer in die Wunde. Endlich konnte ich wieder feste Nahrung zu mir nehmen, ohne dass ständig Speisereste in die Wunde gelangten. Die Schmerzen liesen auch nach. Meine Kollegen hielten mich für total bescheuert, warum ich nicht zum Zahnarzt gehe, aber ich hatte (mal wieder) das Vertrauen verloren, und versuchte es eben selbst. Ich hatte schon so meine Zweifel, aber tatsächlich hat es wunderbar funktioniert, und nach einigen Tagen, an denen ich tagsüber eine Tamponade drin hatte, und bei Nacht diese entfernte, waren die Schmerzen weg, und ich konnte alles offen lassen. Abends habe ich dann vorsichtig eventuelle Reste rausgespült, und die Wunde heilt nun von innen nach außen.
Fazit:  Wenn grad alles gut läuft, die Kinder gesund sind und auch sonst keine Probleme auftreten, dann lässt man sich schnell einen Zahn ziehen, dann hat man wieder etwas Action. Sonst wirds ja langweilig!

Patentierte Mikroreinigung mit Ultraschall

SusanneEdele, am 07.08.2012
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Autor seit 13 Jahren
156 Seiten
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