Veganer lehnen Honig ab - trauriger Widerspruch
Vegane Ernährung ohne Bienen? Undenkbar. Kann man dann einfach Honig ablehnen? Es ist ein trauriger Widerspruch und für Imker unverständlich.Vor kurzem blieb ich beim Frühstück an einem Zeitungsartikel über vegane Ernährung hängen, interessant geschrieben und in vielen Punkten für mich nachvollziehbar. Obwohl ich selbst Fleisch und Milchprodukte verzehre, kann ich die Haltung der Veganer verstehen. Es hat ja auch jeder die Freiheit, selbst zu entscheiden, was er isst. Nur die Ablehnung gegenüber dem Honig provoziert mich dazu, diesen Artikel zu schreiben. Ich oute mich hier als Imkerin und somit als eine, die Bienen tötet, sie ausbeutet und misshandelt, um Honig zu ernten.
Ist Honig nun tierischen oder pflanzlichen Ursprungs?
Wer im Internet nach den Stichworten »Veganer« und »Honig« googelt, findet dort auf verschiedenen Webseiten seltsame Ansichten. Zur Frage, ob ein Veganer Honig essen darf oder nicht, ist sich die Mehrheit einig. Er wird von Bienen produziert und ist ein tierisches Produkt. So etwas gehört nicht auf den veganen Tisch. Aber wird das flüssige Gold nicht aus Nektar produziert? Ist es da nicht pflanzlichen Ursprungs? Beim Lesen einiger Begründungen für die ablehnende Haltung stehen mir die Haare zu Berge. Da wird der Honig abwertend als »Bienenerbrochenes« bezeichnet und darauf hingewiesen, dass Nektar zwar pflanzlich ist, die Bienen daneben aber auch Honigtau sammeln. Das wäre das »schönfärberische« Wort für Läuseexkremente. Na und? Vielleicht klingt es besser, Honigtau als überschüssigen Pflanzensaft zu bezeichnen, den nimmersatte Läuse von Pflanzen aufsaugen, ihn aber nicht schaffen, zu verwerten. Ist dieser Teil des Honigs nun pflanzlichen oder tierischen Ursprungs? Eigentlich soll hier nicht über diese Frage diskutiert werden. Es geht um die traurige Komödie Veganer gegen Honig oder besser Veganer kontra Imker.
Ein Imker tötet Bienen für den Honig?
Was mich wirklich verärgert sind die negativen Äußerungen einiger offensichtlich leidenschaftlichen Verfechter der veganen Lebensweise gegenüber der Arbeit der Imker. Da ist zu lesen: »Imker töten Bienen im Zuge der Honiggewinnung.« Von Ausbeutung und Versklavung ist die Rede. Der böse Imker kümmert sich nicht um seine Bienen, er nimmt ihnen den Honig weg und gibt den armen Wesen dafür billige Zuckerlösung. Alles nur aus Profitgier, wobei er seine Völker teilt wie er lustig ist und manche im Winter sogar sterben lässt. Weiter ist zu lesen, dass es weit von der Realität entfernt wäre, sich »einen Imker als Person mit ein paar Bienenstöcken im Garten hinter dem Haus« vorzustellen. Genau ein solcher Imker bin ich und auch zahlreiche Hobbyimker in Deutschland sind genauso real wie dieses Bild. Es sind kleine Imker mit ein paar Völkern im Garten hinterm Haus. Rund 80 Prozent aller Imker in Deutschland produzieren ihren Honig auf diese Weise und halten zwischen einem bis zwanzig Völker. Nur zwei Prozent sind Berufsimker und nennen mehr als 50 Völker ihr Eigen. Sie alle zittern im Winter um ihre wenigen Völker: nicht des Honigs wegen. Ihre Bienen sind inzwischen gefährdet, das Überleben nie sicher.
Was Imker mit ihren Bienen machen
Ohne die Arbeit des Imkers kann unsere Honigbiene nicht überleben. Das Bild von frei und wild lebenden, glücklichen Bienenvölkern, ist ein unrealistischer Traum. Haben Veganer noch nie etwas vom Bienensterben gehört? Warum kämpfen die hiesigen Zeidler, wie der Berufsstand früher genannt wurde, um ihre Völker? Es reicht lange nicht mehr zum Überleben der Immen, ihnen den Honig zu lassen. Sie würden ohne die Hand der Bienenhalter an Krankheiten sterben, vielleicht auch an Futternot, denn so üppig ist das Nahrungsangebot in unserer Kulturlandschaft nicht. Pestizide, die Imker schon lange verboten hätten, machen den Bienen zusätzlich das Leben schwer. Wie viele Tausend Bienenschwärme gehen jährlich verloren? Wenn diese Schwärme in die Freiheit fliehen und nach Ansicht der Veganer endlich unversklavt leben können, warum tun sie es dann nicht? Weil sie in freier Wildbahn nicht überleben. Was gäbe es für einen Aufschrei, wenn sich die wild lebenden Bienen plötzlich unter den Dächern von Eigenheimen, schmucken Carports, in Lauben und Schuppen oder in der Stadt im Kasten einer Klimaanlage niederlassen? Dort will sie niemand haben, denn Bienen stechen und lösen Angst aus. Diese Haltung ist traurig aber wahr. Die Globalisierung brachte vor Jahrzehnten einen Bienenschädling nach Europa, die Varroa-Milbe. Diesem Parasit ist die Biene ausgesetzt. Wenn der Imker nicht eingreift, sterben seine Völker an der Last der negativen Einflüsse. Sie sterben an der Milbe, an der mit Gift belasteten Umwelt und an Futtermangel. Letzteres klingt unglaublich, nach der Raps- und Lindenblüte fehlen bereits im Sommer in unserer artenarmen Landschaft blühende Pflanzen, die genug Nahrung bieten. Für Bienenweide- Pflanzungen in den Dörfern, Städten und am Feldrain kämpfen die Imker. In Nachbars Garten prangt leider überwiegend englischer Rasen umrahmt von einer Koniferenhecke, eine aus der Sicht von Insekten nutzlose Wüste. Löwenzahn gilt als Unkraut und viele andere Wildkräuter gleichermaßen. Ginge es nach den Zeidlern, dürften sie wachsen. Es ist daher geradezu absurd, dass Veganer sich so negativ über die Imkerei äußern.
Auch wenn erschreckende Bilder über die industrielle Bienenhaltung aus den USA um die Welt gehen, die wenigen Berufsimker in Deutschland haben mit dieser Art nichts gemein. Die Bienen Tausende Kilometer in riesige Monokulturen zu karren, ist tatsächlich Tierquälerei. Wer aber etwas für die Immen tun möchte, darf nicht die Imker allgemein verunglimpfen und deren Honig ablehnen. Das führt zum Gegenteil und beschleunigt das Bienensterben, anstatt es aufzuhalten.
Was wäre ein Veganer ohne Bienen?
Vegane Ernährung ohne Bienen gäbe es nicht. Wir kennen etwa 2.000 bis 3.000 Nutzpflanzen. Rund 80 Prozent von ihnen sind auf das Bestäuben durch Bienen angewiesen. In zahlreichen Versuchen wurde bewiesen, dass eine Obstwiese ohne die Honigbiene deutlich weniger Ertrag bringt als mit. Würden die Imker plötzlich ihre Arbeit einstellen, so sähe es um die Produktion von pflanzlichen Lebensmitteln schlecht aus, denn Wildbienen, Hummeln und andere Insekten allein können die Bestäubungsleistung der Honigbiene nicht ersetzen. Wer dafür plädiert, sich nur von Pflanzlichem zu ernähren, der sollte die Biene in Ehren halten. Einige Verfechter der veganen Lebensweise sind offensichtlich der Meinung, es wäre konsequent, als Veganer Honig abzulehnen. Das Gegenteil ist der Fall. Wer den Honig ablehnt, mißachtet die Arbeit der Imker. Wenn Veganer nicht möchten, dass Bienenvölkern Honig entnommen wird, dann stellt sich eine einfache Frage: Wer soll die Kosten der Bienenhaltung tragen?. Ganz allein der kleine Imker um die Ecke? Das ist eine sehr egoistische Einstellung. Pflanzen für vegane Ernährung: ja bitte, Bienen: ja aber und Honig: nein danke! Jeder Veganer sollte darüber nachdenken. Er muss ja nicht den Honig aus dem Supermarkt kaufen. Über den vom Imker nebenan, sollte er glücklich sein. Solange es diesen gibt, fliegen die Bienen als Garant für seine vegane Ernährung.
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