Kopfhörer beim Radfahren begünstigen Unfälle im Straßenverkehr

Wenn man sich einmal umschaut, kann man jeden Tag auf der Straße Menschen sehen, die mit sehr laut eingestellten Kopfhörern in den Ohren von A nach B radeln. Auch bei Fußgängern kann ein lautstark in den Hörmuscheln plärrender MP3-Player die Aufmerksamkeit einschränken. Doch mit dem Fahrrad ist die eigene Sicherheit und die anderer Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr hierdurch noch mehr in Gefahr, da ein Radfahrer aufgrund seiner Geschwindigkeit bei der Fortbewegung noch schneller reagieren muss.

Kopfhörer mit aktiver Geräuschunterdrückung, wie sie heute gerne verwendet werden, mögen in ruhigen, ungefährlichen Situationen wie etwa einer langen Zugfahrt oder beim Chillen zu Hause eine tolle Sache sein. Im Straßenverkehr, wo man alles Wesentliche mitbekommen soll, ist ihre Benutzung der Verkehrssicherheit wohl alles andere als zuträglich. In diesen Fällen würde ich davon also eher abraten.

Am 1. Februar 2008 überhörte ein 37-jähriger, lautstark MP3-Musik hörender Radfahrer aus Aachen die Sirene eines Notarztwagens. Er wurde von diesem überfahren und starb bei diesem Unfall. In Berlin wurde am 13. Januar 2012 ein 20-jähriger Fußgänger von einer herannahenden Straßenbahn erfasst, weil laute Beats aus seinen Kopfhörern dröhnten und er somit das akustische Signal der Bahn, das ihn hätte warnen sollen, nicht mitbekam. Er überlebte zwar, trug jedoch schwere Verletzungen davon. Diese beiden Fälle sind exemplarisch, aber sie zeigen, welche Gefahren etwaige Ablenkungen der Wahrnehmung im Straßenverkehr bergen können.

Wird ein Radfahrer von der Polizei angehalten, der bedenklich laute Musik aus dem Kopfhörer hört, kann er mit einem Bußgeld von 10 Euro dafür belangt werden – und zwar unabhängig davon, ob ein Verkehrsunfall oder eine akute Unfallgefahr aus der Situation resultierte oder nicht.  

Hörvermögen hilft, Gefahren rechtzeitig zu erkennen

Von dem erhöhten Unfallrisiko abgesehen, wirkt sich das Berieselnlassen mit viel zu lauter Musik langfristig auch schädlich auf das Gehör aus. Zu laut bedeutet: Über 85 Dezibel. In Deutschland hergestellte Kopfhörer überschreiten diese Grenze standardmäßig zwar nicht (bei Kopfhörern aus den USA ist noch mehr Vorsicht geboten, da hier die Lautstärke theoretisch auf bis zu 110 Dezibel aufgedreht werden kann). Dennoch sollte die Lautstärke, wenn man schon nicht ganz auf Musik verzichten will, zumindest nach unten hin an die jeweiligen Umstände angepasst werden. Wichtige Geräusche von außen wie Hupen oder Warnsignale und was sonst noch in Hinblick auf die Verkehrssicherheit bedeutsam sein könnte, sollten noch problemlos wahrgenommen werden können. Am besten, man probiert dies vorher aus und reguliert entsprechend, BEVOR man sich in eine unübersichtliche oder gar gefährliche Verkehrssituation begibt, also zum Beispiel eine Straße überquert.

Um zu verstehen, wie das Hörvermögen durch zu hohe akustische Reize auf Dauer geschädigt werden kann, ist es gut zu wissen, wie Hören überhaupt funktioniert. Die Haarzellen in der mit einer Flüssigkeit gefüllten Gehörschnecke im Innenohr lösen dabei Nervenimpulse aus, wenn sich diese Flüssigkeit durch akustische Signale bewegt. Folglich werden mehr Neurotransmitter ausgeschüttet, welche den Reiz über die Nervenbahnen an das Gehirn weiterleiten. Je mehr akustische Reize in das Innenohr gelangen, desto mehr haben die Haarzellen zu verarbeiten. Diese können aber nur eine bestimmte Menge an Sinnesreizen auf einmal verarbeiten. Wird diese Grenze überschritten, sei es durch die Menge oder durch die Intensität der akustischen Schwingungen, kommt es zu einer zeitweiligen Schwellenverschiebung, von Fachleuten auch Temporary Treshold Shift (TTS) genannt. Einfach ausgedrückt, heißt das: Die Innenohr-Haarzellen schalten ihre Aufnahmeleistung herunter, der betreffende Mensch hört eine Zeitlang schlechter. Wer schon einmal in einer Diskothek war, kennt dieses Phänomen vielleicht.

Setzt man seine Ohren häufiger solchen Belastungsproben aus, kann aus einer TTS eine PTS, eine permanente Schwellenverschiebung (Englisch: Permanent Treshold Shift) werden. Dann hört man dauerhaft schlechter. Mit steigendem Alter wird die Gefahr größer, schwerhörig zu werden, wenn man sich lange Zeit vermehrt Lärm unterschiedlicher Art ausgesetzt hat. Und schließlich: Wer in seinem Hörvermögen beeinträchtigt ist, nimmt wiederum weniger wichtige Informationen über die Ohren auf.

Je mehr das, was in dem Abspielgerät läuft, einen fesselt, desto höher ist obendrein die Wahrscheinlichkeit, dass es von wichtigen Informationen im realen Geschehen dort draußen ablenkt. Auf das spannende Hörbuch sollte aus Gründen der Sicherheit speziell im Straßenverkehr ebenso wie auf eine zu hohe Musiklautstärke in gefährlichen und teils insbesondere bei bestehender Ablenkung schlecht überschaubaren Situationen verzichtet werden. Das gilt natürlich nicht nur für Radfahrer oder Fußgänger, sondern auch und erst Recht für Fahrten mit dem Auto.

Quellen

Artikel: "Wenn Kopfhörer zu einer Gefahr werden", Tobias Hanraths, in: Dürener Zeitung, Nr. 12, 15. Januar 2013, Seite 8.

Wikipedia: "Ohr"

Handy am Steuer – eine ernsthafte Gefahr für die Verkehrssicherheit

Obwohl es seit langem offiziell verboten ist, mit dem Mobiltelefon am Ohr Auto zu fahren, ist die Zahl der Personen, die es dennoch tun und dabei erwischt werden, seit 2005 weiter gestiegen. Offenbar schrecken die Betreffenden weder Punkte in Flensburg noch 40 Euro Bußgeld ab. Dass auch das Telefonieren den Fahrer von dem Vorgehen auf der Straße ablenken kann, wird oft nicht eingesehen. Im Jahr 2011 wurden sage und schreibe 450.000 Autofahrer von den Ordnungshütern angehalten, weil sie mit dem Handy in der Hand hinterm Steuer saßen.

Und seit dem Aufkommen der Smartphones sind diese Vergehen zumindest in anderen Ländern keineswegs weniger geworden. Laut einer Studie gehen in den USA 48 Prozent aller Autofahrer zwischen 18 und 29 Jahren auch während der Fahrt auf ihrem Smartphone ins Internet oder tippen dabei sogar Twittermeldungen und Facebook-Postings ein. Das US-amerikanische Beispiel zeigt deutlich die Folgen auf: 2012 starben dort 3.092 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr, die durch eine Ablenkung des Fahrers mit dem Smartphone verursacht waren.

Doch auch Freisprecheinrichtungen im Auto können zeitweilig ablenken, auch wenn sie rechtlich nicht verboten sind. Eine bereits 2010 durchgeführte Studie der US-Universität in Utah ergab, dass nur 2,5 Prozent der Autofahrer weltweit gehirntechnisch in der Lage sind, gleichzeitig - auch mit Freisprecheinrichtung -  zu telefonieren und komplexe Verkehrssituationen zu bewältigen. Verboten ist in Deutschland jedoch nur das Telefonieren beim Autofahren ohne Freisprecheinrichtung und jegliche Aktivität mit dem Mobiltelefon, bei der angehalten werden muss. Alles, bei dem getippt werden muss, sei es SMS oder auch nur die Auswahl einer Telefonnummer, darf nicht beim Fahren und mit laufendem Motor durchgeführt werden. Das Handyverbot gilt auch an roten Ampeln. Übrigens dürfen auch Radfahrer nicht während der Fahrt mit dem Handy telefonieren.

Passiert bei so einem Verstoß ein Unfall, kann es noch teurer werden, als es ohnehin schon ist. Da es sich hierbei um eine grobe Fahrlässigkeit handelt, muss der betreffende Fahrer den entstandenen Unfallschaden nämlich teils selber bezahlen.

Die_Utopische, am 17.01.2013
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Bildquelle:
GTÜ, Gesellschaft für Technische Überwac (Eine Rettungsgasse korrekt bilden)
Foto: ADAC Stiftung (Sicherheit im Herbst und Winter für Fußgänger und Radfahrer)

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