Vorsicht Orthopädie: Unnötige Operationen aus Kostengründen
Es werden Operationen nicht nach medizinische Notwendigkeit, sondern nach Höhe des erzielbaren Gewinns durchgeführt.Dr. Gradinger hat seinen Kollegen und Klinikverwaltungen den Vorwurf gemacht, aus finanziellen Erwägungen heraus Eingriffe vorzunehmen, die fachlich sinnlos sind. Weiter würden notwendige Therapien nicht durchgeführt, weil sie zu teuer seien. "Behandlungseinrichtungen verkommen zum Marktplatz, wenn wir das so weiter laufen lassen", sagt Dr. Gradinger. So würden beispielsweise bei Patienten mit Rückenschmerzen gewinnbringende, aber wissenschaftlich unbewiesene Behandlungen durchgeführt. Gleichzeitig werde bei Hüftprothesen für ältere Patienten gespart. "Ich schließe nicht aus, dass älteren Patienten aufgrund kommerzieller Überlegungen eine billigere, zementierte Hüfte eingesetzt wird. Das mit entsprechend höheren Risiken".
Seitens der kaufmännischen Leitung sehen sich die Chefärzte der Kliniken unter enormen Druck. Werden die wirtschaftlichen Vorgaben nicht erfüllt, muss oft der Chefarzt gehen. Ärzte werden angehalten Gewinne zu erarbeiten, und sofern ein sehr kostenintensiver Patient in die Klinik kommt, werden Überlegungen angestellt, ihn in ein anderes Krankenhaus zu verlegen. Gradinger zufolge müssen sich die Ärzte auf die Ethik zurückbesinnen. "Das bedeutet, dass nur noch das gemacht werden soll, was medizinisch sinnvoll ist."
Bis vor noch kurzer Zeit wäre eine solche Meinungsäußerung von einem führenden Schulmediziner absolut undenkbar gewesen. Hätte sie dagegen ein halbwegs prominenter medizinischer Außenseiter geäußert, dann hätten alle ärztlichen Koryphäen lauthals protestiert und den schnöden Verdacht des Gewinnstrebens empört und weit von sich gewiesen. Dass der Präsident der deutschen Gesellschaft für Chirurgie sich in dieser Form äußert, er dieses Thema auf dem diesjährigen Chirurgenkongresses in Berlin aufwirft, gleicht einer Bankrotterklärung.
Die Honorarregelung
Da Krankenkassen ständig unter Geldmangel leiden, bedarf es zwischen ihnen und den Ärzten Honorarabsprachen, nach denen die Bezahlung für ärztliche Leistungen bereits seit Jahrzehnten reduziert werden. Nach letztem Stand erhält beispielsweise ein Facharzt der Orthopädie eine Pauschale von 28 € pro Quartal und Patienten, egal wie oft er ihn sieht und behandelt. Von diesem Geld muss er die Praxiskosten, Löhne seiner Angestellten und den Unterhalt für die Behandlungsgeräte bezahlen. In Interviews werden diese Kosten mit monatlich etwa 25.000 € angegeben. Keine übertrieben lukrative Bezahlung, die u.a. nur wegen der hohen Zahl der Patienten das tägliche Brot bringt. Dass dabei individuell angepasste Leistungen nicht erwartet werden können, dürfte unter diesen wirtschaftlichen Bedingungen nachvollziehbar sein. So werden dann eben die Auswirkungen von Nierenleiden auf die untere Wirbelsäule unnötigerweise operiert. Danach muss zwar meist noch der Urologe tätig werden, aber der will von den ihm zugestandenen Pauschalen auch leben. Das Risiko beider Operationen trägt der Patient und die doppelten Kosten die Krankenkasse.
Einkommensdefizite versucht die Ärzteschaft durch die Behandlung von privat Versicherten auszugleichen. Das nach dem Motto, dass ein privat versichertes Knie, immer ein akutes Knie ist, dem möglichst eine Hüft-OP folgen sollte. So gesehen leben Privatpatienten noch viel gefährlicher als die der gesetzlichen Krankenkassen, bei denen u.U. aus Kostengründen auf eine Operation verzichtet wird, statt ihnen eine mehr anzuhängen.
Dennoch, mit den bis jetzt beschriebenen Vorgehensweisen wird das tägliche Brot verdient. Da Brot allein aber zwar satt macht aber langweilig ist, geht es anschließend um die Wurst und es wird kräftig "ge-igelt". Dabei handelt es nicht um ein Winterhilfswerk für Stachelsäuger, sondern " Igel " steht für "Individuelle Gesundheitsleistungen", die von Krankenkassen nicht bezahlt werden, Sie stellen den Brotaufstrich des Doktors sicher. http://www.igel-verzeichnis.de/index.php
"Ich hätte da etwas Ausgezeichnetes für Sie, dass leider noch nicht von der Krankenkasse bezahlt wird", sind typische Formulierungen. Empfohlen werden die verschiedensten Leistungen, wie u.a. auch Akupunkturbehandlungsserien zu Preisen zwischen 50 und 150 € pro Sitzung. Stimmt der Patient diesem Vorschlag zu, bedeutet das "Kaviar aufs Toastbrot" des Doktors, denn 100 Akupunkturnadeln kosten etwa 10 € und etwa 10 werden pro Behandlung benötigt. Bei näherer Betrachtung der zusätzlichen Angebote der Mediziner zeigt sich auch, dass vormals umstrittene und vehement bekämpfte Therapierichtungen der Heilpraktiker nun auch von Ärzten "gegen Bares" angeboten werden.
Kathederbehandlung gegen Bandscheibenvorfälle
Unter diesen Voraussetzungen wird begreiflich, dass wissenschaftlich nicht abgeklärte Behandlungsverfahren von immer mehr Ärzten empfohlen werden. Internet, TV-Sendungen und Illustrierte ("Schnelle Hilfe ohne Skalpell", "Hoffnung für Millionen Patienten") rühren die Werbetrommel. Der Eingriff kostet um die 2000 € und wird nicht von den Krankenkassen honoriert. Empfohlen wird er trotz bekannt gewordener Komplikationen, von Ärzten wahrscheinlich wegen der damit verbundenen Provisionen.
Patientenberich (Zitat Focus-Online): Seinen Penis habe er nach dem Eingriff monatelang nicht gespürt, empört sich Jürgen Hergert. Vor einem Jahr versprach man dem Schmerzgeplagten nach einem Bandscheibenvorfall schnelle und sanfte Hilfe. Ein Medikamentencocktail, der in einem Siegburger Krankenhaus per Katheter in die Nähe des Rückenmarks gespritzt wurde, sollte die Pein beheben. Ergebnis der Behandlung: Die Schmerzen blieben. Hinzu kamen Störungen an Blase und Darm sowie Potenzprobleme. Derzeit hat Hergert kein Gefühl im Gesäß. (Zitat von http://www.focus.de/gesundheit/news/orthopaedie-die-unerforschte-therapie_aid_208120.html)
… und die Krankenkassen?
Da Krankenversicherungen die medizinischen Leistungen honorieren, hätte die von Dr. Gradinger geäußerte Kritik am System längst auffallen müssen. Wahrscheinlich ist das auch der Fall. Krankenkassensachbearbeiter sind jedoch keine Mediziner, sondern Versicherungskaufleute, die ihre medizinische Meinung von den bei ihrer Firma angestellten Vertrauensärzten beziehen.
Vertrauensärzte genießen das Vertrauen der Versicherungen und ihrer Kollegen. Sie sind somit gleichzeitig Lobbyisten der Ärzteschaft und werden deswegen auch in diesem Sinn unter Interessenwahrnehmung beratend tätig sein. Angenommen einem Versicherungssachbearbeiter wäre aufgefallen, dass Hüftendoprothesen neuerdings billig gemacht werden. Da er medizinisch keine kompetente Ahnung haben kann, muss er sich für weitere Infos an den Vertrauensarzt wenden. Der wiederum begründet sich möglicherweise mit der besonderen Stoffwechsellage (Diabetes, Lebenserwartung etc.) dieser Patienten und damit sind die, seine ärztlichen Kollegen möglicherweise belastenden Einwände vom Tisch.
Lösungen
Um es gerade heraus zu sagen, Patentlösungen gibt es zu diesem Dilemma nicht. Es kann m.E. nach nur empfohlen werden ärztliche Zweitmeinungen einzuholen und sich keinesfalls auf Angebot einzulassen, die von gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen werden. Selbst ein Wechsel zur privaten Krankenversicherung sollte, sofern er überhaupt möglich ist, gut überlegt werden, denn hier besteht möglicherweise die Gefahr, das Zuviel Leistungen "verkauft" werden, um andere Verluste auszugleichen.
Weiterführende Literatur
Klaus Radloff "Die chinesische Medizin kennt keine orthopädischen Krankheiten"
Meine Website:
Orthopädie: Die therapeutische Schnapsidee!
und weiteren Themen
Der Link zur Behandlungsmethode für Therapeut/Innen
Energetisch-Statische Behandlung ESB/APM