Kaum ein Filmstoff kommt ohne sie aus. Sie erzeugen Spannung, bringen ein Element in die Handlung, das in der Realität den meisten Menschen unerreichbar ist. Oft führen sie dazu, dass sich doch noch alles zum Guten wendet. Bei manchen Darstellern haben bestimmte Exemplare Kultcharakter erreicht. Gemeint sind Waffen.

Waffe in der Hand und schwach im Kopf

 

Pistole, ca. 1981-1982 (Schwarz und Rot auf Weiß) (Bild: Andy Warhol)

Wer möchte schon Arnold Schwarzenegger die Schrotflinte abnehmen? Welcher Rambo-Film kommt aus, ohne dass Sylvester Stallone stehend in den Dschungel feuert, in jeder Hand ein schweres Maschinengewehr?

Undenkbar, dass Bruce Willis auch nur die erste halbe Stunde eines der Stirb langsam Filme überstanden hätte, ohne an eine Pistole gekommen zu sein! Mit der und einem scheinbar unendlichem Magazin erlegt er dann mehr Übeltäter, als es einem Maschinengewehrschützen beim Sturmabwehrschießen möglich wäre.

 

Im Film verfügen sowohl Bösewichte als auch Helden über Waffen. Der Held aber setzt seine Mittel besser, überlegener, schlauer ein. Für den Bösen ist die Waffe ein Werkzeug, für den Helden aber ist es ein Instrument, mit dem er seine Kunst vollbringt.

 

Die Waffe verleiht dem Helden Stärke, seine Tugenden, sein Wille, sein starker Charakter finden in der Waffe ein Mittel, um sich besser durchzusetzen und die Mission zum Erfolg zu führen.

 

Wer sich den Filmhelden als Vorbild nimmt, für den ist es erstrebenswert, selbst eine Waffe zu haben. Die Waffe macht stark. Sie ist die Ultimo ratio. Wenn nichts mehr geht, wenn schon alles verloren scheint, dann geht mit der Waffe doch noch etwas, das Blatt kann sich noch zum Guten wenden.

My new Walther PPK (Bild: ArtBrom / Flickr)

Es scheint so simpel. Genau darin liegt das trügerische. Fiktion und Wirklichkeit könnten kaum weiter auseinander klaffen als in der Annahme, dass eine Waffe Stärke und Macht verleiht.

 

Nach außen hin mag es vorerst so scheinen. Mit einer Waffe in der Hand kann ein Fremder Macht über uns erlangen und uns Dinge tun lassen, die wir sonst niemals tun würden. Aber eben das ist kein Zeichen von Stärke, sondern von absoluter Schwäche und Machtlosigkeit.

 

Wer eine Waffe braucht, um seine Ziele zu erreichen, der hat sozial versagt.

 

Ein Mensch, der nur mit einer Waffe an seine Ziele kommt, der hat zu wenig Charisma, um andere für sich einzunehmen. Ihm fehlt der Mut, seine Meinung ohne Druckmittel zu vertreten. Ihm fehlt es an Verhandlungsgeschick, um Win-Win-Situationen für sich und seine Handelspartner auszuhandeln. Ihm fehlt es an Führungsstärke, um eine Schar von Mitstreitern für die Erreichung seiner Ziele zu gewinnen.

Die Waffe zur Verteidigung

Eine Waffe ist das deutlichste Zeichen von Schwäche. Der Waffenträger ist zu schwach, um sich anders zu schützen oder durchzusetzen. Seine Argumente reichen nicht aus, um seine Gegner zu überzeugen. Was er an Reichtümern besitzt, ist seinem Feind mehr wert, als das, wofür die Person einsteht. Mehr wert als das, was sie an wertvollen Taten für die Gesellschaft noch leisten könnte.

Die Waffe als Tatwerkzeug

Wer seine Waffe zur Schau stellt, der setzt ein deutliches Zeichen gegen die Gesellschaft. Er ist bereit, sich mit Waffengewalt zu nehmen, was sein persönlicher sozialer Status nicht erlaubt. Ein bewaffneter Räuber bricht das Tabu, sich Dinge zu erlauben und sich zu nehmen, was ihm normalerweise verwehrt ist. Die Waffe ist sein Hebel gegen die bestehenden sozialen Verhältnisse. Er macht sich damit jeden zum Feind, der die bestehenden sozialen Verhältnisse akzeptiert oder gar von diesen profitiert.

Waffen setzen Zeichen

Bei der Bundeswehr gibt es verschiedene Eskalationsstufen und jede schreibt vor, ob und auf welche Weisen Waffen getragen werden. Ähnliches gilt für Polizeieinheiten, die beispielsweise bei akuten Terrorbedrohungen Bahnhöfe und Flughäfen bewachen. Offen getragene Maschinenpistolen sollen Sicherheit ausstrahlen. Noch viel deutlicher, aber unbeabsichtigt, zeigt diese Zurschaustellung die Ohnmacht der Waffenträger. Sie können sich nicht anders schützen, als auf jedwede Bedrohung ihre Waffe zu richten. Die Waffe ist Zeichen der eigenen Angreifbarkeit.

 

In Kriegssituationen markiert die Waffe Freund Feind. Mit Menschen kann man sprechen, verhandeln, Meinungen austauschen. Eine Waffe im Anschlag symbolisiert den Abbruch aller Verhandlungen. Eine Waffe ist Symbol der Machtlosigkeit, andere zu überzeugen. Mit der Waffe kann man andere kurzfristig dazu bringen, im eigenen Sinne zu handeln. Meinungen allerdings kann man damit nur auf die Art und Weise beeinflussen, dass die Abneigung gegenüber dem Bewaffneten noch größer wird.

 

Jugendliche werden zunehmend von Film und Fernsehen beeinflusst. Es gehört eine gewisse Portion menschenfreundlicher Optimismus dazu, zu hoffen, dass Jugendliche erkennen, dass der mit der Waffe in Wahrheit der Schwache ist. Nicht nur der körperlich Starke hat das nicht nötig. Es sind vor allem diejenigen mit einem starken Willen, die gelernt haben, auf Waffen und Gewalt zu verzichten. Weil sie auch ohne solche Hilfsmittel ihre Ziele erreichen.

 

Einen Menschen, der von einer Waffe verletzt oder getötet wurde, macht es nicht glücklich zu Wissen, dass der Täter der psychisch schwächere ist. Moralische Überlegenheit mach niemanden wieder gesund oder lebendig. Gerade deshalb ist es umso wichtiger, sozial Schwachen Hilfs- und Druckmittel an die Hand zu geben, damit auch sie auf das größte Zeichen menschlicher Schwäche verzichten können: Auf den Einsatz von Waffengewalt. Vor allem mit Bildung müssen sozial Schwache so weit gestärkt werden, dass auch Ihnen Waffen keine Hilfe mehr sein können.

 

Hinter dieser Foorderung steckt nicht bloß die blauäugige Menschenfreundlichkeit eines Weltverbesserers. Hinter dieser Forderung steht die Erkenntnis, dass die Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen stark zugenommen hat und nur geringfügig abnimmt, wenn sie das Erwachsenenalter erreichen. Jeder, der eine Waffe haben möchte, wird sich diese beschaffen können. Wir sitzen auf einem Pulverfass. Bürgerkriegsähnliche Zustände sind selbst in Deutschland nicht auszuschließen.

 

Die Besitzenden sollten einsehen: Wenn wir nicht geben, dann wird uns genommen. Und zwar mit Waffengewalt.

Autor seit 14 Jahren
37 Seiten
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