Die physikalische Basis von Quantencomputern

Quantencomputer arbeiten auf der Basis bestimmter quantenmechanischer Phänomene, die als Superpositionsprinzip, Verschränkung, Komplementaritätsprinzip, Unschärferelation und Welle-Teilchen-Dualismus bezeichnet werden. So versteht man unter dem Superpositionsprinzip bzw. der quantenmechanischen Kohärenz die wellenartige Überlagerung von Zuständen, so dass sich ein Teilchen in allen möglichen Zuständen befindet, bis eine Messung erfolgt. Und hier kommt auch die Verschränkung ins Spiel, also das Phänomen, dass zwei verschränkte Teilchen Informationen über ihre Eigenschaften instantan (d.h. ohne Zeitverzögerung) austauschen können, auch wenn sie weit voneinander entfernt sind, was zur Folge hat, dass die Messung eines Teilchens das andere unmittelbar beeinflusst.

Das Komplementaritätsprinzip besagt, dass zwei methodisch verschiedene Beobachtungen (Beschreibungen) eines Vorgangs einander ausschließen, aber dennoch zusammengehören und einander ergänzen. So ist beispielsweise eine gleichzeitige Bestimmung des Wellen- und Teilchencharakters eines Quantenobjekts nicht möglich, sondern je nach Versuchsanordnung tritt die eine oder die andere Eigenschaft hervor. Ein Quantenobjekt kann also nur entweder als Welle oder als Teilchen beobachtet werden. Daraus folgt wiederum – und das versteht man unter Unschärferelation – dass einem Quantenobjekt nie gleichzeitig ein Ort und ein Impuls mit gleicher Genauigkeit zugeordnet werden kann. Jede Steigerung der Genauigkeit bei der Ortsbestimmung eines Quantenobjekts geht zu Lasten der Genauigkeit der Impulsbestimmung und umgekehrt.

Die Funktionsweise von Quantencomputern

Entsprechend ihrer physikalischen Basis funktionieren Quantencomputer ganz anders als herkömmliche Computer. So arbeiten herkömmliche Computer mit sogenannten Bits. Und ein Bit kann nur zwei Zustände annehmen, nämlich entweder eine 1 oder eine 0. Quantencomputer arbeiten demgegenüber mit sogenannten Quanten-Bits, abgekürzt: Qubits. Quanten sind – wie ich hier zur Verdeutlichung hinzufügen möchte – Energiepakete verschiedener Art auf atomarer und subatomarer Ebene wie beispielsweise Photonen, also Lichtteilchen. Ein gängiger Weg, um Qubits zu erzeugen, besteht darin, elektrisch geladene Atome, also Ionen, in magnetische und elektrische Felder "einzusperren", wo sie mit Mikrowellenstrahlung in verschiedene Zustände gebracht und auch wieder ausgelesen werden können. Jedes einzelne Ion in dieser "Falle" ist ein Qubit. Eine andere Form von Qubits sind Schaltkreise aus supraleitenden Metallen.

Ein Qubit kann ebenso wie ein Bit entweder im Zustand 1 oder 0 sein. Im Unterschied zum Bit kann aber ein Qubit – und hier kommt das Prinzip der Superposition bzw. Überlagerung von Zuständen zum Tragen - auch gleichzeitig im Zustand 1 und 0 sein oder sich auch in theoretisch unendlich vielen Zuständen dazwischen befinden, und das ebenfalls gleichzeitig. Doch selbst wenn man von nur zwei verschiedenen Zuständen ausgeht, die ein Qubit gleichzeitig einnehmen kann, dann verdoppelt jedes dazu kommende Qubit die Anzahl der gleichzeitig darstellbaren Zustände. Und dieser Vorteil wächst exponentiell: Drei Qubits können schon 8 Zustände gleichzeitig einnehmen, 300 Qubits sogar 2 hoch 300. Damit können 300 Qubits mehr Werte speichern, als das bekannte Universum Teilchen enthält.

Die Qubits in einem Quantencomputer können außerdem dem - oben beschriebenen - Prinzip der Quantenverschränkung folgen, so dass, wenn ein Qubit in einen bestimmten Zustand gebracht wird, sich in diesem Moment auch der Zustand der anderen mit ihm quantenverschränkten Qubits ändert. Und zwar geschieht dies ja ohne Zeitverzögerung, also mit Überlichtgeschwindigkeit. Folglich können auch die Rechenoperationen im Quantencomputer mit Überlichtgeschwindigkeit erfolgen, und es können viele Rechenoperationen gleichzeitig ausgeführt werden. Man könnte auch sagen: Die miteinander verschränkten Qubits tauschen ohne Zeitverzögerung Informationen aus, und zwar alle gleichzeitig und nicht nacheinander wie der Prozessor eines herkömmlichen Computers, der einen Befehl nach dem anderen abarbeitet. Für die gleiche Berechnung braucht deshalb ein Quantencomputer wesentlich weniger Qubits als herkömmliche Computer Bits.

Die besonderen Probleme des Quantencomputers

Aufgrund der beschriebenen Eigentümlichkeiten ist ein Quantencomputer wesentlich leistungsfähiger als ein herkömmlicher Computer - jedenfalls in der Theorie. Denn, um einen wirklich praxistauglichen Computer bauen zu können, müssen noch einige Probleme gelöst werden.

So werden verschiedene Varianten von Quantenchips, auf denen die Qubits aufgebracht sind, getestet, um die leistungsfähigsten zu finden, und hier stellt sich das Problem, dass die bisherigen Arten von Quantenchips erst bei einer extrem niedrigen Temperatur adäquat funktionieren. Das heißt: Die Quantenchips müssen fast bis auf den absoluten Nullpunkt, also fast bis auf -273 Grad Celsius abgekühlt werden. Es wird daher mit Quantenchips experimentiert, die bei Raumtemperatur funktionieren.

Ein anderes großes Problem ist die massive Störanfälligkeit der Qubits. Das heißt: Selbst, wenn es gelingt, sie gegenüber allen möglichen äußeren Einflüssen abzuschirmen, bleiben sie immer nur Bruchteile von Sekunden stabil. Dann verlieren sie ihre Doppelexistenz und werden zu einfachen Bits. Die Berechnungen müssen folglich in diesem kurzen Zeitraum abgeschlossen sein. Entscheidend ist also nicht nur die Quantität der Qubits, sondern vor allem deren Qualität, d.h., die Verschränkungen der Qubits und die Kohärenzzeit, die das Quantensystem stabil bleibt, um zu rechnen, also die Zeit, in der die Quantenbits ihre Überlagerungsfähigkeit behalten. Wenn mit anderen Worten Qubits gestört werden und dadurch Dekohärenz entsteht, verlieren sie ihre Wellennatur und somit ihr Potenzial für Berechnungen nach Quantenart. Genau genommen werden also Qubits durch einen "Kollaps der Wellenfunktion" zu schnöden Bits. Hinzukommt, dass aufgrund der Unschärferelation der Zustand von Qubits nie vollständig ausgelesen werden kann.

Um wirklich leistungsfähige Quantencomputer zu bauen, müssen die Forscher deshalb die Anzahl der Qubits, die zusammen arbeiten, noch weiter erhöhen und gleichzeitig deren Fehleranfälligkeit reduzieren. Es ist auch denkbar, dass bei einem großen Quantencomputer die meisten Qubits dazu dienen, die laufend entstehenden Fehler auszubügeln. Aufgrund dieser Eigentümlichkeiten arbeiten Quantenalgorithmen generell probabilistisch, d. h. ein Rechenvorgang liefert nur mit einer gewissen (möglichst hohen) Wahrscheinlichkeit das gewünschte Ergebnis. Die Kunst des Programmierens besteht daher bei einem Quantencomputer darin, die vielen Qubits mit ihren Wechselwirkungen so anzustoßen, dass am Ende kein zufälliges, sondern ein sinnvolles Ergebnis ausgelesen wird.

Die Zukunft der Quantentechnologie

Das Bestreben, quantenmechanische Wechselwirkungen gezielt auszunutzen, unterscheidet die Entwicklung des Quantencomputers, aber auch anderer Quantentechnologien, von der früheren Anwendung der Quantenphysik in der Mikroelektronik, die die Entwicklung des herkömmlichen Computers, des Smartphones und anderer Elektrogeräte ermöglichte.

Ein wichtiges Beispiel für Quantentechnologien, die der Entwicklung des Quantencomputers den Weg bereitet haben, ist die Quantenkryptographie, also die Verschlüsselung von gesendeten Nachrichten durch Quantenverfahren. Diese Quantenverschlüsselung ist sehr sicher, weil ja die Messung das gemessene Objekt verändert, so dass ein Lauschangriff nicht unbemerkt vonstattengeht und weil Quantenzustände nicht kopiert werden können. Wenn allerdings ein Quantencomputer in Aktion tritt, ist es mit dieser Sicherheit vorbei, denn dieser könnte fast alle heute im Einsatz befindlichen Codes im Nu knacken. Davon betroffen wären vor allem die Verschlüsselungsalgorithmen, die die sichere Kommunikation im Internet garantieren. Deshalb wird mittlerweile fieberhaft daran gearbeitet, diese quantensicher zu machen.

Als Zwischenschritt auf dem Weg hin zur Entwicklung von universell einsetzbaren Quantencomputern kann man den Bau von Misch-Computern werten, also die Kombination herkömmlicher Computer mit kleinen Prototypen von Quantencomputern. Dabei hat sich bereits gezeigt, dass auch die Kommunikation zwischen einem herkömmlichen und einem Quantencomputer funktioniert: Die beiden Typen von Computern können sich offensichtlich problemlos "miteinander unterhalten".

Und die Entwicklung auf dem Gebiet der Quanteninformatik schreitet offensichtlich unaufhaltsam voran, denn im Herbst vorigen Jahres hat "Google" den Prototypen eines großen Quantencomputers vorgestellt, der in drei Minuten eine Aufgabe gelöst haben soll, für die klassische Supercomputer 10.000 Jahre bräuchten, und zwar mit der Kapazität von 53 Schaltkreisen aus supraleitenden Metallen auf einem Chip. Dabei muss man sich vor Augen halten, dass Supercomputer herkömmlicher Bauart Billiarden von Rechenoperationen pro Sekunde durchführen können. Ein Quantencomputer kann folglich, indem er diese Rechenleistung noch weit übertrifft, Rechenoperationen in einer Größenordnung und in einer Schnelligkeit durchführen, dass einem schwindlig wird.

Entsprechend sollen Quantencomputer in Bereichen eingesetzt werden, wo man es mit einer bisher nicht zu bewältigenden Datenflut oder hochkomplexen digitalen Prozessen zu tun hat. Beispiele dafür wären wirklich genaue langfristige Wettervorhersagen oder die Perfektionierung künstlicher Intelligenz. Es gibt sogar die Hoffnung, mit Quantencomputern sämtliche Prozesse simulieren zu können, die in der Natur vorkommen, also auch die Entstehung des Universums und die des Lebens. Solche Quantencomputer müssten schätzungsweise über einen Prozessor mit einer Million Qubits verfügen. Ein weiteres Zukunftsprojekt ist die Nutzung der Quantenprozesse für ein Quanteninternet. Dieses könnte eine abhörsichere Datenübertragung via Quantenkommunikationssatelliten gewährleisten. Hier spielt China eine Vorreiterrolle.

Fazit

Ich habe versucht zu zeigen, dass ein Quantencomputer, indem er mit wellenartigen Überlagerungen vieler verschiedener Zustände von Qubits arbeitet, eine gewaltige Rechenleistung erbringen kann. Wenn es folglich den Experten gelingt, wirklich verlässlich funktionierende und universell einsetzbare große Quantencomputer zu bauen, würden wir über eine Technologie verfügen, die uns bei Problemen helfen könnte, bei deren Lösung eine riesige Menge an Alternativen geprüft werden muss, wie es beispielsweise bei der Bewältigung des Klimawandels der Fall ist.

Alle Bilder: pixabay.com

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